SPD-Vorstand einstimmig verantwortungsvoll

Martin Schulz (Parteitag März 2017). Foto: Olaf Kosinsky / CC BY-SA 3.0 DE

Die Parteispitze spricht sich für Sondierungsgespräche mit der Union aus. SPD-Chef Schulz stellt einen Zeitplan vor und die Maxime: "Wir wollen eine andere Regierungskultur"

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Wie groß die Lust innerhalb des SPD-Parteivorstands auf eine Regierungsbeteiligung ist, wer erst überzeugt werden musste, ob überhaupt dissidente Positionen geäußert wurden - das alles bleibt der Öffentlichkeit vorenthalten, bis zum Insider-Enthüllungsartikel im Januar-Winterloch. Heute Nachmittag wurde bekannt gegeben, dass sich der SPD-Parteivorstand einstimmig für Sondierungsgespräche mit der CDU und CSU über eine Regierungsbildung ausgesprochen hat.

Den Berichten von der anschließenden Pressekonferenz zufolge achtete SPD-Chef Martin Schulz sehr darauf, nicht allzu viel mitzuteilen. Es gilt, die Kommunikationsfehler der Sondierungsgespräche I zwischen Union, FDP und Grüne nicht zu wiederholen. Es sollen keine Tweets, keine Verärgerungen, keine Kommentare, nichts dergleichen aus der Küche nach außen gehen. An die Öffentlichkeit soll nur Fertiges mit Zierpetersilie auf dem Teller.

Schulz lieferte zum Ja der SPD für die Sondierungen eine große Dekorationsphrase "Wir wollen eine andere Regierungskultur", dazu die übliche Beigabe, dass die Gespräche nach wie vor auf "ergebnisoffen" gestellt sind, die Maxime, dass es "kein Weiter so geben" werde und, als einzig einigermaßen konkrete Information über die Zustimmung hinaus, einen groben Zeitplan.

Demnach sollen die Sondierungsgespräche zwischen den Parteien der geschäftsführenden Regierung Anfang Januar beginnen. In der kommenden Woche werden lediglich Verfahrensfragen besprochen. Nach der Stille und Retiro an den Weihnachtstagen, den wilden Partys zu Silvester, wo man etwas bange auf Köln schauen wird, geht die Dreierbeziehung dann in inhaltliche Stresstests in der ersten Januarwoche. Am Ende der zweiten Woche soll sich dann laut Schulzens Ansage schon so viel abgezeichnet haben, dass ein Sonderparteitag am 14. Januar über die Aufnahme konkreter Koalitionsverhandlungen entscheidet.

Wie die Kommunikationskultur bis dato aussieht, verrät der Satz von Fraktionschefin Nahles aus der SPD-Küche:

Wir werden offen und konstruktiv in die Sondierungen gehen. Wir wollen über Politik sprechen, die das Leben der Menschen besser macht. Es geht darum, den Zusammenhalt zu stärken - in Deutschland und in Europa.

Andrea Nahles

"Ehrgeizige Ziele"

Freilich gibt es richtig konkrete Streitpunkte, mit unterschiedlichen Positionen auch innerhalb der SPD, vom Niedriglohnsektor - "Leiharbeit in Deutschland ist auf einem Höchststand", sagte Martin Schulz in seiner Rede beim SPD-Parteitag vor einer Woche - bis zur Bürgerversicherung und dem Familiennachzug. Mit den Stationen Abgeltungssteuer und Mehrwertsteuer, wie ihm der kritische Beobachter der Wirtschaftspublikation Makroskop vorhält. "Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt", sagte Schulz bei der Pressekonferenz.

Auch innerhalb der SPD gibt es "großes Misstrauen gegenüber der Neuauflage der GroKo, der Union und der Kanzlerin Merkel", wie Sarah Philipp, stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfraktion im nicht ganz kleinen, unbedeutenden NRW dem Deutschlandfunk erklärte.

ARD-DeutschlandTrend: GroKo zieht

Doch geben Umfragen, die in der Politik allen abwiegelnden Vorbehalten zum Trotz als Trends wichtig genommen werden, dem Kurs der SPD recht. Die Parole von der Verantwortlichkeit, die der Bundespräsident, frühere SPD-Grande und federführender Mitgestalter der Agenda 2010, Steinmeier, seit Wochen ins öffentliche Gewissen der Republik meißelte, sie zieht.

Die meisten Deutschen wünschen sich wieder eine Großen Koalition. In einer Umfrage von infratest dimap für das ARD-Morgenmagazin finden 61 Prozent der Wahlberechtigten eine mögliche Neuauflage der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD sehr gut oder gut. Im Vergleich zum DeutschlandTrend vom 7. Dezember 2017 sind das 16 Prozentpunkte mehr. Seit zwei Monaten steigt kontinuierlich die Zustimmung zu einer GroKo. Im DeutschlandTrend Anfang Oktober fand eine Große Koalition nur 33 Prozent Zustimmung, Anfang November dann 37 Prozent. Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen lag die Zustimmung Anfang Dezember bereits bei 45 Prozent.

Tagesschau

Eine Minderheitsregierung mag die Kanzlerin Merkel nicht und wird darin von 59 Prozent der etwa 1.000 Teilnehmer der Infratest dimap Umfrage bestätigt. Laut Sonntagsfrage würde eine Neuwahl zum derzeitigen Zeitpunkt wenig Veränderungen bringen.

Die Union käme auf 32 Prozent, die SPD auf 20%, die AfD würde auch nur wenig hinzugewinnen, sie käme auf 13 Prozent, die FDP würde verlieren und wie die Linke bei neun Prozent landen. Die Grünen kämen auf 12 Prozent.