DNA und der Diät-Erfolg

Der Gentest-Anbieter 23andMe hat die bislang umfassendste Studie über den Zusammenhang zwischen Genen und dem Ergebnis von Diäten begonnen. Mehr als 100.000 seiner Kunden sollen sich daran beteiligen.

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Von
  • Antonio Regalado

Um den Jahreswechsel herum haben viele Menschen ihre Skier aus dem Keller geholt und versucht, sich in die Schneehosen vom vergangenen Jahr zu zwängen. Einige von ihnen dürften anschließend bereut haben, während der Weihnachtstage kräftig zugelangt zu haben.

Passend dazu hat der kalifornische Gentest-Anbieter 23andMe eine umfangreiche Studie über die genetischen Grundlagen für Gewichtsverlust oder -zunahme gestartet. Insgesamt sollen nach Angaben des Unternehmens 100.000 Menschen daran teilnehmen. Seit Ende Dezember werden die ersten seiner 1,3 Millionen Kunden wegen einer möglichen Teilnahme kontaktiert. Wer mitmacht, soll drei Monate lang eine von zwei möglichen Diäten machen oder ein Trainingsprogramm einhalten und anschließend berichten, ob er dadurch dicker oder dünner geworden ist.

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Die Crowdsourcing-Studie könnte zum bislang umfassendsten Versuch werden, die Zusammenhänge zwischen Genen und Diät-Erfolgen zu untersuchen. 23AndMe hofft darauf, anhand der Ergebnisse Prognose-Modelle erstellen und Kunden auf dieser Grundlage im Rahmen der Berichte über ihr Genom auch eine individuelle Ernährungsberatung bieten zu können.

Schon heute haben Verbraucher die Auswahl aus mindestens einem Dutzend DNA-Tests, die auch Informationen zur Ernährung versprechen. Allerdings werden diese Tests von bekannten Ärzten massiv kritisiert – sie sollen nicht nützlicher sein als die Tipps, die man von Ernährungsexperten oder Freunden im Fitness-Studie hören würde. Die Empfehlungen selbst sind also in Ordnung, aber man kann sie auch ohne teure Tests bekommen.

Laut 23andMe hatten bisherige Studien über den Zusammenhang zwischen DNA und Diät-Erfolgen nicht genügend Teilnehmer, um genetische Faktoren isolieren zu können. An der aktuellen Studie sollen deshalb 10- bis 50-mal so viele Personen teilnehmen wie bei früheren, sagt Geoffrey Benton, Leiter Forschung und Entwicklung Gesundheit.

23andMe hat DNA-Daten von mehr als 3 Millionen Kunden, die für die Analyse Speichelproben eingeschickt haben, was das Unternehmen zu einer der größten Biobanken der Welt macht. Nach der Analyse ihrer DNA bekommen die Kunden Berichte über ihre geografische Herkunft, über die Frage, wie viele Neandertaler-Gene sie haben, und über einige erbliche Gesundheitsrisiken.

Außerdem erhalten sie eine Prognose darüber, ob ihre Gene erwarten lassen, dass sie eher dicker oder dünner werden. Bislang aber kann 23andMe nicht sagen, wie Kunden darauf reagieren sollten, so dass die Aussagen nicht sehr relevant sind.

Schon immer bittet 23andMe seine Kunden, Gesundheitsfragebögen auszufüllen. Seit vergangenem Mai aber erkundet das Unternehmen auch, ob es Kunden dafür gewinnen kann, bei sich zuhause eigene Experimente vorzunehmen. Den Anfang machte ein Test der Schmerztoleranz, bei dem Teilnehmer erfassen sollten, wie lange sie ihre Hand in einer Schüssel Eiswasser halten können.

Anschließend folgte eine Schlafstudie: Rund 6000 Freiwillige bekamen nach dem Zufallsprinzip konkrete Verbesserungsvorschläge, etwa keinen Kaffee mehr zu trinken oder mindestens 30 Minuten vor dem Zubettgehen keine Bildschirme mehr zu nutzen. „Wir wollten herausfinden, ob wir eine Interventionsstudie von Anfang bis Ende auf Entfernung von 23andMe aus steuern können“, erklärt Benton.

Bei der neuen Ernährungsstudie bekommen die Teilnehmer zufällig eine von drei Möglichkeiten zugewiesen. Manche sollen auf Brot, Kuchen und andere Kohlenhydrate verzichten. Eine weitere Gruppe soll mehr Ballaststoffe zu sich nehmen, aber tierische Fette vermeiden. Und die dritte soll essen wie gewohnt, aber wöchentlich bestimmte sportliche Übungen machen. Alle Teilnehmer sollen 23andMe dann unter anderem darüber informieren, wie oft sie Heißhunger verspüren, ob sie gestresst sind und ob sie es schaffen, die Programme einzuhalten.

Das Unternehmen geht davon aus, dass alle drei Varianten ungefähr die gleichen Ergebnisse bringen werden. Gleichzeitig wird es aber vielleicht feststellen können, ob es genetische oder persönliche Gründe dafür gibt, dass manche Teilnehmer deutlich abnehmen und andere zunehmen, unabhängig davon, welches Programm für sie ausgewählt wurde.

Mit der Diät-Studie könnte 23andMe beweisen, dass seine „Plattform“ für sehr umfangreiche klinische Studien geeignet ist, wie sie ansonsten von Universitäten oder Pharmafirmen vorgenommen werden. Dies könnte einen kommerziellen Wert haben: Schon heute verkauft das Unternehmen genetische Daten an Pharmafirmen und hilft gelegentlich dabei, Menschen mit speziellen Krankheiten wie der Wolfsröte zu finden.

Einstweilen aber sind die Möglichkeiten für 23andMe in diesem Bereich begrenzt. Seine Kunden melden sich freiwillig für Studien und haben nicht unbedingt die schweren Krankheiten, die Forscher untersuchen wollen. Als Folge davon geht es bei den meisten Kunden-Studien bislang um häufige Probleme wie Schlafstörungen, Depressionen oder eben jetzt Fettleibigkeit – mit letzterer haben nach offiziellen Angaben rund 37 Prozent aller Amerikaner zu kämpfen.

(sma)