Post aus Japan: Wäschetrocknung, vollvernetzt

Das vernetzte Heim naht in großen Schritten. Nippons Firmen nehmen sich inzwischen sogar die Zeit, hochtechnisierte Lösungen für Nischenprobleme zu entwickeln.

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Von
  • Martin Kölling

Es gibt Probleme in Japan, um die sich kein westlicher Hightechkonzern je kümmern würde, japanische Firmen allerdings schon. Eines wäre sicherlich das Trocknen von Wäsche in der Regenzeit oder an normalen Regentagen. Der Balkon verliert an solchen Tagen seine Hauptfunktion. Als Alternative hängen viele japanische Hausfrauen und die wenigen Hausmänner die Wäsche nicht etwa in der luftigen Wohnung, sondern in ihren meist mit Plastikwänden ausgekleideten Badezimmern auf. Der Grund ist simpel: Erstens stört die Wäsche in den oft engen Wohnungen dort nicht. Zweitens verfügen die Einbaubäder über eine Klimaanlage, die entweder heizt, kühlt oder – und dies ist in diesem Fall entscheidend – die Luft trocknet.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Die strombetriebene Trocknung hat den Vorteil, dass die Wäsche auch an schwülen oder kalten Tagen gleichermaßen schnell trocknet. Der Nachteil sind allerdings die hohen Stromkosten dieser Methode, besonders für Berufstätige. Während sie in der Firma sind, können sie ja den Trockner nicht ausschalten. Eine Tochtergesellschaft des Technikkonzerns Toshiba schickt sich nun an, dieses Problem mit vernetzter Hightech zu lösen.

Das Unternehmen hat einen Sensor entwickelt, der anhand des Stromwiderstands die Feuchtigkeit des Wäschestücks misst. Die Messgeräte werden dazu an den unteren Saum der Wäschestücke geklammmert, die Daten über das Internet und eine App auf Handys oder Computer übertragen. Die Nutzer können dann per Fernbefehl den Lufttrockner abstellen und Strom sparen, wenn die Steuerungseinheit des Badezimmers denn mit dem Internet verbunden wäre. Das ist sie meist noch nicht. Aber das kann und wird wahrscheinlich bald noch kommen.

Besonders fasziniert mich die Entstehungsgeschichte der Idee. Toshiba Information Systems wollte eigentlich ein weiteres Gesundheitsprodukt entwickeln. Der Konzern hat nämlich die Vorbeugung gegen Hitzschläge als Geschäftsidee entdeckt. Unter den Lösungen war auch ein Feuchtigkeitssensor fürs Bad. Denn besonders im Winter erleiden viele Japaner Kreislaufprobleme, wenn sie aus heizungslosen und daher kalten Zimmern in die feuchtheißen Bäder gehen, wo schon die heiße Badewanne verlockend wartet.

Der Sensor, so der erste Gedanke, sollte die Menschen über die Gefahr informieren. Aber in Gesprächen mit den Badezimmerherstellern stellten die Ingenieure fest, dass ihr angedachter Markt wohl keiner war. Aber sie wurden auf die Zweitnutzung des Bads als Trockenkammer aufmerksam gemacht. Im nächsten Schritt wollen sie doch tatsächlich den Markt testen.

Ein Blick auf den Sensor lässt mich allerdings daran zweifeln, dass diese Idee in dieser Form je ein Kassenhit wird. Die Sensoren, Batterien und Sender sind nicht etwa in eine kleine Wäscheklammer gepackt, sondern ein recht großes Gerät mit Kaninchenohren und -gesicht. Das ist süß, aber unhandlich und bestimmt auch zu teuer, wenn man alle Kleidungsstücke an der Leine vernetzt.

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