Highspeed-LTE unter Tage: WM-Streams in der Hamburger U-Bahn

Fahrgäste der Hamburger Hochbahn surfen nun mit bis zu 78 Mbit/s mobil im Internet. Der technische Aufwand, der dahinter steht, ist nicht ohne.

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Highspeed-LTE unter Tage: WM-Streams in der Hamburger U-Bahn

Auch unter der Hamburger City surft es sich mit bis zu 78 Mbit/s.

(Bild: Telefonica)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel

Trotz ihres widersprüchlichen Namens besitzt die Hamburger Hochbahn rund 45 unterirdische Bahnhöfe und ordentlich Tunnelstrecken im Innenstadt-Bereich auf allen vier ihrer Linien. Fahrgäste im Hamburger Verkehrsverbund HVV können auch unter Tage seit einiger Zeit dank LTE-Netz schnell im Internet surfen, auch zwischen den Bahnhöfen. Wie das technisch funktioniert, zeigte uns der Netzbetreiber O2, der kürzlich als Projektleiter den Ausbau des unterirdischen LTE-Netzes für alle drei Netzbetreiber abgeschlossen hat.

LTE im Hamburger Untergrund (8 Bilder)

Schnelles mobiles Internet im Bahnsteig und am Zug: Wir machen den Test im Hamburger Untergrund. (Bild: Telefonica)

Versorgt wird der unterirdische Bereich der Hochbahn aus vier Betriebsräumen, der größte davon am Jungfernstieg, im Herzen der Hamburger Innenstadt direkt an der Alster. Hier stehen die Mobilfunk-Basisstationen der Netzbetreiber – baugleich mit den Anlagen, wie man sie auf Dächern überall in der Republik findet. Anstatt das Hochfrequenz-Signal allerdings direkt an Antennen anzulegen, wird es erst einmal unter Erzeugung von nicht unbeträchtlicher Abwärme analog auf Glasfaser übertragen. Per Glasfaser gelangt das Signal an die unterirdischen Bahnsteige und in die Tunnel. Bis zu 15 Kilometer sind die zum Teil mit Repeatern bestückten Glasfaser-Strecken dabei lang.

Besonders in den U-Bahn-Tunneln ist nämlich oft kein Platz für die Basisstationen. Stattdessen stehen hier viel kompaktere Wandler, die die Hochfrequenzsignale von der Glasfaser zurück auf Koaxkabel wandeln. An den Bahnsteigen münden diese in Antennen. Um die Fahrgäste in Zügen zwischen den Stationen zu versorgen, sind in den Tunneln Schlitzkabel verlegt. Schon 2006 zur WM in Deutschland hatte E-Plus über diese Kabel die Tunnel mit UMTS versorgt. Im Zuge des Zusammenschlusses der O2- und E-Plus-Netze hat der O2-Mutterkonzern Telefónica nun auch unter Tage die Vereinigung beider Netze vollzogen und bietet seinen Kunden jetzt LTE-Geschwindigkeiten in der U-Bahn.

Bei unseren Tests erreichten wir Datenraten von 50 bis 78 Mbit/s, mit gelegentlichen Einbrüchen bei höherer Handy-Dichte im U-Bahn-Wagen. Genug, um WM-Streams live in HD-Qualität im Hamburger Untergrund zu verfolgen. Der Aufwand, der dafür betrieben wurde, ist erheblich. Die Verlegung der Schlitzkabel kann nur nach Sperrung der Tunnel erfolgen, denn die faustdicken Koaxkabel müssen mit Montage-Zügen in die Tunnel verbracht werden. Selbst in den nächtlichen Betriebspausen der Hochbahn stehen dafür nur zwei oder drei Stunden mitten in der Nacht zur Verfügung. Auch die Anforderungen an die Kapazitäten des Netzes sind nicht ohne: In der Rush Hour steigt die Anzahl der Smartphones in den Tunneln rasant auf ein Vielfaches der Nutzer an. Zusätzlich werden die meisten Kapazitäten morgens stadteinwärts und abends stadtauswärts benötigt.

Mit dem Ausbau der U4 von der Hafen City zur neuen Station Elbbrücken, die noch in diesem Jahr eröffnet werden soll, haben die O2-Techniker nun das komplette 44 Kilometer lange unterirdische Hochbahn-Netz mit LTE im Ferquenzband 1800 MHz versorgt. Das Frequenzband 2600 MHz kommt zusätzlich an den Bahnsteigen zum Einsatz. Dem Streamen von WM-Spielen, der Lieblings-Netflix-Serie oder der neuesten Video-Meme – ganz zum Leidwesen der anderen Fahrgäste – steht nun also auch auf den unterirdischen Strecken der Hochbahn nichts mehr im Wege. (fab)