Kein Murmeltiertag: 3D lebt (nicht mehr)

3D ist nicht totzukriegen, so scheint es zumindest angesichts der Kommentare und Leseranfragen, die uns zu 3D erreichen. Ein genauer Blick auf aktuelle 3D-Geräte und -Inhalte bringt Ernüchterung – auch im Hinblick auf die Zukunft.

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Kein Murmeltiertag: 3D lebt (nicht mehr)

(Bild: Ulrike Kuhlmann)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Ich hatte das Thema 3D für mich zwar weitgehend ad acta gelegt, kürzlich hat mich die Frage, welche Fernseher im Test die 3D-Wiedergabe unterstützen, aber doch dazu verleitet, einmal genauer nachzusehen. Die knappe Antwort: Aktuelle Geräte aus 2017 fast keine mehr.

Die etwas längere Antwort: Unter den großen Herstellern hat sich 2017 nur noch Panasonic der 3D-Technik gewidmet. Samsung, LG, Sony und Philips hatten im vergangenen Jahr kein einziges 3D-TV mehr im Programm; LG und Sony boten 2016 noch vereinzelt Modelle in 55 und 65 Zoll an. Im Lineup für 2018 findet man auch bei Panasonic keinerlei Hinweise mehr auf 3D – unter Vorbehalt, denn die brandneuen Geräte kommen erst im April in den Handel.

Immerhin: Die "deutschen" TV-Hersteller hielten 3D auch 2017 die Treue. So findet man bei Loewe, TechniSat und Metz diverse 3D-Modelle. Grundig – in früheren Zeiten deutscher Standardausstatter hiesiger Wohnstuben, heute reine Label-Schmiede – hatte 2017 ebenfalls ein 3D-TV parat. Die Tabelle am Ende dieses Beitrags listet die verbliebenen Mohikaner, auf die ich während meiner Recherche gestoßen bin. Sie bestätigt die vor zwei Jahren gewagte Prognose zur 3D-Technik im TV.

Echte Fans setzen stattdessen auf Projektoren, die das 3D-Format beherrschen. Tatsächlich unterstützen auch etliche aktuelle Heimkino-Beamer 3D, man benötigt dazu aber eine passende 3D-Brille. Anders als beim TV und im großen Kinosaal sind passive Brillen bei Heimkino-Projektoren weitgehend ausgeschlossen, denn man bräuchte dazu eine polarisierende Leinwand. Also müssen 3D-Shutterbrillen her, die mit Batterien versorgt werden wollen und kontrollierte Umgebungsbedingungen brauchen – sie flimmern unter Lampenlicht. Außerdem muss ein Zuspieler angeschlossen werden, der die 3D-Ausgabe per HDMI beherrscht.

Wenn man sich anschaut, wo es überhaupt noch 3D-Inhalte gibt, hat sich die Frage nach möglichen 3D-TVs und -Projektoren fast von selbst erledigt. So findet man zwar etliche 3D-Blu-ray-Discs, die haben aber alle schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Also vielleicht besser streamen? Auch hier ist keine Rettung in Sicht, wie ein Blick auf mögliche Quellen zeigt:

Bei Videociety kann man immerhin dreiundzwanzig 3D-Filme aus den Jahren 2010 bis 2014 ausleihen oder kaufen. Was das Dilemma verdeutlicht: Es gibt in Hollywood keine aktuellen 3D-Produktionen. Die großen Streaming-Portale Netflix, Amazon Prime Video und Maxdome bieten überhaupt keinen 3D-Content mehr an

Dabei war gerade Netflix während der 3D-Boomjahre ambitioniert gestartet. Doch der Hype hat sich inzwischen gelegt. Gibt man bei Netflix "3D-Filme" ins Suchfenster ein, heißt es nüchtern:

"In den letzten Jahren haben viele große TV-Hersteller angekündigt, dass sie die Produktion von 3D-Fernsehern auslaufen lassen werden. Ebenso haben viele Studios mitgeteilt, dass sie in Zukunft keine 3D-Filme mehr produzieren werden. Aufgrund dieser Faktoren bieten wir das 3D-Streaming nicht mehr an."

Einzig auf YouTube gibt es noch jede Menge 3D-Content, gut sortiert im eigens eingerichteten 3D-Bereich mit Videos, Playlists, Kanäle, Diskussionen. Echte Blockbuster findet man hier natürlich nicht.

Dass uns trotzdem immer wieder Fragen zu 3D erreichen, hat wohl einen simplen Grund: Die Fragenden haben etliche 3D-Filme zu Hause und möchten diese auch weiterhin genießen. An neuen Fernseher können sie die alten Schätze nicht mehr nutzen. Deshalb kann ich leider nur raten: Werfen Sie Ihren alten 3D-Fernseher nicht weg, aktueller Ersatz ist nicht in Sicht.

Stattdessen stehen mit 4K und demnächst 8K sowie HDR interessante Alternativen zu 3D bereit. Ein ultrahochauflösendes Display sorgt bereits für mehr Bildtiefe und wenn sich das kontraststarke HDR-Format hinzugesellt, wirken die Bilder auf guten 4K-TVs derart plastisch, dass zumindest bei mir wenig Bedürfnis nach der komplizierten – und oftmals fehleranfälligen – 3D-Wiedergabe aufkommt.

