Digitale Grabpflege

Was geschieht mit unserem Online-Leben, wenn wir sterben? Das Start-up von Annette Adamska sorgt sich um den digitalen Nachlass.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Erin Winick
Inhaltsverzeichnis

Als ihre Mutter einen schweren Unfall hatte, der zu einer Querschnittslähmung führte, wurde Annette Adamska klar, wie wenig sie doch über sie wusste. Adamska war nicht klar, wie ihre Mutter ihre Konten und Online-Accounts regelte – und ihre Passwörter waren versteckt, in Code in einem Papierjournal notiert. Die beiden hatten nur wenige Monate Zeit, miteinander zu sprechen und die Dinge zu regeln, bevor Adamskas Mutter schließlich verstarb. Und doch blieben viele Fragen.

Diese Erfahrung führte dazu, dass Adamska aus ihrem Hintergrund als professionelle Organisationshilfe ein eigenes Start-up machte. Die Firma nennt sich Back Up Your Life und ist darauf spezialisiert, Menschen auf den Tag vorzubereiten, an dem sie nicht mehr für sich selbst sprechen können – und das insbesondere in Bezug auf ihr digitales Leben, das für nahezu jeden von uns mittlerweile eine enorme Bedeutung angenommen hat.

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Die Dienstleistungen von Back Up Your Life sind vielfältig. So gibt es einen Konversationsleitfaden, der dazu dient, herauszufinden, was der Klient oder die Klientin dokumentiert, gespeichert und mit anderen Menschen geteilt haben will. "Wenn Sie ein Autor sind, wo haben Sie Ihre Schriftstücke abgelegt? Was, wenn Sie Abonnements abgeschlossen haben oder Einzugsermächtigungen laufen?", erklärt Adamska. "Wenn man seine Lebensmittel von einem Kochboxenanbieter bekommt, kämen die auch dann noch jede Woche, wenn man verstorben ist."

Die Start-up-Frau hat Pläne erstellt, mit denen sich all diese Dinge klären lassen. Dazu gehören die Zugänge zu sozialen Medien ebenso wie Online-Mitgliedschaften, Passwort-Tresore (oder andere Lagerstätten für Zugänge, siehe oben), sich wiederholende Zahlungsverpflichtungen, kreative Arbeiten und vieles mehr. Genauso wichtig ist es Adamska, dass andere Menschen im Umfeld ihrer Klienten wissen, wie sich auf diese Informationen zugreifen lässt und wie mit ihnen verfahren werden soll, wenn ein Mensch stirbt.

Dinge, die eher klein wirken und im Alltag ohne große Konsequenzen bleiben, können später zu Problemen führen. Ein Profil bei Facebook oder Twitter eines Verstorbenen, das nicht gelöscht wurde, kann bei den überlebenden Familienmitgliedern viel Gram auslösen, wenn sie glaubten, sie hätten mit der Trauer bereits abgeschlossen. "Dieser Prozess lässt sich nicht einfacher machen, aber es gibt sicher Dinge, die ihn erschweren", sagt Adamska. "Wollen Sie denn wirklich, dass Ihre Angehörigen noch eine Geburtstagserinnerung von Facebook erhalten, wenn Sie bereits tot sind?"

Back Up Your Life ist nur eine von vielen jungen Firmen dieser Art, viele spezialisieren sich allerdings auf Menschen, die bereits kurz vor dem Ende ihres Lebens stehen. Die meisten Kundinnen und Kunden von Adamska stehen dagegen noch in der Mitte ihres Lebens, sind in ihren Dreißigern oder Vierzigern.

Sie wolle sich darauf konzentrieren, dass die Menschen ihr Leben mehr im Frieden führen können und auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Sich enorm abhetzen zu müssen, alle Dinge zu regeln, wie das bei ihrer Mutter war, will sie für ihre Klienten vermeiden. "Kern meiner Arbeit ist, dass ich nicht will, dass die Menschen das durchmachen müssen, was ich durchmachen musste", sagt sie.

(bsc)