CRISPR-Erfinder warnt vor geneditierten Babys

Feng Zhang fordert ein Moratorium für Experimente an menschlichen Embyronen. In China sollen kürzlich die ersten CRISPR-Babys geboren sein.

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CRISPR-Erfinder warnt vor geneditierten Babys
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Von
  • Antonio Regalado
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Einer der Wissenschaftler hinter der Geneditierungstechnik CRISPR will verhindern, dass sein Verfahren zur Erschaffung geneditierter Säuglinge verwendet wird. Er forderte ein weltweit geltendes Moratorium.

Feng Zhang ist Mitglied des Broad Institute von MIT und Harvard. Er reagiert mit seinem Aufruf auf die Meldung, dass einem chinesischen Forscherteam Ende November gelungen sein soll, erste mit dem Verfahren genmanipulierte Babys auf die Welt zu bringen. Mittlerweile hat sich sogar die chinesische Regierung eingeschaltet und sich scharf gegen die Forschung ausgesprochen.

Die Zwillinge sollen mit modifizierten Genen geboren sein, was sie gegenüber dem AIDS-Virus HIV unempfindlich machen soll. "Mit Blick auf den aktuellen Stand der Technik bin ich für ein Moratorium bei der Implantation geneditierter Embryonen", so Zhang in einem Statement.

Die Wissenschaftler in China entfernten bei den Zwillingen laut eigenen Angaben ein Gen namens CCR5, das sie angeblich HIV-resistent machen soll. Die Studie wurde unter größter Geheimhaltung durchgeführt und Experten auf dem Gebiet kommentierten bereits, dass sie sie weder für notwendig noch für sicher hielten.

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Zhang sieht die Risiken des Experiments als größer als einen möglichen Nutzen an. Er sei zudem "tief besorgt", dass das chinesische Projekt im Geheimen durchgeführt worden sei. Zuvor hatten wissenschaftliche Einrichtungen wie die US National Academy of Sciences bereits gefordert, dass genmodifizierte Kinder nur unter strikten Sicherheits- und Kontrollbedingungen geschaffen werden sollten.

Zhangs Ruf nach einem Moratorium kam kurz vor einer wichtigen Konferenz zum Thema CRISPR, die in Hongkong abgehalten wurde. Der Forscher war 2013 der erste, der demonstrierte, wie sich mit dem CRISPR-Werkzeug DNA in menschlichen Zellen editieren lässt – ein Schritt, der nun offenbar dazu geführt hat, dass das Verändern von Embryonen möglich wurde.

Technology Review dokumentiert Zhangs Statement im Volltext:

"Obwohl mir die globale Gefahr, die HIV darstellt, bewusst ist, scheinen mir die Risiken, Embryonen zu verändern, um CCR5 abzuschalten, zu diesem Zeitpunkt höher als der potenzielle Nutzen – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass dies einen Menschen wahrscheinlich anfälliger gegenüber dem West-Nile-Virus macht. Genauso wichtig ist, dass es schon jetzt übliche und hocheffektive Methoden gibt, die Übertragung von HIV von einem Elternteil auf ein ungeborenes Kind zu verhindern.

Mit Blick auf den aktuellen Stand der Technik bin ich für ein Moratorium bei der Implantation geneditierter Embryonen, die das Ziel der CCR5-Versuche zu sein scheinen – und zwar so lange, bis wir zu einem wohlüberlegten Sicherheitsregelwerk gelangt sind.

Nicht nur sehe ich diese Versuche als risikoreich an, sondern ich bin tief besorgt über die fehlende Transparenz bei der Studie. Jeder medizinische Fortschritt, egal ob bei der Geneditierung oder in anderen Bereichen – und insbesondere dann, wenn verletztliche Bevölkerungsteile betroffen sind –, sollte vorsichtig und mit Bedacht getestet und mit Patienten, Ärzten, Forschern und anderen Mitgliedern der sie umgebenden Gemeinschaft offen diskutiert werden, bevor sie dann mit Bedacht implementiert wird.

2015 hatte die internationale Forschungsgemeinschaft im Rahmen der International Summit on Human Gene Editing bereits beschieden, dass es unverantwortlich sei, mit jeglicher Form der Keimbahneditierung fortzufahren, bevor es keinen "breiten gesellschaftlichen Konsens über die Angemessenheit der vorgeschlagenen Anwendungen" gibt.

Es ist meine Hoffnung, dass das nun folgende Treffen [besagte Konferenz in Hongkong, Anm. d. Red.] als Forum für eine tiefere Konversation über die Auswirkungen der Nachrichten aus China dient und Wege aufzeigt, wie wir als globale Gesellschaft am besten von der Geneditierung profitieren können."

(bsc)