Nano-Systeme mit DNA-Origami

Mit Hilfe von DNA-Strängen lassen sich präzise dreidimensionale Strukturen erzeugen, die bemerkenswerte Eigenschaften aufweisen. Denkbar sind hochempfindliche Sensoren, optische Schalter oder sogar Nanoroboter.

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Wenn ein langer DNA-Strang mit kürzeren vermischt wird, die darauf ausgelegt sind, an bestimmten Stellen an ihn anzudocken, werden die kürzeren Stränge zu einer Art Leitersprossen, die Teile des längeren miteinander verbinden. Auf diese Weise entsteht eine dreidimensionale Struktur.

Mit Hilfe dieses „DNA-Origamis“ haben Biochemiker bereits komplexe Formen geschaffen, darunter Würfel, Smiley-Gesichter und sogar grobe Landkarten von China und Amerika.

Aber das war nur der Anfang: DNA-Origami hat das Potenzial, eine große Bandbreite an Systemen auf molekularer Ebene zu produzieren. Wissenschaftler experimentieren bereits mit künstlichen Enzymen, Systemen zur Medikamenten-Abgabe und sogar Nanobots, die den Körper erkunden könnten.

Und auch Physiker haben begonnen, sich mit dem Potenzial der Technologie zu beschäftigen. So berichten Chao Zhou und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in einem Ende März veröffentlichten Fachaufsatz über die Produktion exotischer Metamaterialien mit Hilfe von DNA-Origami. Diese können Licht manipulieren, wie es mit konventionellen Stoffen nicht möglich wäre. Außerdem zeigen die Wissenschaftler, wie man Form verändernde DNA-Strukturen erzeugt, die als Schalter genutzt werden und sogar über Oberflächen „gehen“ können.

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Seit einigen Jahren untersuchen Physiker detailliert, wie Photonen mit dem Meer von Elektronen in metallischen Leitern interagieren. Photonen, die in diesen „plasmonischen“ Ozean stürzen, lassen Wellen auf seiner Oberfläche entstehen, so wie wenn ein Asteroid in ein Meer auf der Erde stürzt. Diese Wellen tragen Informationen, die sich auf unterschiedliche Arten manipulieren lassen: Der plasmonische Ozean kann Licht nicht nur absorbieren, sondern es auch streuen und Informationen darauf übertragen.

Damit lässt sich leicht erkennen, warum „Plasmonik“ ein spannendes neues Forschungsgebiet für Informationsverarbeitung und Kommunikation ist. Jedoch gibt es eine Reihe von Herausforderungen, die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Zum Beispiel ist es alles andere als einfach, Metall-Strukturen im Nano-Maßstab zu schaffen und zu manipulieren.

Genau an diesem Punkt kommt DNA-Origami ins Spiel. Die Idee ist, metallische Nanopartikel (so genannte Nanorods) mit einem DNA-Strang zu verbinden und ihn dann eine bestimmte Form einnehmen zu lassen, bei der sich die Nanopartikel an den gewünschten Stellen befinden. Mehrere Gruppen, darunter auch die von Zhou, haben mit Gold-Nanopartikeln und an DNA-Röhrchen befestigten Nanorods bereits spiralförmige Strukturen erzeugt, die anschließend zu Ringen gerollt wurden.

Weil die Spiralen nach links oder nach rechts verlaufen können, interagieren sie mit polarisiertem Licht auf unterschiedliche Weise. Dies wiederum schafft eine Möglichkeit, sie selektiv abzufragen.

Die Ringe haben sehr spezielle optische Eigenschaften, etwa die Fähigkeit, mit in der einen oder anderen Richtung polarisiertem Licht zu interagieren. Zudem können kleine Veränderungen an der Form diese Eigenschaften dramatisch verändern, weil die Nanopartikel dadurch näher an- oder auseinander liegen.

Wenn sich viele solcher Moleküle in einer Lösung befinden, lassen sich diese Veränderungen über die Analyse des sie passierenden Lichtes beobachten. So beeinflusst der pH-Wert die Struktur der Moleküle derart, dass sich auch der Brechungsindex der Lösung verändert. Auf die gleiche Weise können die Strukturen Veränderungen bei Temperatur, Ionen-Konzentration oder Magnetfeldern sowie die Präsenz von anderen magnetischen Molekülen registrieren.

Auch bloßes Licht kann die Konfiguration der Moleküle beeinflussen und sie von einer Form in eine andere umschalten. Dies führt zu „programmierbaren“ Nano-Strukturen, deren Form sich durch Beschuss mit Licht verändern lässt. Diese Moleküle haben enormes Potenzial für nanophotonische Schaltungen und logische Gatter.

Formverändernde Moleküle bringen noch weitere technische Möglichkeiten. Lebende Zellen sind gefüllt mit molekularen Maschinen, die sich entlang von Strukturen innerhalb der Zelle wie zum Beispiel Mikrotubuli bewegen können. Zu diesen Maschinen zählen molekulare Motoren wie Kinesin und Dynein.

Plasmonische Strukturen aus Gold-Nanorods können auf ähnliche Weise ihre Form verändern, sodass auch sie „gehen“ können. Tatsächlich haben Zhou und Kollegen solche plasmonischen Geher in ihrem Labor bereits gebaut und getestet. „Das System für plasmonisches Gehen bestand aus einer Spur aus zwei Schichten DNA-Origami, einem Gold-Nanorod als Geher und einem weiteren Gold-Nanorod als Stator“, erklären die Forscher.

All das sind bislang nur Machbarkeitsstudien, doch die Aussichten sind spannend. Die Vision besteht darin, dass eine neue Generation von enorm empfindlichen biologischen Sensoren und Aktuatoren entsteht, die vielleicht sogar innerhalb des Körpers arbeiten könnten. Ebenfalls denkbar sind funktionale Oberflächen und Schaltkreise mit Eigenschaften, die sich mittels Licht an- und ausschalten lassen. „Es besteht reichlich Raum für Versuche, um dieses spannende multidisziplinäre Gebiet weiter voranzubringen“, schreiben Zhou und Kollegen.

Herausforderungen gibt es reichlich. Eine besteht darin, dass DNA-Strukturen rasch zerfallen, also wird es darauf ankommen, Möglichkeiten für ihre Stabilisierung zu finden. Ebenfalls problematisch ist, dass Quanteneffekte ins Spiel kommen, wenn sich Nanopartikel und Nanorods sehr nah aneinander befinden; diese zu beschreiben, wird ebenfalls wichtig sein.

Zudem stellt sich eine spannende Frage: Die meisten der beobachteten optischen Effekte sind die Folge von Interaktionen von Licht mit Metall – könnten auch die DNA-Moleküle selbst mit Licht interagieren und wie ließe sich das dann nutzen?

Biochemiker, Physiker und Ingenieure sollten das Gebiet auf jeden Fall im Auge behalten.

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