Unfallversicherung: Online-Plattformen sollen Sozialabgaben zahlen
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung meint, dass in der Sharing Economy und beim Crowdworking statt der Arbeitgeber Plattformbetreiber wie Airbnb, Myhammer und Uber Beiträge zur Sozialversicherung abführen müssen.
Click- und Crowdworking sind in der Sharing und Gig Economy auf dem Vormarsch. Sie versprechen den beteiligten Unternehmen neue Flexibilität und weniger Kosten, doch neben Mitbestimmungsrechten drohen dabei auch arbeitsrechtliche Schutzstandards und Beiträge zur Sozialversicherung flöten zu gehen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) fordert daher jetzt laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass künftig anstelle der klassischen Arbeitgeber die Betreiber von Online-Plattformen Unfall-, Renten- oder Krankenversicherung abführen.
"Auch die Solo-Selbständigen und Crowdworker sollten in die gesetzliche Unfallversicherung integriert werden", erklärte DGUV-Hauptgeschäftsführer Joachim Breuer. Vorbildlich sei ein neues Modell in Frankreich, wo nun ein Gesetz in Kraft getreten sei, laut dem die Vermieter von Wohnungen über eine Plattform oberhalb eines Freibetrages Steuern und Beiträge an die Sozialversicherung zahlen müssen. Breuer legte der künftigen Bundesregierung nahe, diesen Ansatz auf alle Formen der Arbeitsvermittlung über das Internet zu übertragen.
Milliardeneinbuße an Beiträgen
Breuer bemängelt, dass die Politik hierzulande zwar viel über "Arbeit 4.0" rede, aber keine konkreten Schritte zur sozialen Absicherung von Solo-Selbständigen und Plattform-Arbeitern unternommen habe. Ihm gehe es primär um deren Wohl, zugleich entgingen aber auch der Unfallversicherung durch die Flucht aus dem Angestelltenverhältnis mehr als eine Milliarde Euro Beitragseinnahmen jährlich.
Eine Studie des Oxford-Internet-Instituts ergab jüngst, dass sich viele digitale Tagelöhner ausgebeutet fühlen. Zehn Prozent der Befragten wussten nach eigenem Bekunden nicht, wer eigentlich ihr Auftraggeber war. Insgesamt seien die Arbeitsverhältnisse undurchsichtig. Experten schätzten in einer Studie für das Bundesarbeitsministerium den Anteil der Crowdworker auf ein Prozent der Erwerbstätigen, was ungefähr 440.000 Personen entspräche. Die Dunkelziffer gilt aber als hoch.
Andere Ansätze
Gewerkschaften setzen sich schon seit Längerem für eine stärkere Absicherung von Arbeit 4.0 ein, da in diesem Sektor oft prekäre Bedingungen herrschten. 2015 hat ver.di etwa eine Beratungsplattform im Netz bereitgestellt. Klickarbeiter sollten in das gesetzliche System einbezogen und die Persönlichkeitsrechte besser geschützt werden, lauten Forderungen.
Vor einer "modernen Sklaverei" in diesem Bereich warnt der DGB, der ebenfalls eine Schutzlücke im Sozialversicherungssystem ausgemacht hat. Es gelte zu überlegen, wie Plattformbetreiber und die Auftraggeber an den Kosten beteiligt werden könnten. Die EU-Kommission hat gerade eine Initiative gestartet, mit der sie Crowdworker besser absichern will. Sie beschränkt sich dabei aber vor allem auf eine erweiterte Information der Arbeitgeber über Rechte und Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis. (anw)