Regierungskommission soll wettbewerbsfähige Datenwirtschaft fördern

Das Wirtschaftsministerium hat die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 eingesetzt, die Regulierungsempfehlungen zu Online-Giganten auch für die EU erarbeiten soll.

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Regierungskommission soll wettbewerbsfähige Datenwirtschaft fördern
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Nach der Datenethik-Kommission und der Enquete-Kommission für Künstliche Intelligenz (KI) kommt die Kommission "Wettbewerbsrecht 4.0". Das Expertengremium aus neun Wissenschaftlern und drei Bundestagsabgeordneten hat das Bundeswirtschaftsministerium jetzt bestellt. Die weitere Runde soll laut dem Einsetzungsbeschluss "vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung und Digitalisierung als rechtspolitische Plattform für eine Debatte zur Weiterentwicklung insbesondere auch des europäischen Wettbewerbsrechts" dienen. Im Mittelpunkt stehen dabei die sich ständig fortentwickelnde Datenökonomie, Internet-Plattformen und die Industrie 4.0.

Die Märkte rund um Online-Portale und global agierende Digitalunternehmen mit neuen, datengetriebenen Geschäftsmodellen werden nach Ansicht des Wirtschaftsressorts "beherrscht von amerikanischen und asiatischen Internetdiensten". Mittel- und langfristig seien daher Strukturreformen erforderlich, die Europas Stellung und Wettbewerbsfähigkeit gerade im Digitalsektor "auf internationaler Ebene sichern und damit zugleich unseren ökonomischen und gesellschaftlichen Wohlstand bewahren".

Es gelte, die soziale Marktwirtschaft "zu erneuern, zu stärken und zukunftsfest zu machen". Dafür müssten Innovationen und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien gefördert sowie die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert werden.

Bis Herbst 2019 erwartet die Bundesregierung konkrete Handlungsempfehlungen, mit denen sie dann auch die kartellrechtliche Debatte in Brüssel nach den Europawahlen im kommenden Frühjahr beeinflussen will. Einen Schwerpunkt sollen die Sachverständigen auf den möglichen Anpassungsbedarf "beim Zugang zu Daten" legen, dabei aber auch den Schutz der Privatsphäre im Blick behalten.

Eine weitere Frage lautet, ob gerade für KI "haftungsrechtliche Spezialregelungen opportun" sein könnten. Klären soll die Kommission ferner etwa, ober der zunehmende Einsatz von Algorithmen zum Beispiel für "Matching"- oder "Ranking"-Zwecke sowie für dynamische Preissetzungen eine Anpassung des vertragsrechtlichen Ordnungsrahmens erfordere, "um faire Märkte mit funktionsfähigem Wettbewerb zu gewährleisten".

Weiter sollen die Experten gegebenenfalls neue verfahrensrechtliche Instrumente der Kartellbehörden vorschlagen, um auf den sich dynamisch verändernden Handel über digitale Plattformen und Unternehmen zu reagieren. In den Blick geraten dürfte dabei auch der Telekommunikationsmarkt, in den vor allem durch Anbieter internetbasierter Dienste wie Messaging-Services Bewegung gekommen ist. Angesichts der Macht von Amazon, Facebook, Google & Co. soll die Runde mit dem straffen Zeitplan zudem helfen, das Zusammenspiel etwa von Kartell-, Verbraucher- und Datenschutzrecht zu optimieren und die Regeln zu harmonisieren.

Zu den Vorsitzenden der Kommission hat das Wirtschaftsministerium neben der Berliner Wettbewerbsrechtlerin Heike Schweitzer, die gerade an einer Studie zur "Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen" mitgewirkt hat, und dem Präsidenten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, den Informatiker Martin Schallbruch berufen. Der frühere IT-Direktor im Bundesinnenministerium und jetzige Vizedirektor eines Digitalinstituts an der privaten European School for Management and Technology (ESMT) in Berlin warnte jüngst davor, dass die Abhängigkeit der Verwaltung von Microsoft die digitale Souveränität Europas gefährde.

Zu den Mitgliedern des Gremiums zählen die Münchner Wirtschaftsprofessorin Monika Schnitzer, die in einer Wirtschaftskanzlei für Kartellrecht zuständige Juristin Daniela Seeliger, der Freiburger Rechtsprofessor Jens-Peter Schneider, sein Berliner Kollege Gerhard Wagner sowie der Jurist Bernd Langeheine, der früher für Fusionskontrolle in der Generaldirektion Wettbewerb bei der EU-Kommission mit zuständig war. Auch Wolfgang Kirchhoff, Richter im Kartellsenat am Bundesgerichtshof, ist mit von der Partie. Nur mit Rede-, aber ohne Stimmrecht sollen die Bundestagsabgeordneten Matthias Heider (CDU), Hansjörg Durz (CSU) und Falko Mohrs (SPD) an den Sitzungen teilnehmen. (mho)