Energiesparen durch Optimieren der Heizkennlinie

Sehr viele Heizungen – so auch meine – sind nach dem Motto "Hauptsache, der Kunde friert nicht" parametriert. Durch die Informationen aus meinem selbstgebauten Datenlogger (siehe Make-Sonderheft 2018 "Energie") konnte ich durch eine bedarfsgerechte Anpassung der Heizkennlinie den Wirkungsgrad der Heizung deutlich erhöhen.

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(Bild: Martin Williges)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Martin Williges

Nach der Nutzung einer bedarfsgeregelten Umwälzpumpe und einem hydraulischen Abgleich ist die Optimierung der Heizkennlinie der größte Hebel für effizientes Heizen.

Bei üblichen Zentralheizungen wird Wasser zur Versorgung der Heizkörper zentral erwärmt und dann mit Hilfe der Umwälzpumpe in Richtung Heizkörper verteilt. Die Temperatur des Wassers, das zu den Heizkörpern gepumpt wird, ist die Vorlauftemperatur. Diese hängt von der gemessenen Außentemperatur ab – je kälter es draußen ist, desto wärmer muss das Wasser sein, um die Wärmeverluste auszugleichen und die gewünschter Raumtemperatur zu halten.

Wenn man die benötigte Vorlauftemperatur über der fallenden Außentemperatur aufträgt, bekommt man die Heizkennlinie. Links ist die höchste Außentemperatur, bei der noch geheizt werden soll, rechts ist die kälteste zu erwartende Außentemperatur. In der Grafik ist die Heizkennlinie meiner Anlage vor und nach der Optimierung zu sehen.

Heizkennlinie vor der Optimierung (rot) und danach (blau)

(Bild: Martin Williges)

In vielen Fällen ist die Heizkennlinie viel zu hoch eingestellt. Das Wasser wird unnötig stark erhitzt und danach durch die Raum- oder Heizkörperthermostate stark gedrosselt, um die gewünschte Raumtemperatur einzustellen. Höhere Vorlauftemperatur bedeutet dabei immer schlechterer Wirkungsgrad, da bei einem Brennwertkessel weniger Wärme aus dem Wasserdampf des Abgases gewonnen wird. Bei Wärmepumpen sinkt die Leistungsziffer mit steigender Vorlauftemperatur.

Die Optimierung der Heizkennlinie besteht darin, für jede Außentemperatur die Vorlauftemperatur möglichst niedrig zu wählen. Das Ermitteln von "möglichst niedrig" ist langwierig, weil bei mindestens zwei deutlich unterschiedlichen Außentemperaturen die optimale Vorlauftemperatur zu ermitteln ist und nach jeder Änderung mindestens 12 bis 24 Stunden vergehen, bis ein Raum seine Beharrungstemperatur erreicht hat. Vor Beginn der Optimierung sollte ein hydraulischer Abgleich stattgefunden haben, damit an allen Heizkörpern der nötige Volumenstrom sichergestellt ist.

Ein Nachteil einer stark abgesenkten Heizkennlinie soll nicht verschwiegen werden: Sollte es (zum Beispiel durch ein vergessenes offenes Fenster) einmal kalt geworden sein, erfolgt die Ausregelung dieser Störung um so langsamer, je niedriger die Vorlauftemperatur ist. Wenn eine Nachtabsenkung vorgesehen ist, sollten die Heizkennlinie etwas wärmer sein, als sie es ohne Nachtabsenkung sein müßte.

Unterschiedliche Heizungen habe in der Regel unterschiedliche Methoden zur Parametrierung der Heizkennlinie. Meistens muß dafür das Servicemenü der Heizungssteuerung aufgerufen werden. Hier soll der Vorgang der Optimierung an meiner Buderus Logamatic 4122 beispielhaft gezeigt werden. Versorgt wird eine Fußbodenheizung, was besonders niedrige Vorlauftemperaturen ermöglicht.

Schritt 1: Die Serviceanleitung ist im Netz leicht zu finden. Hier ist nachzulesen, wie das Servicemenü aufzurufen ist, die Navigation erfolgt und Parameter geändert werden. Die Heizkennlinie wird in diesem Gerät definiert durch

  • Allgemeine Kenndaten -> minimale Außentemperatur: Die kälteste zu erwartende Tagestemperatur. Diese setze ich auf –15°C.
  • Heizkreisdaten -> Auslegungstemperatur: Dies ist die Vorlauftemperatur, die sich bei der minimalen Außentemperatur einstellen soll. Sie stand bei mir bei 53°C.
  • Heizkreisdaten -> Fußpunkttemperatur. Dies ist die minimale Vorlauftemperatur, die in meinem Fall als Vorlauftemperatur bei einer Außentemperatur von 20°C und höher definiert ist. Sie stand bei mir auf 30°C.

