4,3 Milliarden Euro: EU-Kommission verhängt Rekordstrafe gegen Google

Googles Umgang mit dem Betriebssystem Android haben dem Wettbewerb geschadet, meint Brüssel und verhängt nun eine Rekordstrafe.

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4,3 Milliarden Euro: EU-Kommission vor Rekordstrafe gegen Google

(Bild: mammela)

Lesezeit: 4 Min.
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Nach übereinstimmenden Medienberichten verhängt die EU-Kommission eine Rekordstrafe in Höhe von 4,3 Milliarden Euro gegen Google. Das ist noch einmal deutlich mehr als die bisher höchste verhängte Geldstrafe von 2,4 Milliarden Euro – damals ebenfalls gegen Google.

Im aktuellen Fall geht es um das Mobilbetriebssystem Android und Googles Vorgaben an Gerätehersteller, die darauf setzen. Wie die zuständige Kommissarin Margrethe Vestager inzwischen erklärte, wird Google vorgeworfen, Android dazu verwendet zu haben, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen: "Durch diese Praktiken wurde Wettbewerbern von Google die Möglichkeit genommen, innovativ und konkurrenzfähig zu sein."

Android wird von Google entwickelt und den Smartphone-Herstellern kostenlos zur Verfügung gestellt. Die müssen aber auf ihren Geräten bestimmte Dienste des Konzerns vorinstallieren, darunter die Google-Suche und den Web-Browser Chrome. Außerdem untersagt es Google den Herstellern, Geräte mit Android zu verkaufen, wenn sie gleichzeitig auch Modelle mit abgewandelten Versionen des Betriebssystems im Angebot haben.

Daran hatte sich die EU-Kommission genauso gestört wie an den Vereinbarungen Googles mit Herstellern und Mobilfunk-Betreibern, die über einen Anteil an Werbeerlösen einen Anreiz erhielten, ausschließlich die Google-Suche auf den Geräten vorzuinstallieren.

Im April 2015 hatte die EU-Kommission ein seit 2010 laufendes Verfahren verschärft und unter anderem die Dominanz des Mobilbetriebssystems Android unter die Lupe genommen. Untersucht werden sollte, ob Google wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen oder seine Dominanz ausgenutzt hat.

Im Sommer 2017 war bereits eine Geldbuße in Höhe von 2,4 Milliarden Euro verhängt, weil das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine missbraucht hatte. Der eigene Preisvergleichsdienst war bevorzugt worden. Es war bis jetzt die höchste jemals von der EU-Kommission verhängte Geldstrafe.

Google muss die beanstandeten Praktiken nun innerhalb von 90 Tagen abstellen, erklärte die EU-Kommission inzwischen. So darf Google seine Apps nicht mehr in rechtswidriger Weise bündeln, also nicht mehr verlangen, dass bei einer Lizenzierung des Google Play Stores immer die Google-Suche und der Chrome Browser vorinstalliert werden.

Außerdem muss Google die Praxis einstellen, Herstellern finanzielle Anreize zu gewähren, wenn die ausschließlich die Google-Suche vorinstallierten. Außerdem darf Google Hersteller von Mobilgeräten nicht mehr an der Nutzung jeglicher alternativer Android-Versionen hindern (Android-Forks). Sollte der US-Konzern dem nicht nachkommen, drohen Zwangsgelder von bis zu 5 % des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google.

Wie Vestager erläuterte, bezieht sich die EU-Kommission unter anderem auf Analysen denen zufolge 2016 auf Android-Geräten über 95 Prozent aller Internet-Suchanfragen über Google erfolgten. Auf Geräten mit Windows Mobile, ohne vorinstallierte Google-Apps, liefen demnach weniger als 25 Prozent über die Google Suche. Nutzer würden einfach die Apps benutzen, die sie auf ihren Geräten vorfinden.

Googles Vorgabe, dass Hersteller nur Android-Geräte anbieten dürfen, wenn sie keine mit einem der Ableger verkaufen, habe etwa der Alternative "Fire OS" geschadet. Eine Reihe von großen Herstellern sei dadurch davon abgehalten worden, eigene Geräte mit dem Betriebssystem von Amazon zu entwickeln und ins Sortiment zu nehmen.

Googles Argument, dass die EU-Kommission vor allem Apple nicht angemessen als Konkurrenten analysiert habe, wies Vestager zurück. Sowohl iOS von Apple als auch andere Betriebssysteme wie etwa von Blackberry seien für Hersteller nicht lizenzierbar und stünden deswegen nicht in direkter Konkurrenz. Außerdem hätten diese Smartphone-Alternativen Googles Position gegenüber den Herstellern nicht geschwächt oder beeinflusst.

[Update 18.07.2018 13.20 Uhr]: Angaben zu den Vorwürfen und den nun erteilten Vorgaben ergänzt.

[Update 18.07.2018 13:40]: Google wird die Wettbewerbstrafe der EU-Kommission anfechten. Das kündigte ein Google-Sprecher in Brüssel an.

Kartellstrafen gehen generell in den EU-Haushalt ein und senken dadurch die zu zahlenden Beiträge der EU-Mitgliedsstaaten anteilig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung der EU-Gerichte über die Kartell-Entscheidung der EU-Kommission wird die Geldstrafe als Banksicherheit hinterlegt und gilt damit als bezahlt; erst nach dem rechtskräftigen Urteil kann sie aber im EU-Haushalt verbucht werden. (mho)