Unternehmerinnen erfanden männlichen Mitgründer als Sexismus-Schutz

Nach schlechten Erfahrungen machten zwei Gründerinnen ein Experiment: Sie erfanden sich einen männlichen Mitgründer und schickten fortan in seinem Namen Mails an Außenstehende. Das Ergebnis: schnellere und höflichere Antworten.

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Gründerinnen erfanden sich männlichen Mitgründer als Sexismus-Schutz

Kate Dwyer (links), Penelope Gazin (rechts) und Keith Mann (links und rechts) von Witchsy.

(Bild: Witchsy)

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In der US-Tech-Branche wurden zuletzt immer häufiger Sexismus-Vorwürfe laut. Kate Dwyer und Penelope Gazin, die Gründerinnen des Online-Marktplatzes Witchsy, überlegten sich nach schlechten Erfahrung eine kreative Strategie im Umgang mit dieser Männerwelt: Sie erfanden einen fiktiven männlichen Mitgründer, der ihnen insbesondere die Kommunikation mit männlichen Entwicklern und Grafikdesignern erleichterte, wie das Online-Magazin Fast Company berichtet. Mails von dieser Sockenpuppe namens "Keith Mann" wurden ihren Erfahrungen nach deutlich schneller und auch höflicher beantwortet.

"Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht“, erzählt Kate Dwyer. Während unter ihrem Namen verfasste Mails Tage gebraucht hätte, um überhaupt eine Antwort zu bekommen, habe Keith Mann zügige Antworten mit Status-Updates und weiterführenden Hilfsangeboten erhalten. Unter ihrem Namen hätten die beiden Frauen oftmals Antworten mit mehr oder minder subtil gezeigter Herablassung erhalten – bis hin zum plumpen „Ok, Mädels“. Praktisch immer sei die Außenkommunikation in Männer-Maske leichter gewesen. Inzwischen haben die beiden ihren Keith in den Ruhestand geschickt, schreibt Fast Company.

Gerade im Umfeld von Silicon-Valley-Unternehmen häuften sich in jüngster Zeit Vorwürfe, dass dort eine frauenfeindliche "Bro“-Kultur herrsche. Mitarbeiterinnen würden oftmals bei Beförderungen übergangen, zudem komme es immer wieder zu Belästigungen. Das türmte sich schließlich zu handfesten Skandalen auf: Der Uber-Chef Travis Kalanick musste etwa wegen solcher Kritik seinen Hut nehmen.

Für großes Aufsehen sorgte erst kürzlich der Fall eines langjährigen Google-Mitarbeiters, der in einem Text Kritik an der im Unternehmen vorherrschenden Diversitätskultur übte und deshalb mit Sexismus-Vorwürfen gekündigt wurde. Der Programmierer hatte unter anderem argumentiert, dass es verhältnismäßig wenig Frauen bei Google gebe, liege möglicherweise nicht ausschließlich an Diskriminierung und Sexismus, sondern auch an unterschiedlichen Eigenschaften und Vorlieben der Geschlechter. Eigenen Angaben nach wollte er vor allem Verbesserungsvorschläge machen, die auch Männer besser in Diversitätsfragen berücksichtigten, und eine Debatte anstoßen.

Das Arbeitsministerium prüft bereits seit einigen Monaten Vorwürfen gegen Google, dass es dort zu sexistischen Diskriminierungen gekommen sei. Gut möglich, dass dies den Konzern zu hartem Durchgreifen in der Sache bewog. Ein Indiz für ein aufgeheiztes Klima in der Sache ist es allemal. (axk)