Datenschützer kritisiert Abkommen zur Cyberkriminalität

Die Vereinheitlichung der Rechtssysteme darf nicht einseitig der Polizei und Justiz mehr Überwachungsmöglichkeiten einräumen.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Helmut Bäumler versucht mit einer Stellungnahme, die rechtsstaatlichen Grundsätze bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität zurechtzurücken. Bäumler begrüßt die Initiative der EU-Kommission, Überlegungen zur Computerkriminalität im Zusammenhang mit der "Sicherheit der Informationsgesellschaft" anzustellen (siehe Brüssel an Strafverfolger: Es gibt ein Recht auf Privatsphäre). So fordert Bäumler, dass starke Verschlüsselungsverfahren und andere Sicherheitssoftware für die Bürger frei verfügbar sein sollen. Dabei müssten die Europäische Union und die nationalen Regierungen die Forschungen und Entwicklungen in dem Bereich finanziell fördern. Unterstützt vom Bundeswirtschaftsministerium entwickelt das schleswig-holsteinische Landesdatenschutzzentrum gemeinsam mit der Universität Dresden einen Anonymisierungsdienst für die Internet-Kommunikation.

Noch immer berät der Europarat ein Abkommen zur Cyberkriminalität. Die letzte Entwurfsfassung stammt vom Dezember 2000 und ist bereits die 25. Version (siehe Nur kosmetische Korrekturen beim Cybercrime-Abkommen). Bäumler kritisiert, dass der Entwurf ausgearbeitet wurde, "ohne die in diesem rechtspolitisch sensiblen Bereich erforderliche Transparenz und Beteiligung demokratisch legitimierter Entscheidungsträger sicherzustellen". Er fordert die EU-Kommission auf, eine koordinierende Rolle für die parlamentraische Diskussion des Entwurfs in den Mitgliedsstaaten zu übernehmen. Nur so könnten die Ergebnisse des Diskussionsprozesses innerhalb der Europäischen Union berücksichtigt werden.

Bäumler kritisiert unter anderem das geplante Verbot von Hacker-Tools, das die Strafnormen des Abkommens vorsehen. Nutzer müssten auch künftig ihre Computersysteme durch Simulation auf Anfälligkeiten gegenüber Fremdangriffe hin erproben können. Die Europarat-Konvention sieht zudem weitreichende Grundrechtseingriffe vor, so zum Beispiel bei der Überwachung der Inhalte von individueller Kommunikation. Bäumler mahnt, dass eine Annäherung staatlicher Rechtssysteme nicht einseitig der Polizei und Justiz mehr Überwachungsmöglichkeiten einräumen dürfe.

Schließlich äußert Bäumler "gravierende Bedenken" gegen den Vorschlag der Kommission, die Zuständigkeit Europols auf die Cyberkriminalität auszudehnen. Die Kompetenzen von Europol würden dadurch in kaum abgrenzbarer Weise ausgeweitet. Schon jetzt ist Europol für Computerdelikte zuständig, wenn sie mit grenzüberschreitender organisierter Kriminalität zu tun haben.

Mehr in Telepolis: Datenschutz und Grundrechte müssen bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität gewahrt werden. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (fr)