Ich habe bislang gedacht, dass mit steigender Auflösung irgendwann die 3D-TVs wieder erstarken, dann aber als brillenlose, autostereoskopische Variante. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher, denn es erfordert viel mehr als nur ein paar ordentliche 3D-Displays: Um einen neuerlichen Boom auszulösen, bräuchte es Filminhalte, die von der 3D-Darstellung tatsächlich profitieren. Ein gut gemachter Avatar wird da wohl nicht (mehr) ausreichen.

Die Aussage, es gäbe keine 3D-Inhalte mehr, war zugegeben etwas plakativ. Tatsächlich kamen auch 2017 (UHD) Blue-rays als 3D-Variante in den Handel und 2018 wird es ebenfalls neue 3D-Discs geben. Allerdings ist der 3D-Anteil innerhalb der gesamten Neuerscheinungen 2017 verschwindend gering: Er macht zwischen 5 und 11 Prozent aus, je nachdem, welche Quelle man zu Rate zieht.

Dabei handelt es häufig um Filme, die nicht in 3D aufgenommen, sondern nachträglich ins 3D-Format gewandelt wurden. Etliche sind Trickfilme, die am PC entstanden und von denen relativ einfach eine zusätzliche 3D-Variante gemastert werden kann. Oder auch nicht: Disney verzichtete beispielsweise beim Animationsfilm "Elliot, der Drache" auf ein 3D-Release. Echte 3D-Blockbustern wie Star Wars: Die letzten Jedi sind selten darunter. Auch im Kino sind die 3D-Vorführungen zurückgegangen.

Zudem verdeutlichen die Absatzzahlen von 3D-Abspielgeräten, dass die Zukunft eher den VoD-Diensten gehört – die ihrerseits 3D-Streaming weitgehend eingestellt haben. So verzeichnen (UHD)Blu-ray- und DVD-Player laut GFK seit Jahren Rückgänge im zweistelligen Bereich: Die Verkäufe sanken von 2,6 Millionen Playern im Jahr 2014 auf rund 1 Millionen verkaufte Geräte in Q1 bis Q3 2017.

Die TV-Hersteller reagierten mit ihrem Ausstieg aus dem 3D-Bereich folgerichtig auf diese Trends. Nutzen dies aber auch für einen unschönen anderen: Man bekommt inzwischen fast keine Fernseher mehr, die eine Bildwiederholfrequenz von 200 Hz beherrschen. In teureren 4K-TVs sind 100-Hz-Panels üblich, die meisten TVs im mittleren und erst recht Geräte im unteren Preissegment nutzen 50-Hz-Panels. Wie frühere Tests gezeigt haben, sind für eine gute 3D-Wiedergabequalität aber höhere Bildwiederfrequenzen erforderlich. Soll heißen: Ein simpler Videochip für das 3D-Format genügt nicht, um aus einem aktuellen Fernseher ein ordentliches 3D-TV zu machen.

3D-TVs
Panasonic:
2018 keine Hinweise mehr auf 3D im neuen Lineup
4K-Modelle aus 2017 TX-"xx"EXW784 in 50, 58, 65, 75 Zoll
4K-Modelle aus 2017 TX-"xx"EXX789 in 50, 58 Zoll
4K-Modelle aus 2017 TX-"xx"EXF787 in 50, 65 Zoll
4K-Modelle aus 2016 TX-"xx"DXW904 in 58, 65 Zoll
4K-Modelle aus 2016 TX-"xx"DXW804 in 50 Zoll
4K-Modelle aus 2016 TX-"xx"DXT7xx in 50, 58 Zoll
Samsung:
ab 2016 kein 3D mehr
LG:
ab 2017 keine 3D mehr
1 FHD-Modell 2016
4K-Modell aus 2016 65UH8509 (passiv 3D)
Sony:
ab 2017 kein 3D mehr
4K-Modelle aus 2016 KD-65ZD9 in 65 Zoll
4K-Modelle aus 2016 55XD9305, 65XD9305
Philips:
ab 2016 kein 3D mehr
Hisense:
ab 2016 kein 3D mehr
Loewe:
4K-Modelle aus 2017: Bild 3 in 55 Zoll
4K-Modelle aus 2017: Connect UHD in 55 Zoll
4K-Modelle aus 2016 bild 3 in 55 Zoll
4K-Modelle aus 2016 Art in 40, 48, 55 Zoll
4K-Modelle aus 2016 Reference in 55, 75, 85 Zoll
TechniSat:
4K-Modelle aus 2017 UHD+ in 43 Zoll (passiv 3D)
4K-Modelle aus 2016 UHD+ in 43, 49, 55 Zoll (passiv 3D)
Metz:
4K-Modelle aus 2017 Topas in 43, 49, 55 Zoll
4K-Modelle aus 2016 Planea in 43, 49, 55 Zoll (passiv 3D)
4K-Modelle aus 2016 Topas in 43, 49, 55 Zoll
4K-Modelle aus 2016 Novum OLED in 55, 65 Zoll (passiv 3D)
Grundig:
4K-Modell aus 2017 55 FLX 9591 (passiv 3D)
4K-Modell aus 2016 55 VLX 890
4K-Modell aus 2016 55 GUS 9688/9 (passiv 3D)
4K-Modell aus 2016 65 FLX 9591 (passiv 3D)
(wo nicht anders vermerkt, handelt es sich um 3D-TVs mit aktiv 3D, also Shutter-Brillen)
(Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

(uk)