Telemedizin: Ärztetag gibt Weg frei für ausschließliche Fernbehandlung

Wie erwartet hat sich der Deutsche Ärztetag in Erfurt mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass Patienten künftig auch ausschließlich aus der Ferne behandelt werden können. Der persönliche Kontakt bleibe aber der "Goldstandard".

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Telemedizin: Ärztetag gibt Weg für ausschließliche Fernbehandlung per Chat und Video frei

(Bild: Billion Photos/Shutterstock.com)

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Der Deutsche Ärztetag hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, Telemedizin zu liberalisieren, damit der Kontakt zwischen Ärzten und Patienten künftig auch ausschließlich aus der Ferne erfolgen kann. Bislang hatte das Fernbehandlungsverbot besagt, dass Ärzte neue Patienten nur nach persönlichem Gespräch behandeln dürfen – ein erstes persönliches Gespräch ist also zwingend. Die Musterberufsordnung legt nun fest, dass eine ausschließliche Behandlung über Kommunikationsmedien im Einzelfall erlaubt ist, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche Sorgfalt gewahrt wird. Um gültig zu sein, muss sie erst noch in die Berufsordnungen der Landesärztekammern übernommen werden.

Die Neuregelung war im vergangenen Jahr vom Ärztetag gefordert worden und hatte sich bereits angekündigt. "Wir wollen und müssen diesen Prozess gestalten und dieses Feld mit unserer ärztlichen Kompetenz besetzen", sagte Josef Mischo, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer auf dem Ärztetag in Erfurt. Gleichzeitig versicherte er, "der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt stellt weiterhin den `Goldstandard` ärztlichen Handelns dar". Die Fernbehandlung dürfe nicht die notwendige persönliche Zuwendung von Ärztinnen und Ärzten ersetzen. Die Technik solle die Arbeit der Ärzte also unterstützen, nicht ersetzen.

Wie entsprechende Angebote angenommen werden, muss sich nun zeigen – und auch, wie Startups und IT-Konzerne von der Freigabe profitieren können. In vielen ländlichen Regionen Deutschlands nähert sich die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte aktuell dem Pensionsalter, Telemedizin könnte ein geeignetes Mittel sein, die Auswirkungen des in wenigen Jahren zu erwartenden Ärztemangels abzumildern. Der Markt ist im Ausland bereits stark umkämpft und das deutsche Gesundheitssystem ist sehr komplex. Außerdem muss sich noch zeigen, ob und inwieweit die Patienten in Deutschland willig sind, Krankheits- und Gesundheitsdaten mit großen IT-Konzernen zu teilen, die telemedizinische Dienste anbieten. (mho)