Die Hürden der elektronischen Patientenakte

Bis 2021 soll die elektronische Patientenakte in Deutschland verfügbar sein. Das dänische Gesundheitsportal sundhed.dk zeigt, wie es funktionieren kann.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Einen Notfalldatensatz, den Medikationsplan, Arztbriefe, medizinische Dokumente, Rezepte und auch den Impfpass soll die elektronische Patientenakte in Deutschland künftig enthalten. Wie Oliver Schenk, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit, jetzt beim "Innovators Summit Digital Health" bekräftigte, wird die elektronische Patientenakte in Deutschland spätestens ab 2021 verfügbar sein. Der Anschluss der Arztpraxen an die Telematik-Infrastruktur habe gerade begonnen.

Diese Vernetzung ist die Voraussetzung für künftige Anwendungen wie die elektronische Patientenakte. Bisher herrscht aber auf Seiten der potenziellen Nutzer viel Skepsis. Morten Elbæk Petersen, Direktor des erfolgreichen dänischen Gesundheitsportals sundhed.dk, riet daher auf dem TR-Gesundheitskongress, den Deutschen die Vorteile der elektronischen Patientenakte bewusst zu machen. Denn die staatliche dänische Plattform zeige, wie gut solch ein System funktionieren und auch angenommen werden kann, dass Bürgern Zugang zu ihren eigenen Daten gewährt.

Wie Petersen beim Digital-Health-Summit berichtete, verzeichnet sundhed.dk inzwischen monatlich rund 1,7 Millionen Abrufe. Zugang haben neben den 5,8 Millionen Einwohnern auch Ärzte und Apotheker. Den Nutzern gewährt das Portal Zugriff auf die individuelle Krankengeschichte, die Medikationen und Untersuchungsergebnisse maximal bis zurück ins Jahr 1977. Die Dänen können alle Informationen rund um die Uhr von ihrem Computer, Smartphone oder Tablet aus abrufen.

In Deutschland dagegen sollen die Versicherten ihre elektronische Patientenakte – so ist bisher der Plan – in Arztpraxen sowie in Apotheken an für diesen Zweck extra aufgestellten Terminals einsehen können. Genau dieser eingeschränkte Zugang aber könnte sich zu einer entscheidenden Hürde entwickeln, wurde von Experten beim "Innovators Summit Digital Health" befürchtet. Laut einem Bericht der Gematik an den Deutschen Bundestag vom April 2017 ist ein Zugang für die Patienten über Smartphone oder Tablet jedoch technisch realisierbar, allerdings bisher durch das Gesetz ausgeschlossen.

In Dänemark dient das staatlich organisierte und finanzierte Portal sundhed.dk dezidiert dazu, die Zahl der Krankenhausaufenthalte zu reduzieren. In den Mittelpunkt rückten dort im Rahmen einer umfassenden Gesundheitsreform in den Nullerjahren zum einen die Behandlung des Patienten durch den Hausarzt und zum anderen Maßnahmen der Prävention. Mit Erfolg: Schon jetzt beträgt die durchschnittliche Verweildauer in dänischen Krankenhäusern rund 3,4 Tage, hierzulande jedoch immer noch 7,8 Tage.

In Deutschland wurde die elektronische Patientenakte ebenfalls bereits 2004 im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung verankert, aber mit anderen Zielen verknüpft. Doppeluntersuchungen sollen zum Beispiel reduziert und dadurch Kosten eingespart werden. Das Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom September dieses Jahres begrüßt zwar diese Pläne, weist aber zugleich auf viele Hindernisse hin. Wortwörtlich heißt es: Die elektronische Patientenakte "ersetzt weder die Primärdokumentation des Arztes noch die bereits etablierte Arzt-Arzt-Kommunikation, beispielsweise im Rahmen von Befundübermittlungen oder Entlassbriefen".

Aus Sicht der Ärzte scheint die Akte hauptsächlich ein Service für die Patienten zu sein. Sie besitze das Potenzial, den Arzt-Patienten-Dialog zu verbessern, heißt es. Denn, wie sie ausführen, sehen sich die Kassenärzte nicht in der Lage, die Vollständigkeit oder Richtigkeit der auf der e-Akte gespeicherten Daten zu gewährleisten. Außerdem müsse jeglicher bürokratische Mehraufwand für die Ärzteschaft vermieden werden – darin waren sich auch viele Teilnehmer des Digital-Health-Kongresses einig.

Die Patienten wiederum würden sich wünschen, Einfluss auf die gespeicherten Daten nehmen zu können. Auch sundhed.dk-Direktor Petersen berichtete beim TR-Summit, es sei ein Anliegen der dänischen Teilnehmer etwa Berichte über eine längst überwundene Alkoholabhängigkeit in ihrer Akte sperren zu können. Das aber würde die Vollständigkeit solch einer elektronischen Gesundheitstakte zusätzlich untergraben. In Deutschland scheinen ohnehin viele Details der elektronischen Akte offen zu sein. Darauf weist auch das KBV-Positionspapier hin.

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