Facebook-Entwicklerkonferenz F8: "Künstliche Intelligenz als Grundlage von allem"

Am zweiten Tag der Entwicklerkonferenz F8 wagte Facebooks Chief Technology Officer einen Blick in die Zukunft des Unternehmens: Die soll schwerpunktmäßig den Themengebieten KI, Konnektivität und VR/AR gehören.

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Facebook forscht

Was vorher nur "Essen" war, ist jetzt ein "Apfelkuchen".

(Bild: heise online / Roland Austinat)

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Von
  • Roland Austinat
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KI, Konnektivität und AR/VR – das sind die großen Themen, die Facebook in den nächsten zehn Jahren immer stärker angehen will. Diese Information ist nicht neu: Schon auf der Entwicklerkonferenz vor zwei Jahren hatte Mark Zuckerberg die Firmen-Roadmap das erste Mal vorgestellt. Auf der diesjährigen F8 fasste nun Mike Schroepfer den aktuellen Stand der Forschung in den drei Gebieten zusammen. Schroepfer ist Chief Technology Officer des Unternehmens.

"KI bildet die Grundlage von allem, was wir tun", sagte Mike Schroepfer. Künstliche Intelligenz helfe dabei, Produkte zu verbessern, neue Erfahrungen einzuführen und dabei die Sicherheit der Benutzer zu erhöhen. Schon heute entfernen ausgeklügelte KI-Routinen mehrere Millionen Spam-Konten täglich. Und: "Im ersten Quartal des Jahres haben wir 99 Prozent aller Al-Qaida-Propagandanachrichten proaktiv und vollautomatisch geblockt, ohne dass sie uns jemand melden musste", erklärte Schroepfer.

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Neurale Netzwerke helfen auch bei der Klassifizierung von harmloseren Inhalten: Nach 2D-Analyse eines Fotos per Mask-R CNN untersucht das DensePose-Modell jetzt auch, wo sich die Bildinhalte räumlich befinden. "Nach wie vor muss das aber alles von Hand trainiert werden", gibt Mike Schroepfer zu bedenken - und das kostet Zeit. Noch komplexer sind Videos: Hier muss die KI Bild, Ton, dargestellte Personen und etwaige Bonus-Informationen wie Texteinblendungen gleichzeitig erkennen und bewerten.

Facebooks Programmierer greifen daher auf einen naheliegenden Trick zu: Sie nutzen zur Bewertung eines Fotos die Hashtags, die ein Benutzer zusammen mit dem Bild postet. Das Resultat: Statt wie vor zwei Jahren 100 Millionen kann das neurale Netz jetzt 3,5 Milliarden Bilder verarbeiten - mit über 860 Parametern, in 20.000 Kategorien und mit einer ImageNet-Genauigkeit von rund 84 Prozent. Was vorher nur "Essen" war, ist jetzt ein "Apfelkuchen"; ein "Denkmal" wird nun korrekt als "Freiheitsstatue" identifiziert.

KI, Konnektivität und AR sowie VR bilden die Forschungsschwerpunkte von Facebook.

(Bild: Roland Austinat)

Bei Bild- und Spracherkennung sowie Schlussfolgerungen bei komplexen Fragestellungen setzen die Facebook-Forscher auf Tools und Frameworks wie PyTorch, Caffe2 und das im letzten Jahr mit Microsoft, Amazon und vielen anderen Partnern aus der Taufe gehobene Format ONNX (Open Neural Network Exchange Format). Letztgenanntes hilft beim Austausch von neuralen Netzen auf unterschiedlichen Hard- und Software-Umgebungen - eine derzeit noch extrem zeitraubende Angelegenheit.

Mit dem Caffe2-Framework trifft Facebook beispielsweise über 200 Milliarden Schlussfolgerungen täglich und quer über alle Hardware-Plattformen: "Caffe2 läuft allein in diesem Saal vermutlich auf mehreren tausend Smartphones", offenbarte Mike Schroepfer. PyTorch, Caffe2 und ONNX bilden dann auch den Kern von PyTorch 1.0, Facebooks Open-Source-Bibliothek, die in den nächsten Monaten allen KI-Forschern weltweit kostenlos zur Verfügung gestellt werden soll.

Auch wenn sich Facebook im ersten Quartal dieses Jahres über 2,2 Milliarden aktive Benutzer freuen kann, ist der Konzern noch lange nicht zufrieden: "3,8 Milliarden Menschen besitzen überhaupt gar keinen Internetzugang", sagte Mike Schroepfer. Wenn die Verbindungen auf den letzten Metern nicht gegeben sind, nutzt es auch nichts, dass Facebook Datenzentren auf der ganzen Welt errichtet.

Aus nur einem Benutzerfoto lassen sich recht passable Avatare generieren.

(Bild: Roland Austinat)

Deshalb kooperiert das Unternehmen beispielsweise in Uganda mit lokalen Anbietern, um über drei Millionen Menschen Glasfaser-Anschlüsse zu bieten. Ähnliche Projekte laufen in Peru und im Regenwald. All dies, so betont Facebook immer wieder, sei kein Monetarisierungsprojekt. Stattdessen will die Firma dabei helfen, Menschen weltweit enger zu verbinden.

Solche Projekte laufen auch in unserer Hemisphäre: Zusammen mit dem WiFi-Anbieter Terragraph findet derzeit im kalifornischen San Jose der Testlauf eines 60-GHz-Point-to-Point-Netzwerks statt, das schneller als ein regulärer Internetanschluss sein soll. Als nächsten Einsatzort haben Facebook und Terragraph bereits Ungarn und Kuala Lumpur im Visier.

Dritter Forschungsschwerpunkt bei Oculus: Virtual und Augmented Reality. Das erstmals auf der Oculus Connect 2016 vorgestellte kabellose VR-Headset Project Santa Cruz ist nach Mike Schroepfer derzeit bereits bei zahlreichen externen Entwicklern im Einsatz. Auch gelingt es den Facebook-Entwicklern inzwischen, aus nur einem einzigen Foto eines VR-Benutzers einen ihm ähnelnden VR-Avatar zu generieren, der dank KI lippensynchron in dessen Muttersprache plaudert.

Doch bis zum Holodeck ist es noch immer ein weiter Weg: Schafft ein menschliches Auge eine Punktdichte von 120 Pixel/Grad, meistert ein VR-Display gerade einmal 15 Pixel/Grad. Umfasst das menschliche Gesichtsfeld von 220 bis zu 330 Grad, ist beim Headset in der Regel bei 90 bis 100 Grad Feierabend. Und kann das Auge von 25 Zentimetern bis unendlich fokussieren, besitzen VR-Headsets einen festen Schärfebereich von zwei Metern.

Linsen, die sich im Headset vor- und zurückbewegen, sollen beim Fokussieren nahegelegener Objekte helfen.

(Bild: Roland Austinat)

Zumindest für das letztgenannte Problem zeichnet sich eine Lösung ab: Maria Fernandez Guajardo, Produktmanager Oculus Core Technology, zeigte kurz einen Prototyp eines VR-Headsets, dessen Linsen sich wie bei einem Kameraobjektiv je nach fokussiertem Objekt automatisch verschieben können. Diese Linsen würden platztechnisch sogar in ein reguläres Headset passen. Wann VR-Fans mit einer Serienfertigung rechnen dürfen, verriet sie hingegen nicht. (dbe)