Holly Cummins: "Tischtennis-Pausen haben eine ähnliche mentale Funktion wie eine Dusche"

Holly Cummins hat ihre besten Ideen unter der Dusche. Sie ist technische Leiterin bei der IBM Cloud Garage London, einer innovativen, Start-up-ähnlichen Beratung, bei der gute Ideen immer gefragt sind. Auf dem JavaLand 2018 hält sie die Keynote: "Cloudy with a Chance of Meatballs: Cloud Surprises for the Java Developer".

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Markus Eisele: „Die JavaLand hat ein einfaches Grundrezept: Viele sehr gute Vorträge!“
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Matthias Parbel

heise Developer: Holly, was können die Teilnehmer von deiner Keynote während des JavaLand erwarten?

Holly Cummins: Ausgehend von einer historischen Perspektive auf Cloud Computing werde ich auch einige Gedanken darüber teilen, wohin es in Zukunft gehen könnte. Dabei möchte ich den Teilnehmern insbesondere einige Fallstricke aufzeigen, über die Entwickler beim Wechsel in die Cloud stolpern können.

heise Developer: Was überrascht dich als Java-Entwicklerin am meisten an der Cloud?

Holly Cummins spricht über Innovation, die Cloud und die jüngsten Entwicklungen im Java-Kosmos.

Cummins: Alles, was in der Cloud zum Einsatz kommt, ist nicht von Dauer. Damit habe ich wie viele von uns kämpfen müssen. Auf einem Desktop bleiben die Protokolle dort, wo man sie abgelegt hat, aber in der Cloud verschwinden die Protokolle mit der Anwendung, die sie erstellt hat. Es braucht daher eine neue Arbeitsweise, bei der wir uns nicht auf lokale Beständigkeit verlassen.

heise Developer: Du bist technische Leiterin bei der erst kürzlich umbenannten IBM Cloud Garage, die nun ihren Fokus auch auf die Cloud verlagert. Wie hat sich die Arbeitsweise mit den neuen Technologien verändert?

Cummins: Die Cloud hat verändert, wie wir arbeiten. Die Cloud Garage (ehemals Bluemix Garage) wurde eingerichtet, um diese neuen Arbeitsweisen zu nutzen, Innovationen schneller zu liefern und unseren Kunden beizubringen, wie sie selbst effektiver arbeiten können. Durch die Cloud entfallen viele Kosten für die Einrichtung und Wartung der Infrastruktur, und das bedeutet, dass Unternehmen schneller auf die Bedürfnisse der Benutzer reagieren können.

Die Kehrseite ist, dass sich auch die Erwartungen der Nutzer verändert haben. Anwender wünschen sich eine Reaktionszeit von Millisekunden, keine Ausfallzeiten, jede Woche neue Funktionen und Fehlerbehebungen innerhalb weniger Tage. Das bedeutet, dass wir als Softwareentwickler sicherstellen müssen, dass unsere Prozesse schnell ablaufen können und dass wir mit Sorgfalt und Qualität entwickeln. Nur so wissen wir, dass das, was wir liefern, auch robust ist.

heise Developer: Kannst du uns mehr über deine Arbeit und die Methoden erzählen, die bei der Cloud Garage zum Einsatz kommen?

Cummins: Die :Garagenmethode" ist etwas, das aus der Arbeit der Garage mit Kunden hervorgegangen ist. Es hat drei Hauptpfeiler: "Design Thinking", "Lean Startup" und "Extreme Programming". Design Thinking bedeutet, dass wir auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen, um das wahre Problem zu identifizieren. Lean Startup steht dafür, dass wir uns darauf konzentrieren, gerade genug zu bauen, um Hypothesen zu validieren. Extreme Programming beinhaltet Paarprogrammierung und testgetriebene Entwicklung, um Nachhaltigkeit und Genauigkeit in dem, was wir liefern, zu gewährleisten.

