Zahlen, bitte! 2623 Emojis für weltweite Bildsprache

Vor 35 Jahren erfand Scott E. Fahlman die Emoticons :-) und :-( , um online lustige und ernste Inhalte zu kennzeichnen. Was mit drei ASCII-Zeichen begann, entwickelte sich zu einem weltumspannenden Kommunikationsphänomen mit derzeit 2623 Emojis.

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Zahlen, bitte! 2623  ....
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Inhaltsverzeichnis

Anfang der 1980er vernetzten sich in den nordamerikanischen Universitäten die ersten Mailboxen (Bulletin Boards), in denen fleißig diskutiert wurde. Im Zuge dieser Entwicklung zeigten sich die Probleme in der unmittelbaren schriftlichen Kommunikation, weil diese anders als im persönlichen Gespräch keinerlei Interpretationshilfen wie Mimik oder Betonung überträgt. Daher konnte eine witzig gemeinte Bemerkung einen Streit auslösen, wenn der Empfänger die eigentliche Intention nicht verstand.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Scott Elliott Fahlman, zu der Zeit Wissenschaftler an der Carnegie Mellon Universität, wollte dieses Problem durch Kennzeichnung der Bemerkungen lösen, da grade der wissenschaftliche Humor sich damals (und heute ;-) nicht jedem Leser erschloss. Am 19. September 1982 schlug er in einem Diskussionsboard vor:

19-Sep-82 11:44 Scott E Fahlman :-)
From: Scott E Fahlman <Fahlman at Cmu-20c>
I propose that the following character sequence for joke markers:
:-)
Read it sideways. Actually, it is probably more economical to mark things that are NOT jokes, given current trends. For this, use
:-(

Die ersten beiden "Emoticons" – ein Kofferwort aus "Emotion“ und "Icon“ – waren geboren. Die Idee einen Text sinnentsprechend zu kennzeichnen, fand großen Anklang an den amerikanischen Universitäten und mit der Zeit entwickelten sich dort und in den späteren weltweiten Netzwerken schnell weitere "Smileys“ verschiedener Art, auch mit ganz anderer Struktur z. B. die japanischen Kaomojis wie ٩(◕‿◕。)۶ oder (❤ω❤), die sich seit Anfang der 2000er durch den Manga-Boom zum Teil auch im westlichen Raum verbreiteten. Übrigens enthält auch der auf den ersten Blick wie ASCII-Art aussehende "Shruggie" ¯\_(ツ)_/¯ ein japanisches Schritzeichen.

Die typische Smiley-Sammlung eines PhpBB-Forums

(Bild: German-Amiga-Community.de )

Gleichzeitig entwickelte sich mit den schneller werdenden Internet-Aschlüssen und der Verbreitung von Webforen und Instant-Messengern die Möglichkeit Emotionen nicht nur als Zeichenkombination, sondern auch als kleine Grafiken darzustellen. Das hatte zur Folge, dass insbesondere in Webforen oftmals eine große Anzahl an verschiedensten Smileys zu finden waren (zum Teil als speicherfressende GIF-Animation) und dadurch alleine der Versuch, die Smiley-Auswahl zu laden, mit zeitgenössischen Standard-Bandbreiten elendig lange dauern konnte.

1999 entwarf Shigetaka Kurita in Diensten des japanischen Mobilfunkanbieters NTT DoCoMo 176 einfache und damit traffic-sparende Piktogramme für den Handy-Datendienst i-Mode, die sich hierbei sich nicht nur auf Emotionen beschränkten, sondern auch Alltagsgegenstände, Tiere und weitere Symbole einbezogen. Die damals nur einfarbigen und in ausschließlich 12 × 12 Pixel großen Emoji – japanisch für "Bildschriftzeichen“ – fielen aufgrund ihre kleinen Größe und Einfachheit nicht unter das Urheberrecht, sodass auch andere Anbieter dieses System für ihre Mobiltelefone übernehmen konnten, was der Verbreitung zugute kam.

Mitte der 2000er wurden die Emojis farbig und detailreicher. Der entscheidende Schritt zur Standardisierung gelang 2010, als über 1000 Emojis in den Zeichenstandard Unicode 6.0 aufgenommen wurde. Damit ließen sich die Emojis einigermaßen kompatibel zueinander auf verschiedenen Betriebssystemen, Email-Clients und Messenger-Typen darstellen.

Evolution of Emoticons (19 Bilder)

Die Entwicklung der Emoticons

Vor allem der Smartphone-Boom sorgte für eine rasante Weiterentwicklung, insbesondere durch Instant Messenger wie WhatsApp und soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Aus einer Idee, die Bedeutung von Texten zu visualisieren, ist längst ein soziokulturelles Phänomen geworden. Emojis sind aus der modernen Netzkommunikation nicht mehr wegzudenken.

Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, wurden die Emojis vielfältiger und diverser: Mittlerweile sind Frauen auch als Emojis gleichberechtigt, man kann die Hautfarbe seiner Emojis anpassen und auch die Familienabbildungen sind nun vielfältig und nicht mehr auf die hetereosexuelle Lebenweise beschränkt. Die umfassende Vielfalt sorgt damit für eine Masse an Emojis: Unicode enthält aktuell 2623 Emojis – einer davon kotzt. Tendenz: Rasant steigend.

Aufgrund der massenhaften Verwendung wurde das tränenlachende Emoji 2015 zum Wort des Jahres des Oxford-Dictionarys gewählt. Es ist auch aktuell bei Facebook das beliebteste Emoji. Laut Facebook versenden die Nutzer im hauseigenen Messenger pro Tag mehr als fünf Milliarden Emojis; auf Facebook selbst sind es 60 Millionen.

Solch ein globales Phänomen rief natürlich auch die Vermarkter auf den Plan: So gibt es neben Emoji-Taschen, Emoji-Keksen natürlich auch Emoji-Spiele und vor kurzem hat sogar "Emoji – Der Film" die Synapsen eines Kollegen gequält. Apple hat angekündigt, dass sein Smartphone-Flaggschiff iPhone X als State of the Art nun auch "Animojis" dreidimensional übers Gesicht legen und in Echtzeit animieren kann, was sie in ihrer Präsentation mit dem beliebten Kackhaufen-Smiley auch sehr plastisch darstellten.

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Diese 176 Emojis haben es sogar ins Museum of Modern Art geschafft.

Scott E. Fahlman und Shigetaka Kurita sind durch ihre Entwicklungen nicht reich geworden. Aber sie sind glücklich darüber, dass sie Väter einer globalen Entwicklung wurden, die so bedeutend ist, dass die ersten 176 Emojis es sogar ins Museum of Modern Art in New York geschafft haben. Und die Entwicklung wird weiter gehen.

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(vza)