Kopierschutz Denuvo und schlechte Spielebewertungen: Rächen sich die Piraten?

Spiele mit dem Kopierschutz Denuvo bekommen schlechtere Nutzerwertungen. Laut einer Studie sind daran rachsüchtige Software-Piraten schuld.

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Studie zu negativen Spiele-Bewertungen wegen Denuvo: Rächen sich die Piraten?

Assassin's Creed Origins ist eines der Videospiele, die auf dem PC mit Denuvo geschützt werden. Auf Metacritic schneidet die PC-Fassung im Vergleich zur Konsolenversion 0,5 Punkte schlechter ab.

(Bild: Ubisoft)

Lesezeit: 4 Min.

Spiele, die mit dem als schwer knackbar geltendem Kopierschutz-System Denuvo gegen Sofware-Piraterie geschützt werden, bekommen auf Metacritic schlechtere Nutzerbewertungen als ihre ungeschützten Konsolen-Pendants. Das beschreibt der Forscher Zike Cao von der Erasmus Universität Rotterdam in einer aktuellen Studie.

Cao ist es gelungen, den Denuvo-Malus zu quantifizieren, indem er sich zahlreiche Denuvo-Spiele auf dem PC angeschaut hat und die Nutzerwertungen mit den Denuvo-freien Konsolenversionen der gleichen Spiele verglichen hat. Demnach schneiden PC-Spiele mit Denuvo bei Metacritic durchschnittlich auf der Skala von 0-10 zwischen 0,5 und 0,9 Punkten schlechter ab als ihre Konsolenfassungen.

Denuvo ist eine Anti-Tamper-Technik, die die Schutzmechanismen von Spiele-Service-Clients wie Steam, Origin oder uPlay absichert. Denuvo implementiert dazu an zufälligen Stellen des Spiele-Programmcodes Prüfabfragen. Die Software ist unter Gamern unbeliebt, teilweise werden ihr negative Auswirkungen auf das Spielgeschehen wie Performance-Probleme nachgesagt. Die Entwickler von Denuvo streiten jegliche merkbare Auswirkungen ab. Zu den mit Denuvo geschützten Spielen zählen unter anderem Assassin's Creed Origins, Far Cry 5, Star Wars Battlefront 1 und 2 sowie FIFA 18. Die Liste ist recht lang.

Far Cry 5 (12 Bilder)

(Bild: Ubisoft)

Cao glaubt zumindest nicht, dass die von vielen vermuteten negativen Auswirkungen auf Spiele wirklich die Ursache für die Diskrepanz in den Wertungen sind. In diesem Fall, schreibt er im Paper zur Studie, müssten die mit Denuvo ausgestatteten PC-Versionen ja bei den professionellen Spiele-Testern auch schlechter abschneiden. Seine Auswertung zeige aber, dass das nicht der Fall ist. Metacritic führt separate Wertungen von Spiele-Magazinen und Nutzern.

Cao sieht stattdessen frustrierte Software-Piraten als Grund für die negativeren Bewertungen. Die Piraten könnten aus Ärger darüber, dass Denuvo den Release einer gecrackten, also kostenlos spielbaren, Version verhindert, die Wertungen der Titel "sabotieren". Auf diese Weise wollen sie laut Cao dem Spiel schaden.

Diese These wird durch mehrere Statistiken untermauert: Dem Forscher ist aufgefallen, dass die PC-Versionen von Denuvo-Spielen besonders häufig mit 0 oder 1 Punkt bewertet werden – militante Negativ-Ratings also, die die Qualität eines Spiels nicht glaubhaft widerspiegeln. In den schriftlichen Kommentaren zu diesen Bewertungen sei oft das Wort "Denuvo" aufgetreten.

Außerdem fiel die Wertungs-Diskrepanz bei älteren Titeln stärker aus als bei neuen. Denuvo ist eine starke Kopierschutzmaßnahme – frühe Versionen galten eine Weile als "unknackbar". Inzwischen haben Cracker-Gruppen aber einen Weg gefunden, das System recht zügig zu umgehen. Entsprechend ergibt es Sinn, dass die Spiele, die längere Zeit ungeknackt blieben, mehr "Rache-Bewertungen" provozierten.

Für die Entwickler sei dieses Ergebnis eine Warnung, schreibt Cao. Zwar könnten sie ihr Spiel mit Denuvo zumindest eine Weile vor Software-Piraten beschützen, dafür riskierten sie allerdings negativere Produktbewertungen. Diese Ratings sind in der Spielebranche wichtig, gerade die auf Metacritic, weil sie oft die erste Anlaufstelle für Interessenten sind. Es kann sogar vorkommen, dass ein Publisher den Entwicklern abhängig von den Metacritic-Wertungen einen Bonus verspricht.

Gerade Nutzer-Bewertungen von Videospielen sind enorm unzuverlässig – ein Problem, mit dem neben Metacritic etwa auch Steam zu kämpfen hat. Das Phänomen nennt sich Review Bombing: Wenn einem etwas nicht passt – in der Vergangenheit waren das zum Beispiel die Aussage eines Entwicklers auf Twitter, eine Geschäftsentscheidung des Publishers bei einem anderen Spiel oder ein Twist mit einem bekannten Youtuber – fluten aufgeregte Gamer gerne mal die relevanten Review-Seiten mit Negativ-Wertungen. Mit der Qualität eines Titels hat das oft nur wenig zu tun. (dahe)