Pro & Contra: War die Touch Bar eine gute Idee?

Apple wollte die Bedienung seiner Profi-Notebooks mit Multitouch revolutionieren. Ist das dem Konzern gelungen?

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Artikel aus Mac & i Heft 6/2017, Seite 7

Ben Schwan findet den kleinen Touchscreen im MacBook Pro nach wie vor faszinierend.

Seit Oktober 2016 gibt es nun schon die berührungsempfindliche Funktionstastenleiste auf OLED-Basis für die besseren MacBooks Pro. Die Idee, dem Mac einen richtigen Touchscreen zu verpassen, hielt ich nie für gut: macOS ist auf Tastatur- und Mausbedienung ausgelegt und man sieht bereits bei Windows, dass ein klassisches Personalcomputer-Betriebssystem sich für die Fingerbedienung nur bedingt eignet. Das hat Apple genau richtig erkannt.

Die Touch Bar ist daher der richtige Kompromiss: Statt den Bildschirm berührungsempfindlich zu machen, wird einfach ein Teil der Tastatur konfigurierbar. Die Touch Bar ist hell, gut ablesbar und leicht zu bedienen und sie befindet sich genau da, wo die Finger liegen: oberhalb der physischen Tastatur. Einen „Touchscreen-Arm“ kriegt so niemand.

Die Usability einiger meiner Lieblingsapps wird mit ihr verbessert. Mit 1Password fülle ich schnell Passwortfelder über die Touch Bar aus, in PDF Expert macht sie mir die Arbeit mit langen PDF-Dokumenten leichter. TouchSwitcher holt das Dock in die Touch Bar und erlaubt einen schnellen Wechsel zwischen Programmen (auch wenn Apple dieses Tool bislang leider nicht in den Mac App Store lässt). Man gewöhnt sich schnell an die neuen Möglichkeiten, etwa einen virtuellen Regler zu verschieben, um ein Foto aufzuhellen, statt mit der Maus durch Menüs zu scrollen.

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Es wäre schön, wenn der Enthusiasmus, der anfangs um die Touch Bar herrschte – mit quasi wöchentlich neuen Apps, die sie unterstützen – weiterhin vorhanden wäre. Apple könnte Entwicklern mehr Möglichkeiten lassen, über bessere offizielle Programmierschnittstellen eigene Ideen umzusetzen. Die Verwendung privater APIs sorgt für Wildwuchs.

Klar, ein MacBook Pro mit Touch Bar ist keineswegs billig. Aber die rein mechanische Funktionstastenleiste, die durch sie ersetzt wird, habe ich bis auf die Medien-, die Helligkeits- und die Escape-Tasten zuletzt im Alltag quasi nie mehr verwendet. (bsc)

Für Leo Becker ist die Touch Bar weder Fisch noch Fleisch.

Die Touch Bar verbindet „das Beste beider Welten“, sagt Apples Design-Chef Jony Ive über die Eingabemethoden Multitouch und Hardware-Tastatur. Das würde ich nach einem Jahr mit dem MacBook Pro allerdings nicht unterschreiben, ganz im Gegenteil.

Im Unterschied zu iPhone und iPad bedient man eben nicht dort, wo sowieso der Fokus der Augen liegt: Stattdessen gilt es, die Aufmerksamkeit vom Bildschirm hinunter auf die Tastatur zu verlagern. Bis die gewünschte Funktion auf der schmalen Touch-Leiste aufgefunden wurde, ist der Arbeitsfluss bereits flöten gegangen.

Zugleich bergen die nun unfühlbaren virtuellen „Tasten“ viel Frustrationspotential. Selbst für simple Aktionen wie das Drücken von Escape tatsche ich – ohne haptisches Feedback – schnell mehrfach in die eigentlich so gewohnte Ecke. Beim blinden Tippen erwischt man dafür oft ungewollt den Escape-Button.

Das große MacBook Pro ist nur mit Touch Bar erhältlich.

(Bild: dpa, Christoph Dernbach)

Die Zahl der Programme, die nützliche Funktionen auf der Touch-Leiste anbieten, scheint längst nicht mehr nennenswert zu wachsen. Kein Wunder, schließlich bleibt der Anreiz zur Anpassung der eigenen Software für Entwickler gering, solange die Touch Bar nur in wenigen Macs ab rund 2000 Euro erhältlich ist.

Selbst wenn Apple die Technik langfristig in andere Modellreihen bringen sollte, löst dies die grundsätzlichen Problematik nicht: Die Touch-Leiste bleibt außerhalb des Blickfeldes, schlimmstenfalls stört ein Flackern im Augenwinkel.

Es ist fraglos praktisch, den Mac mit Touch ID zu entsperren, und der ARM-Chip mitsamt Secure Enclave bringt zusätzliche Sicherheit. Eine Touch-Leiste bräuchte es dafür jedoch nicht unbedingt.

Mein nächstes MacBook Pro kaufe ich – falls noch möglich – wieder ohne Touch Bar oder greife einfach zum iPad Pro mit Hardware-Tastatur. Da habe ich wirklich „das Beste beider Welten“: einen Touchscreen sowie echte Tasten und beides befindet sich am richtigen Platz. (lbe)

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Zuvor bei Pro und Contra: Ist das iPhone X zu teuer? (lbe)