Google Pixel Buds im Test

Google will, dass sein Assistant immer und überall ansprechbar ist. Dafür gibt es nun die Bluetooth-Ohrhörer Buds, die auch Apples AirPods Konkurrenz machen sollen. Welchen Vorteil haben die Buds?

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Google Pixel Buds im Test

(Bild: Hannes A. Czerulla)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Hannes A. Czerulla
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Bislang musste man unterwegs das Smartphone aus der Tasche ziehen, um Anfragen zu starten. Mit Googles ersten eigenen Kopfhörern, den Google Pixel Buds, soll sich das nun ändern: Sie machen Googles Assistenten-Software "Assistant" zur zentralen Schnittstelle zwischen dem Nutzer und dem Google-Ökosystem.

Wir haben die Ohrhörer einem ersten Test unterzogen und sie vor allem auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft – im Idealfall sollen sie schließlich zum ständigen Begleiter werden.

Die Buds verbinden sich via Bluetooth mit dem Smartphone, Tablet oder auch PC. Das Gehäuse besteht aus den Ohrhörern und einem Teil, der wie ein Mentos aussieht. Verbunden sind die beiden Ohrstöpsel mit einem etwa 50 Zentimeter langen, stoffumantelten Kabel, das gleichzeitig als Nackenband dient.

Für die Steuerung steckt im rechten Hörer eine Sensor-Fläche: Ein Fingertipp pausiert die Wiedergabe und nach einem Doppeltipp liest der Assistant aktuelle Informationen wie das Wetter und neue Nachrichten vor. Behält man den Finger auf dem Touch-Sensor, kann man dem Assistant Befehle erteilen und Fragen stellen. Indem man mit dem Finger nach vorne oder hinten wischt, verändert man die Lautstärke. Dabei hält man den Ohrhörer am besten mit den restlichen Fingern fest, da man ihn sonst leicht aus dem Ohr schiebt. Leider gibt es keine Möglichkeit, per Touch-Sensor in der Playlist vor oder zurück zu springen.

Da der Akku der Buds mit 120 mAh nicht allzu groß ausfällt, hat die mitgelieferte Lade- und Aufbewahrungsschatulle einen eigenen Akku mit 620 mAh. Ohne zusätzliche Ladung spielen die Buds gute vier Stunden lang ununterbrochen, was für Pendelfahrten, ein Workout oder einen Film im Zug ausreicht. Das Case lädt die Akkus dann nochmals vier bis fünf mal voll.

Das mit grau meliertem Stoff beklebte Lade-Case gibt optisch ein nettes Accessoire her und ist das schickeste seiner Art – vor allem im Vergleich zum Zahnseidespender der Apple AirPods. Funktional stellt es aber nicht die optimale Lösung dar. Google hat extra eine Anleitung in die Innenseite geklebt, um das komplizierte Einlegen der Ohrhörer zu erleichtern: Erst legt man die Ohrhörer selbst in die vorgesehenen Vertiefungen mit den Ladekontakten und Haltemagneten, dann wickelt man die Kabelschlaufe um einen Gummirand herum und drückt das Ende zwischen die beiden Ohrhörer. Liegt das Kabel nicht ganz korrekt, schließt die Schatulle nicht. Kennt man die Cases anderer Ohrhörer, erscheint Googles Lösung unnötig kompliziert und erklärungsbedürftig.

Einrichtung der Google Pixel Buds (9 Bilder)

Nachdem die Pixel Buds via Bluetooth gekoppelt sind, erscheint der übliche Dialog des Assistant mit einem Link zur Einrichtung (s. unten).

Die Einrichtung der Buds stellte sich im Test als komplizierter heraus, als in der Kurzanleitung beschrieben. Laut dieser muss man lediglich Bluetooth auf seinem Smartphone aktivieren, das Case mit den eingelegten Buds neben das Telefon legen und es öffnen. Daraufhin soll sich der Einrichtungsdialog öffnen. So funktionierte es bei bei uns weder bei einem Google Pixel 2 XL noch bei Samsungs Galaxy S7.

Generell wechselten die Ohrhörer nicht automatisch in den Pairing-Modus. Erst als wir den Knopf im Ladecase lange drückten und damit den Pairing-Modus manuell aktivierten, fanden die Smartphones die Buds und ließen sich ohne Probleme koppeln. Ist die Google-App installiert, öffnet sie sich und führt durch die Einrichtung – vom Anpassen der Ohrhörer bis hin zur Freigabe der Zugriffsrechte für den Assistant.

Zentrale Funktion der Pixel Buds ist es, Kontakt zum Assistant herzustellen, und das klappt einfach und unkompliziert. Einen Finger an den rechten Ohrhörer gelegt und man fordert den Assistant auf, die nächsten Termine vorzulesen, eine SMS zu schreiben oder bestimmte Musik zu spielen – halt alles, was man sonst auch mit dem Assistant machen kann. Besonders gut funktionieren die Buds in Kombination mit Googles Übersetzer-App: Der Gesprächspartner spricht in einer fremder Sprache ins Smartphone und die Google Buds geben den Text in der eigenen Sprache wieder. Andersherum funktioniert das genauso. Zwar fallen die Formulierungen nicht immer perfekt aus, um aber im Urlaub beispielsweise nach der nächsten Tankstelle zu fragen, reicht es.

