Sprachassistent in Handarbeit

Mycroft Mark 1 ist ein kleines weißes Gerät, das aussieht wie ein Radiowecker mit Gesicht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marco Lehner

Aber es soll deutlich mehr können. Mycroft ist vergleichbar mit Alexa, dem Sprachassistenten von Amazon – allerdings in Open Source und damit zum Selbstprogrammieren. Mark 1 ist das zugehörige Gerät, also eine Alternative zum Hausspion Echo, der seine Daten an Amazon weiterleitet.

Das nötige Geld haben die Macher auf Kickstarter eingeworben. Da ich nicht zu den Unterstützern gehöre, erhalte ich nicht das fertig zusammengesetzte Gerät, sondern muss mir den Mark 1 selbst zusammenbasteln. Ich bestelle die nötigen Einzelteile: einen Raspberry Pi 3, eine USB-Soundkarte, Lautsprecher und ein Mikrophon. Im Mark 1 stecken laut den Herstellern die gleichen Komponenten.

Das Betriebssystem inklusive des Sprachassistenten Mycroft ist als freier Download von der Webseite verfügbar. Ich muss es nicht einmal installieren, sondern einfach auf die SD-Karte kopieren und die Hardware zusammenstecken. Ich boote und Mycroft begrüßt mich: "Connect to the network Mycroft with password M – Y – C – R – O – F – T – 1", rasselt er mir entgegen. Die Stimme wirkt künstlicher als von Alexa und Siri gewohnt. Die Entwickler von Mycroft arbeiten aber gerade daran, diese natürlicher zu machen.

Ich verbinde mich mit dem Netzwerk und teile ihm die Zugangsdaten für das WLAN mit. Nachdem sich Mycroft mit dem Internet verbunden hat, nennt er mir einen Pairing-Code, den ich auf der Homepage eintrage. Dort gebe ich meinem Gerät einen Namen und trage meinen Standort ein. Diesen braucht Mycroft, um mir die aktuelle Zeit und das Wetter zu sagen. Das alles geht erstaunlich einfach für ein Open-Source-Projekt. Die Macher haben sich größte Mühe gegeben, Mycroft auch für Menschen ohne Programmiererfahrung zugänglich zu machen. Alles spielt sich auf einer sehr intuitiven Weboberfläche oder über Sprache ab.

Mit dem Betriebssystem bringt Mycroft 16 verschiedene Skills mit. So kann er mir auf Zuruf – "Hey Mycroft!" – nicht nur Zeit und Wetter sagen, sondern auch die Nachrichten vorlesen, mich an Termine erinnern, mir einen Wecker stellen. Wenn er nicht mehr weiter weiß, schickt er die Anfrage an die Suchmaschine WolframAlpha, um eine Antwort zu bekommen. Die erkannten Anfragen werden über die Server des Herstellers in den USA geleitet. Welche Daten die Firma speichert, kann man selbst angeben. Es ist laut Mycroft auch möglich, "mit einigen Tweaks" einen eigenen Server zu betreiben.

Auf einem Raspberry Pi ist Mycroft nicht der schnellste. Der Bestätigungston, nachdem ich "Hey Mycroft!" sage, kommt zwar sofort – auf die weitere Antwort muss ich jedoch bis zu 30 Sekunden lang warten. Als ich Mycroft auf meinem Linux-Rechner installiere, reagiert er bedeutend fixer.

Neben den 16 Start-Skills hat die Community mittlerweile über 50 weitere entwickelt. Doch hier hört es mit der Einsteigerfreundlichkeit schnell auf. Zum einen können sie derzeit nur über das Tool Git geklont werden – dafür muss man wissen, wie man mit der Konsole arbeitet. Zudem produzieren einige der Skills Error-Meldungen, andere machen einfach gar nichts.

Vor diesem Hintergrund ist der Preis des Mark 1 vergleichsweise hoch. Er kostet derzeit 179 Dollar, was in etwa dem Preis des Amazon Echos entspricht. Im Eigenbau wird man mit einem vernünftigen Mikrophon kaum unter 100 Euro kommen. Trotzdem lohnt es sich gerade für diejenigen, die bereits ein wenig Linux-Erfahrung mitbringen, sich Mycroft genauer anzuschauen. Das Projekt ist komplett Open Source, Skills können selbst mit wenig Vorwissen in Python programmiert werden.

Produkt: Mark 1 bzw. Picroft
Hersteller: Mycroft AI, Inc.
Preis: 179 Dollar

(bsc)