Dem Projekt "Astronautin" fehlt das Geld

Nach Alexander Gerst soll endlich eine deutsche Frau ins All fliegen. Das will das Projekt «Astronautin» erreichen. Bleibt es bei dem Traum?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 166 Kommentare lesen
Dem Projekt "Astronautin" fehlt das Geld

(Bild: "Die Astronautin")

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Irena Güttel
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Wenn "Astro_Alex" wieder ins All fliegt, werden ihm neben vielen Raumfahrtfans auch "astro_insa" und "astrosuzanna" auf Twitter folgen. Wie der Astronaut Alexander Gerst wollen auch die Meteorologin Insa Thiele-Eich und die Astrophysikerin Suzanna Randall zur Internationalen Raumstation ISS – und zwar als erste deutsche Frau. Das ist das Ziel der privaten Initiative "Astronautin". Ob das klappt, steht noch in den Sternen. Das Projekt bekommt viel Zuspruch aus Politik und Raumfahrtbranche, aber noch zu wenige Spenden.

2020 soll entweder Thiele-Eich oder Randall zur einer mehrtägigen Mission auf der ISS starten. Etwa 50 Millionen Euro sollen Ausbildung und Flug kosten. Der Großteil davon fehle noch, sagte die Bremer Raumfahrtmanagerin Claudia Kessler, die das Projekt gegründet hat. Fast 69.000 Euro konnte sie über Crowdfunding im Internet einsammeln. Doch diese Summe ist inzwischen aufgebraucht. Kessler will mit dem Projekt mehr Frauen und Mädchen für Technik und Naturwissenschaften begeistern. "Was wir brauchen sind Rollenvorbilder. Das ist das A und O", sagte sie.

Elf deutsche Männer waren bisher im Weltraum, aber noch nie eine Frau. Die Ausbildung der von der Europäischen Raumfahrtagentur ausgewählten Astronauten bezahlen die Steuerzahler. Auf die Auswahl der ESA will sich Kessler allein nicht verlassen. Bei der letzten hat es mit der Italienerin Samantha Cristoforetti nur eine Frau ins sechsköpfige europäische Astronautenteam geschafft. Unter den etwa 8000 Bewerbern seien aber auch nur 16 Prozent Frauen gewesen, betonte der frühere Astronaut und heutige ESA-Berater Thomas Reiter. Genau so hoch sei der Anteil in der Auswahl.

ISS-Bilder von Samantha Cristoforetti (16 Bilder)

Star Trek geht immer, aber vor allem natürlich in einer Raumstation
(Bild: ESA/NASA)


Der Grund: Wer zu den Sternen reisen will, muss Natur- oder Ingenieurwissenschaften studiert haben oder Kampfpilot sein – alles Berufe, in denen es mehr Männer gibt. Trotzdem bewarben sich rund 400 Frauen bei der Initiative "Astronautin". In der Jury saß auch die damalige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), die das Projekt als "ganz großartig" lobte. Finanziell beteiligt sich das Ministerium daran aber nicht. Unterstützung gebe es ausschließlich für das europäische Astronautenkorps, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Die Wahl fiel vor einem Jahr schließlich auf Thiele-Eich und die Eurofighter-Pilotin Nicola Baumann. Letztere stieg im Dezember überraschend aus. Randall rückte nach. Einen Rückschlag sieht Kessler darin nicht. Und auch am Zeitplan will sie bisher nicht rütteln. "Wir haben die Trainingspläne vorliegen und könnten jederzeit anfangen", sagte sie. Doch langsam wird die Zeit knapp. Spätestens 18 Monate vor dem Abflug müsste die Ausbildung der beiden Kandidatinnen starten.

Beide haben bereits erste Parabelflüge absolviert, um sich auf die Schwerelosigkeit vorzubereiten. "Es ist ein geiles Gefühl", sagte Randall in einem Youtube-Video, das im März entstanden ist. Demnächst werden sie und Thiele-Eich in die USA reisen, um sich dort über die Flugmöglichkeiten zur ISS zu informieren. Die meiste Zeit verbringen die beiden zurzeit aber mit Vorträgen in Schulen und auf Konferenzen, wo sie ihr Projekt vorstellen.

"In den letzten zwei Jahren haben wir irre was erreicht", sagte Kessler. Bei den üblichen Branchentreffs würden seitdem zunehmend Frauen auftreten. "Doch damit können wir uns nicht zufrieden geben." Einen Schub erhofft sich Kessler durch Alexander Gersts zweite Mission auf der ISS. "Das Thema Raumfahrt rückt dadurch mehr in den Vordergrund." Bis Anfang Oktober hat Kessler sich eine Frist gesetzt. Dann kommt die Branche auf dem weltweit größten Raumfahrtkongress in Bremen zusammen. Bis dahin soll feststehen, wie es weitergeht. (mho)