Krankenkassen: Verbesserungen für Selbstständige

Solo-Selbstständige in Deutschland geraten immer öfter in eine Armutsfalle. Ein neues Gesetz erleichtert bald den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung.

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Krankenkassen: Verbesserungen für Selbstständige

(Bild: FirmBee)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Gute Nachrichten für Selbstständige: Mit Verabschiedung des Versichertenentlastungsgesetzes im Bundestag hat die Große Koalition für kommendes Jahr eine wesentliche Erleichterung für sie auf den Weg gebracht. Folge: Ab 2019 können sich auch die Geringverdiener unter ihnen für deutlich weniger Geld einen Platz in der gesetzlichen Krankenversicherung sichern.

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Die Neuerung im GKV-Versichertenentlastungsgesetz ist insbesondere für die inzwischen mehr als 2,3 Millionen Solo-Selbstständigen in Deutschland relevant. Für sie wurde die so genannte Mindestbemessungsgrundlage im kommenden Jahr auf zirka 1100 Euro gesenkt. Folge: Wer sich über die gesetzliche Krankenkassen absichern will, muss bald monatlich nicht mehr wie bisher mindestens 350 Euro zahlen, sondern können sich schon für zirka 170 Euro absichern. Selbstständige mit höheren Einkommen zahlen weiterhin ihre höheren Beiträge.

Der Gesetzentwurf kommt damit einer gesellschaftlichen Entwicklung entgegen, die auch mit der Digitalisierung zu tun hat. Unter dem Begriff "Selbstständige" stellte man sich früher in erster Linie hoch angesehene und hoch bezahlte Berufe vor: Steuerberater, Zahnärzte und Architekten prägten das Bild der so genannten "freien Berufe", die irgendwo zwischen klassischem Unternehmertum und Angestelltenverhältnis angesiedelt waren. Diese Selbstständigen haben oft sogar eigene Angestellte und tragen somit einen relevanten Teil zum Arbeitsmarkt bei.

Spätestens seit 2012 haben die Solo-Selbständigen jedoch zahlenmäßig die Mehrheit übernommen. Grund dafür ist auch die so genannte Gig Economy, bei der Online-Plattformen Dienstleistungen aller Art vermitteln – von Handwerksleistungen über den Lieferfahrer bis zum Instagram-Fotografen. Auch tendieren Firmen heute mehr dazu, nicht-essentielle Tätigkeiten wie zum Beispiel das Webdesign an Freelancer auszulagern.

Mit der Zunahme der Einzelkämpfer sank auch das durchschnittliche Einkommen, das Selbstständige verbuchen konnten – 2017 lag es bei 1567 Euro netto pro Monat. Die staatlichen Regeln für die Selbständigkeit wurden jedoch nicht an die neue Situation angepasst. So sollte die politisch festgelegte Mindestgrenze von 2284 Euro im Monat verhindern, dass sich Selbständige über Buchführungtricks arm rechnen und so die Sozialkassen belasten. Das Ergebnis: Geringverdiener mussten ihren Krankenkassenbeitrag auf dieses fiktive Einkommen zahlen.

Wer jedoch am unteren Ende der Einkommensskala arbeitet und monatlich nur Netto-Verdienste von 1500 oder gar nur 1000 Euro verzeichnen konnte, zahlte hierbei drauf. Diese eher prekär beschäftigten Selbständigen standen vor der Alternative einen großen Anteil ihres Einkommens in die Krankenversicherung zu stecken oder auf eine private Krankenversicherung auszuweichen.

Problem dabei: Mit zunehmendem Alter nehmen die Beiträge bei der privaten Krankenversicherung stark zu – Geringverdiener standen deshalb ab einem gewissen Punkt vor dem Bankrott. Über eine Härtefallregelung konnten sich aktuell 20.0000 Selbständige bisher auch in wirtschaftlich schwachen Zeiten in der gesetzlichen Krankenkasse halten. Auf diese bürokratische Prozedur können künftig viele Betroffene verzichten.

Die bereits im Koalitionsvertrag vorgesehene Neuregelung stieß im Bundestag auf weitgehende Zustimmung – auch wenn die Opposition eigene Anträge einbrachte. So wollten sowohl LINKE als auch FDP die Mindestbeitragsbemessungsgrenze sogar auf 450 Euro absenken, die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen stimmten dem Regierungsentwurf sogar zu. (des)