7. No-Spy-Konferenz: Kritik am Internet der spionierenden Dinge

Die 7. No-Spy Konferenz tagt in Stuttgart und bietet Tools und Ideen gegen den Überwachungsstaat – und eine Warnung vor Innovation als Selbstzweck.

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7. No-Spy-Konferenz: Tools und Ideen gegen den Überwachungsstaat
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Zum Auftakt der 7. No-Spy Konferenz in Stuttgart äußerte sich der Gründer der Free Software Foundation, Richard Stallmann, zum Thema Innovation: Sie sei ein "dummes Ziel", wenn sie nicht von Werten getrieben sei. Wer Skepsis gegenüber dem Internet der Dinge, Künstlicher Intelligenz und anderen gehypten Entwicklungen schlicht als "innovationsfeindlich" abtue, sollte seine Prioritäten überprüfen, sagte Stallmann.

Per Liveschaltung nach Barcelona präsentierte Stallmann den Teilnehmern der Konferenz eine Überwachungs-Gesamtrechnung. Längst könnten technische Tools den Bürger nicht mehr gegen eine Rundumüberwachung schützen. "Wir brauchen vor allem politische und gesetzgeberische Lösungen für das Problem", sagte Stallmann auf Nachfrage von heise online.

Der Schutz, den freie und quelloffene Software biete, sichere zwar das eigene Gerät. Das nutze aber wenig gegen die Schritt für Schritt ausgebaute Überwachungsinfrastruktur, die Lokationsdaten mittels Handyprofilen, über die beim Fahren oder Parken erfassten Autokennzeichen oder per Videoüberwachung anhäufe. In Boston, berichtete Stallmann, sende inzwischen die innovative Wasseruhr jedes Haushaltes standardmäßig alle halbe Stunde den aktuellen Verbrauchswert. "Warum reicht nicht zweimal am Tag plus eine Warnmeldung im Fall von Auffälligkeiten?", fragte er.

Das Internet der Dinge sollte besser das Internet kleiner Spione und Werbevermarkter heißen, findet der Aktivist und Programmierer. Eine Regulierung, wie einmal erhobene persönliche Daten genutzt werden, reicht dabei seiner Ansicht nach nicht aus. Die Datenschutzgrundverordnung greife noch viel zu kurz.

Schon gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) muss sich die Politik bittere Klagen anhören, sagte Saskia Esken, Mitglied im Innenausschuss des Deutschen Bundestags. Die Klagen, Blogs müssten schließen, kleine Unternehmen würden überlastet und Einhörner verschwänden, mag die SPD-Abgeordnete nicht mehr hören.

Die DSGVO ist kein Grund zur Panik, aber "ein guter Anlass, aufzuräumen“, sagte Esken. Auch kleine Webseiten täten gut daran, sich die Funktionsweisen des gerne eingesetzten Google Analytics klar zu machen. Esken räumte gleichzeitig ein, die Politik habe geschlafen. Nicht nur habe die Politik selbst "nicht aufgeräumt". Sie habe auch zu wenig Angebote auf den Weg gebracht, um Unternehmen in der Umsetzung zu beraten.

Gleichzeitig warb Esken für den raschen Abschluss der Novellierung der ePrivacy-Richtlinie. Den Warnungen, dass diese das Ende personalisierter Werbung im Verlagswesen und damit zugleich das Ende der freien Presse bedeute, hielt sie entgegen, viele Nutzer empfänden personalisierte Werbung als bedrohlich. Sie empfahl, über eine öffentlich-rechtliche Finanzierung von Qualitätsjournalismus nachzudenken. (tiw)