Veganes Leder

Leder aus genveränderten Hefen soll die ethischen und ökologischen Probleme des Naturprodukts lösen – das verspricht das amerikanische Start-up Modern Meadow. Prototypen existieren bereits, nun soll es reif für den Massenmarkt werden.

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Von
  • Thomas Reintjes

Dieser Artikel-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab 9.11.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Das gute Stück hängt effektvoll inszeniert an der Wand, unter den wachsamen Augen von Wärtern – so wie es sich im MoMa gehört, dem Museum of Modern Art in New York, einem der weltweit bedeutendsten Kunsttempel. Aber was die Besucher noch bis zum 28. Januar sehen, ist keine Skulptur und kein Gemälde. Sondern ein T-Shirt. Dafür sieht es tatsächlich aus wie moderne Kunst: gemustert wie das Fell einer Giraffe, aber in Schwarz-Weiß. Die weißen Flächen sind individuelle Stoffstücke, manche aus normalem T-Shirt-Stoff, andere erinnern eher an ein Netzhemd. Das Interessante sind aber die breiten schwarzen Bahnen dazwischen, die alles zusammenhalten. Sie bestehen aus einem Leder, das aber von keinem Tier stammt. Sondern aus dem Labor. Es wäre das erste Leder weltweit, das selbst Veganer tragen könnten, wäre es nicht auf Wunsch der Kuratorin exklusiv für das Museum angefertigt worden und würden Wärter es nicht im Auge behalten.

In der Ausstellung „Items: Is Fashion Modern?“ ist dieses Ledermaterial zum ersten Mal zu sehen. Es stammt aus einem Labor, das nur zehn Meilen Luftlinie von dem Museum in Manhattan entfernt steht. Auf der anderen Seite des Hudson River, in New Jersey, hat das Biotech-Start-up Modern Meadow gerade neue Räume bezogen – auf einem Campus, auf dem zuvor 80 Jahre lang der Schweizer Pharmakonzern Roche einen Sitz hatte.

Modern Meadow, der Name legt es nahe, ist angetreten, um eine Alternative zur Viehhaltung zu bieten. Co-Gründer und CEO Andras Forgacs hatte zuvor die Firma Organovo mitgegründet, die menschliches Gewebe im Labor züchtet. Daran lassen sich beispielsweise neue Medikamente testen. Mit Modern Meadow wollte er diese Technik weiterentwickeln, um Muskelfleisch aus dem Labor anzubieten – als umweltfreundliches Alternativfleisch. Auch der Plan, Häute als Lederersatz im Labor wachsen zu lassen, kam auf. Aber beide Ideen musste Modern Meadow verwerfen: „Das Züchten von Gewebe eignet sich nicht für kommerzielle Anwendungen“, erklärt die Sprecherin des Unternehmens, Natalia Krasnodebska. „Es skaliert nicht.“

Was hingegen wunderbar skaliert, ist Hefe. Also schwenkte Modern Meadow um. Statt aufwendig Zellen zu züchten, setzt es nun auf die einfache und gut verstandene Technik der Fermentation. Vom Brotbacken über das Bierbrauen bis hin zur Herstellung von Medikamenten werden Hefen in industriellem Maßstab eingesetzt. Die grundlegenden Verfahren sind bekannt, die Maschinen verfügbar – das macht den Einstieg leicht.

(inwu)