Alle diese Techniken sind darauf ausgelegt, Feedback-Zyklen zu verkürzen, sowohl in der frühen Phase der Produktdefinition als auch in der späteren Entwicklungsphase. Je kürzer der Feedback-Zyklus ist, desto besser können wir sicherstellen, dass das, was wir liefern, auch wirklich das ist, was der Anwender wollte.

heise Developer: Apropos Innovation, was war deiner Meinung nach die größte Innovation der letzten zehn Jahre?

Cummins: Wir haben in den letzten Jahren so viele aufregende Innovationen erlebt, dass es schwierig ist, sie einzugrenzen. Aber die beiden wichtigsten Innovationen für mich haben mit dem Zugang zu Technologie zu tun. Der Raspberry Pi ist so günstig, dass er unsere Einstellung zu Computern verändert hat. Das bedeutet, dass wir mehr Risiken eingehen und auch kreativere Möglichkeiten finden können, in der Art und Weise wie wir Computer einsetzen. Ich hätte beispielsweise niemals einen Laptop in einen Ball gesteckt und ihn durch einen Raum geworfen.

Auch die jüngste Explosion des Machine Learning finde ich spannend. Statistik ist nicht mein Lieblingsthema, deshalb finde ich es toll, dass es jetzt möglich ist, mit Machine Learning zu arbeiten, ohne dass man sich zu tief in die zugrunde liegende Datenmanipulation einarbeiten muss. Ich freue mich jedes Mal, wenn wir ein Projekt mit "Watson Visual Recognition" in der Garage durchführen, und dabei zusehen können, wie Watson lernt, die Bilder zu verstehen, ohne dass ich dafür auch nur mit einem einzigen Eigenvektor in Berührung komme.

heise Developer: Wo und wie hast du deine besten Ideen?

Cummins: Die größten Geistesblitze habe ich unter der Dusche oder auf dem Heimweg von der Arbeit. Ich weiß, dass viele Leute auch im Flugzeug gut arbeiten – viele technische Produkte wurden in Flugzeugen prototypisiert. Wichtig ist, externe Ablenkungen zu beseitigen, damit das Unterbewusstsein seine Arbeit tun kann. So oft habe ich mir den Kopf über ein Problem zerbrochen, und sobald ich aufgegeben habe und mich von meinem Schreibtisch aufgestanden bin, fiel mir die Lösung ein. Wir versuchen, regelmäßig Tischtennis-Pausen in der Garage zu machen, und sie haben eine ähnliche mentale Funktion wie eine Dusche, nur ohne Wasser.

heise Developer: In den letzten Jahren gab es einige Änderungen im Java-Kosmos. Wohin werden diese Veränderungen deiner Meinung nach führen?

Cummins: Es war großartig zu sehen, wie sich Java modernisiert hat. Ich denke, wir werden weiterhin dabei zusehen können, wie sich Java an die Anforderungen der Cloud anpasst, mit mehr Modularität und reduziertem Platzbedarf. Es gibt auch einige interessante Innovationen in der Pipeline, die Cloud-Fähigkeiten nutzen, wie JIT as a Service. Höher oben auf dem Stapel hat Microprofile viel zu bieten und ich hoffe, dass es auch weiterhin eine Innovationsquelle sein wird. Den Schritt in Richtung Open Source finde ich auch toll, sowohl mit OpenJDK als auch mit OpenJ9.

heise Developer: Was hältst du von den Entwicklungen rund um EE4J?

Cummins: Ich denke, das ist wirklich positiv. Es gibt so viel Begeisterung in der Community über diesen Schritt, und es ist eine Chance, die Unternehmensspezifikationen weiter voranzutreiben und sie an die Bedürfnisse der Community anzupassen.

heise Developer: Möchtest du noch etwas hinzufügen?

Cummins: Ich freue mich darauf, beim JavaLand zu sprechen! Ich hoffe, dass das Publikum den Vortrag genauso genießt, wie ich es genossen habe, ihn vorzubereiten.

Das Interview führte Marina Fischer im Auftrag der Deutschen Oracle Anwendergruppe (DOAG), auf deren Webseite es auch zuerst erschien. DOAG und heise Developer sind zusammen mit dem iJUG, der Interessengemeinschaft deutschsprachiger Java User Groups, Ausrichter der JavaLand-Konferenz. (map)