Hackbraten mit Chips

Die Automationswelle schwappt in die Gastronomie. Wir haben amerikanische Roboter-Restaurants im Selbstversuch getestet.

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Hackbraten mit Chips

Bedienung ohne Menschen: Restaurant von Eatsa in San Francisco.

(Bild: Foto: Eatsa)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Steffan Heuer

Wenn sich Techies des Themas Essen und Trinken annehmen, kommen seltsame Dinge heraus. Und nicht immer teilen andere ihren Geschmack. Im Sommer 2015 etwa machte das Start-up Eatsa Schlagzeilen. Bei ihm konnte man seine Quinoa-Bowl per App bestellen und dann in einem minimalistisch gestylten Restaurant aus einer Art Futterluke holen. In Berührung mit menschlichem Personal kam man dabei nie. Verführerisch vielleicht für Nerds, aber augenscheinlich nicht für den Rest der Menschheit.

Das Konzept sollte eigentlich als „Plattform für Restaurants“ lizenziert werden, aber die ehrgeizigen Wachstumspläne erhielten rasch einen Dämpfer. Fünf Eatsa-Restaurants in New York, Washington und Berkeley mussten vergangenes Jahr schließen. Nur noch zwei Standorte in San Francisco sind geblieben. Denn so richtig einladend war die Nahrungsaufnahme nie – und billig ebenfalls nicht. Denn am Ende muss sich immer noch der Mensch um die Beschaffung und Zubereitung guter – und oft auch verderblicher – Zutaten kümmern.

Also versucht die nächste Generation der Tech-Restaurants nun, den Menschen ganz aus der Gleichung zu entfernen. Ihre Gründer wollen mit imposanten und teilweise überdesignten Maschinen Kochen und Servieren ohne Menschen zu einem unterhaltsamen Spektakel machen. Werbewirksam sollen so Prototypen entstehen, die sich mit gewissen Modifizierungen für den Einsatz in Großküchen oder an den diversen Standorten einer Kette eignen, weil sie in hoher Frequenz gleichbleibende Ware produzieren. In Zeiten steigender Löhne für Service-Angestellte könnte dies ein lohnendes Geschäftsmodell sein. Aber macht es dem Kunden Spaß? Unser Autor hat ausprobiert, wie es sich anfühlt, wenn statt Koch, Ober, Barista oder Barmann eine Maschine auftischt.

Der Shooting-Star der Roboter-Gastro-Szene ist Creator: Ein Roboter bereitet das Hackfleisch zu, brät es elektrisch, schnetzelt die Gemüsebeilagen, spritzt sensorgesteuert die Mayonnaise obenauf – und San Franciscos Tech-Gemeinde steht Schlange. Der Andrang auf die Burger des Start-ups im Herzen der Stadt war nach seiner Eröffnung Ende Juni so groß, dass man Eintrittskarten für das Gastro-Spektakel online vorbestellen musste. Die durchschnittliche Wartezeit lag bei zwei Monaten.

Wer eines der Tickets ergatterte, durfte in dem ganz in Weiß und hellem Holz gehaltenen Restaurant eine mehr als vier Meter lange Maschine bestaunen. Man wählt per App einen von vier Burgern aus, bevor eine Art elektrischer Fleischwolf mit integriertem Hochofen zum Leben erwacht. Bio-Rindfleisch aus örtlichem Anbau wird gehackt, geformt und gebraten. Derweil säbelt ein computergesteuertes Brotmesser ein Brioche-Brötchen in zwei Hälften, die anschließend langsam eine Röstrinne hinunterbefördert werden. Unten fallen sie auf eine kompostierbare Pappschachtel und werden je nach Bestellung aus diversen Glasröhren mit Tomatenscheiben, Salat, Zwiebeln, Käse und 15 verschiedenen Soßen garniert – alles selbstverständlich vom Bio-Bauern in der Region. Ein paar Minuten später reicht einem einer der Angestellten den Burger. Wie er schmeckt? Wie ein Stück Hackfleisch zwischen zwei labbrigen Brötchenhälften.

Das leugnet Creator-Gründer und CEO Alex Vardakostas auch gar nicht. „Burger zu braten ist nicht gerade der Sieg des menschlichen Geistes, sondern eher eine Sackgasse“, sagt der Sohn griechisch-iranischer Einwanderer, der im Fast-Food-Restaurant seiner Eltern aufwuchs. Also verfeinert er nicht die Rezepte, sondern die Maschinen, die sie zubereiten. Acht Jahre hat das Team von Creator an ihr gearbeitet und bisher rund 18 Millionen Dollar Wagniskapital eingesammelt. Herausgekommen ist ein Ungetüm im Apple-Store-Look mit 350 Sensoren, 20 Prozessoren und 50 Stellmotoren, das nach Angaben seiner Erfinder bis zu 400 Burger die Stunde servieren kann. Zurzeit produziert die Maschine aber nur 140 Burger pro Stunde, „um den Andrang in Grenzen zu halten“. Vardakostas will mit der futuristischen Fast-Food-Show beweisen, dass Automation in einer professionellen Küche einen festen Platz haben kann. So lassen sich nicht nur öde Jobs abschaffen, sondern gleichzeitig Mahlzeiten mit hochwertigen Zutaten erschwinglich anbieten. Dank der Roboterhilfe verlangt Creator nur sechs Dollar für einen Burger, der in einem normalen Restaurant mit herkömmlichem Küchenpersonal und Bedienung zwischen 12 und 15 Dollar kosten würde.

Unterhaltungswert: Grandioses Spektakel hinter Glas, vor allem wenn eine Brötchenhälfte stecken bleibt und ein Mensch eingreifen muss. 9 von 10 Punkten.

Geschmackstest: Solider Burger, der sich aber nur „medium well“ bestellen lässt und sich nicht mit einem von Hand zubereiteten Exemplar messen kann, deswegen nur 6 von 10 Punkten.

Preis-Leistung: Guter Deal für sechs Dollar.

(wst)