Ohne Smartphone funktionieren all die smarten Funktionen nicht. Das ist zwar wenig überraschend, entzaubert die Pixel Buds aber: Genau genommen handelt es sich damit um ein völlig normales Bluetooth-Headset ohne allzu besondere Funktionen. Wie viele andere Bluetooth-Headsets aktiviert es per Knopfdruck den Sprachassistenten des Smartphones und leitet Sprachbefehle weiter. Alle smarten Funktionen liefert das verbundene Gerät. Besonders offensichtlich wird dies, wenn man die Pixel Buds mit einem iPhone koppelt – ja, das geht. Die Koppelung funktioniert so simpel wie mit anderen Bluetooth-Kopfhörern und die Touch-Steuerung reagiert ebenfalls. Bloß statt Googles Assistant startet Siri, wenn man lange auf den Ohrhörer tippt. Anschließend kann man wie gewohnt mit Apples Sprachassistentin kommunizieren.

Als reine Kopfhörer machen die Buds keine allzu gute Figur. Das fängt bei der Passform an: Statt wie die meisten anderen Ohrhörer-Hersteller auf In-Ear-Bauweise setzt Google auf die namensgebende Earbud-Form. Die Ohrhörer reichen also nicht bis in den Hörkanal, sondern sitzen eher in der Ohrmuschel. Sowohl beim Klang als auch beim Tragekomfort ergeben sich dadurch Nachteile: Ähnlich wie die Apple AirPods passen die Buds nicht jedem Träger. Apple spricht bei seinen Ohrhörern von 10 Prozent der Nutzer mit Problemen, unserer Erfahrung nach liegt die Quote eher bei jedem zweiten bis dritten Ohr. Bei den Google Buds ist das nicht anders. Selbst wenn die Buds nicht sofort aus den Ohren purzeln, vermitteln sie nie das Gefühl, besonders fest im Ohr zu sitzen. Während sich viele In-Ear-Modelle für einen Großteil von Sportarten eignen, würden wir mit den Pixel Buds nicht mal joggen gehen.

Deswegen hat sich Google einen kleinen Clou ausgedacht: Das mit Stoff überzogene Kabel, dass die beiden Ohrhörer verbindet, bildet an den Ohrstöpseln eine Schlaufe, deren Größe sich anpassen lässt. Diese Schlaufe drückt man in die Windungen des Ohrs, sodass die Hörer weiteren Halt haben. Zwar verbessert sich dadurch die Stabilität, vom vertrauenerweckenden Sitz von In-Ear-Ohrhörern sind die Buds aber dennoch weit entfernt. Außerdem verstellen sich die Kabelschlaufen häufig und man muss nachjustieren. Nach etwa 30 Minuten verursachten die Buds bei einigen Kollegen Schmerzen an den Druckstellen im Ohr.

Der Klang ist alles andere als schrecklich und wer zuvor nur Billig-Kopfhörer der 20-Euro-Klasse in den Ohren hatte, wird den Sound erst mal als angenehm empfinden. Doch dreht man die Lautstärke auf oder ist sowieso besseres gewöhnt, stoßen leicht verzerrende Höhen unangenehm auf. Es fehlt zu viel an Bass und Detailreichtum, als dass bewusstes Musikhören damit dauerhaft Spaß machen könnte. Zur Berieselung im Hintergrund reicht die Qualität aber locker aus.

Wahrscheinlich gehört die offene Earbud-Bauweise zu Googles Konzept. Denn gleichzeitig vor- und nachteilig ist, dass man Außengeräusche weiterhin fast ungedämpft wahrnimmt. Im Straßenverkehr oder im Gespräch mit anderen freut man sich über darüber, doch möchte man sich auf Musik konzentrieren oder einfach mal den Lärm des Alltags ausblenden, ist man mit den Pixel Buds falsch beraten. Die Buds sind darauf ausgelegt, dass man sie fast in jeder Alltagssituation trägt, um jederzeit den Assistant ansprechen zu können und Google als ständigen Begleiter bei sich zu haben.

Als einfache Kopfhörer kann man die Pixel Buds mit jedem halbwegs aktuellen Bluetooth-Gerät nutzen. Für die Nutzung als Headset muss das Smartphone mindestens mit Android 5.0 oder iOS 10.0 laufen. Für die Nutzung des Sprachassistenten muss die Google-App und mindestens Android 6.0 installiert sein. Die Übersetzung funktioniert nur mit den Pixel-Smartphones inklusive entsprechender App.

Bislang bietet Google die Pixel Buds nur im eigenen Online-Store für 180 Euro in drei verschiedenen Farben an. Der Versand soll bis zum 13. Dezember erfolgen. Außer den Buds gibt es bereits jede Menge andere (teils komplett) kabellose Ohrhörer. So sind iPhone-Nutzern beispielsweise die AirPods ans Herz zu legen – solange sie mit dem Earbud-Konzept zurecht kommen. Samsung hat mit den Gear IconX (2018) gut klingende Ohrstöpsel mit größerem Funktionsumfang im Programm. Einen Vergleichstest von aktuellen komplett kabellosen Ohrhörer finden Sie in der c't 24/2017. (hcz)