Die Heizkennlinie in Form einer Geraden ist mit diesen Parametern definiert. Sie ist bei Bedarf über die Punkte Heizkreisdaten -> Minimale Vorlauftemperatur und Heizkreisdaten -> maximale Vorlauftemperatur einschränkbar. Diese beiden Parameter sollten zunächst auf Minimum und Maximum stehen, um die Optimierung nicht einzuschränken.

Schritt 2: Ich bestimme den Raum, der die höchsten Temperaturen im Haus aufweisen soll und lege diese Temperatur fest. Ich habe das Bad gewählt. Es liegt auf der Nordseite des Hauses, sodass wenig Wärmeeintrag durch Sonneneinstrahlung auftritt. Als Solltemperatur wähle ich 21°C. Diese Temperatur soll sich bei voll geöffnetem Raumthermostat im Bad einstellen und in keinem anderen Raum überschritten werden.

Schritt 3: Das Raumthermostat im definierten Raum wird voll aufgedreht. Da jeder Thermostatkopf bei mir im geöffneten Zustand 3 W elektrische Leistung benötigt, habe ich ihn im Heizkreisverteiler abgeschraubt und das Thermostat auf Minimum gedreht. Dadurch ist der der Durchlauf durch das Bad gewährleistet ohne die elektrischen Dauerverluste. In diesem Zustand hängt die Raumtemperatur einzig von der Vorlauftemperatur und der Außentemperatur ab.

Schritt 4: Die erste Außentemperatur ist 10°C. Nach wenigen Stunden ist zu erkennen, daß die sich einstellende Raumtemperatur deutlich höher sein wird als die gewünschten 21°C. Ich senke die Fußpunkttemperatur erst einmal auf 25°C und die Auslegungstemperatur auf 40°C. Nach mehreren Iterationen, in denen ich die Temperaturen weiter absenke, erreiche ich die gewünschten 21°C. Die Vorlauftemperatur beträgt jetzt 23°C.

Schritt 5: Eine Kontrolle ergibt, daß es in keinem Raum im Haus kälter ist als gewünscht. Für die weitere Optimierung muss die Außentemperatur deutlich sinken.

Schritt 6: Bei einer auf 0°C gesunkenen Außentemperatur stelle ich fest, daß das Bad zunehmend wärmer wird als die gewünschten 21°C. Dies läßt auf eine zu steile Heizkennlinie schließen. Folglich verringerte ich die Steilheit der Kennlinie, indem ich die Auslegungstemperatur weiter absenke und die Fußpunkt-Temperatur anhebe, damit die in Schritt 4 ermittelte Vorlauftemperatur von 23°C bei 10°C Außentemperatur gleich bleibt.

Schritt 7: In den folgenden Wochen beobachte ich den Zusammenhang zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur und korrigiere bei Bedarf die Parameter Fußpunkttemperatur und / oder Auslegungstemperatur der Heizkennlinie.

Schritt 8: Während der Optimierung kontrolliere ich, ob andere Räume eventuell trotz voll geöffnetem Raumthermostats zu kalt werden. Ist dies trotz eines durchgeführten hydraulischen Abgleichs der Fall, muss entweder die Zieltemperatur des Referenzraumes erhöht werden, oder die Optimierung mit dem zu kalten Raum als Referenzraum (Punkt 2) neu begonnen werden. Eventuell ist die Umwälzpumpe auch auf eine zu niedrige Leistung gestellt.

Wenn Regelreserven gewünscht sind, kann nach der Optimierung die Kennlinie etwas angehoben werden. Dann würden Störungen und die Auswirkung einer Nachtabsenkung schneller ausgeregelt. Die Logamatic bietet dafür bei geschlossener Tastatur direkten Zugriff durch das Drehrad.

Nach der Optimierung bekam ich die blaue Kennlinie in der Abbildung oben. Der Vergleich der Kennlinien zeigt, wie sehr sich die ursprüngliche Parametrierung auf der "sicheren Seite" befand: Bei –10°C Außentemperatur konnte die Vorlauftemperatur um 21°C abgesenkt werden! Die Heizung kann mit der neuen Kennlinie viel länger durch den Solarthermie-Wärmespeicher versorgt werden; in der Übergangszeit spart dies Heizkosten. Die Gastherme läuft effizienter, und der Dampfaustritt aus dem Abluftrohr der Therme ist viel geringer.

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