Telekom: Vectoring-Ausbau läuft, beschert einigen Kunden aber zunächst Einbußen

Nach Berichten über die Stornierung von rund 10.000 VDSL-Anschlüssen in Niedersachsen hat die Deutsche Telekom betont, dass es keinen Streit um Vectoring-Leitungen mit dem Wettbewerber EWE gebe. Der Netzausbau erfordere aber Umstellungen.

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Kupferkabel
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Die Deutsche Telekom hat bestätigt, dass sie im Rahmen des laufenden, zusammen mit Wettbewerbern erfolgenden Netzausbaus mithilfe des DSL-Turbos Vectoring einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Klientel zunächst auf niedrigere Bandbreiten herabstuft. "In Niedersachsen betrifft dies die Kunden von rund 10.000 VDSL-Anschlüssen", erklärte ein Sprecher des Konzerns gegenüber heise online. Diesen könne man für eine Zwischenzeit statt Internetanschlüssen mit bis zu 25 beziehungsweise 50 MBit/s nur langsamere Varianten mit bis zu 16 MBit/s anbieten. Mittelfristig seien dafür aber dann Bandbreiten bis zu 100 MBit/s drin.

Der weitaus größte Teil der Betroffenen "konnte in dem noch laufenden Prozess für eine ADSL- oder ADSL/Hybrid-Lösung gewonnen werden", erläuterte der Firmenvertreter. Sie hätten nun also ein neues Vertragsverhältnis. Generell informiere die Telekom die zwischenzeitlich Leidtragenden über die erforderliche Netzänderung, weise sie auf Alternativen hin und betone dabei, "dass wir bei keiner Reaktion kündigen müssen". Zur individuellen Beratung habe das Unternehmen eine eigene Hotline unter der Nummer 0800-5533555 eingerichtet.

Hintergrund der Aktion, die viele Kunden verärgert und zu Unmutsäußerungen in sozialen Netzwerken führt, sind technische Besonderheiten von Vectoring. Das Beschleunigungsverfahren für Kupferleitungen kann in einem Anschlussbereich immer nur ein Netzbetreiber ausbauen. Meist hat dabei die Telekom das Heft in der Hand, nämlich in 7200 von 7600 Nahbereichen. In den restlichen 400 haben Konkurrenten das Ausbaurecht. Über 200 davon entfallen auf den niedersächsischen Lokalmatador EWE, sodass es vor allem in dessen Revier zu den vorübergehenden Komplikationen kommt.

In den Gebieten, wo die Konkurrenz beim Vectoring am Drücker ist, muss die Telekom ihre VDSL-Produktion einstellen. Sie kauft stattdessen in diesen Nahbereichen Leistungen bei dem Wettbewerber ein, der dort die Übergangstechnik implementiert. Mit EWE gebe es darüber keinen Streit und habe es auch früher keinen gegeben, unterstrich der Telekom-Sprecher. Aus vertragsrechtlichen Gründen könnten die Kunden aber nicht einfach umgeschaltet werden, da sich Änderungen in den Leistungen und Vertragsinhalten ergäben. So sei etwa das Internet-TV-Angebot Entertain im Großhandelsportfolio, also auch bei einem von EWE eingekauften VDSL-Produkt, nicht verfügbar. Zudem sei es nicht immer möglich, die bestehenden Vertragslaufzeiten zu übernehmen.

Zuvor hatte ein EWE-Sprecher bereits gegenüber heise online ausgeführt, dass das Unternehmen mit der Telekom eine Vereinbarung geschlossen habe, um gegenseitig VDSL-Leistungen einzukaufen. Wer heute 40 MBit/s im Download bei der Telekom erhalte und in einem EWE-Nahbereich wohne, könne künftig bis zu 80 oder 90 MBit/s erhalten – prinzipiell von beiden Anbietern. Dieser Vertrag zwischen den beiden Betreibern existiere und werde schon angewendet. Bis spätestens Mitte Februar 2019 seien die höheren Bandbreiten verfügbar.

Auch die Bundesnetzagentur hat sich auf Twitter zu dem Fall zu Wort gemeldet. Sie hat demnach mit dem regulatorischen Rahmen für den Vectoring-Ausbau in Nahbereichen sichergestellt, dass jeder Marktakteur weiterhin Angebote mit hochbitratigen VDSL-Produkten machen könne. "Dabei war und ist es Anliegen der Bundesnetzagentur, dass es für die Endkunden zu keiner Verschlechterung der eigenen Versorgung kommt, sondern ihnen eine breite Auswahl zwischen den Angeboten verschiedener Produkte und Unternehmen erhalten bleibt". betont die Regulierungsbehörde. Daher seien die jeweils ausbauberechtigten Firmen verpflichtet, Konkurrenten einen sogenannten virtuell entbündelten Zugang als Ersatzprodukt zur VDSL-Teilnehmeranschlussleitung anzubieten.

Insbesondere folgt aus dem festgelegten Prozedere laut der Bundesnetzagentur "keine zwingende Beschränkung auf ADSL-Produkte mit einer maximalen Übertragungsleistung von 16 MBit/s im Download". Eigene Endkunden könnten weiterhin mit leistungsstarken VDSL-Produkten versorgt werden. Ob und inwieweit dies erfolge, müsse das jeweilige Unternehmen entscheiden. Zuvor hatte der Telekom-Kundenservice getwittert, dass die heruntergefahrene Leistung in den EWE-Bereichen auf einer "Entscheidung der Bundesnetzagentur" basiere. Der Konzern bezeichnete diese frühere Auskunft mittlerweile als "ärgerlich", da tatsächlich das Vertragsrecht die Ursache sei. (mho)