EU will Europäische Bürgerinitiativen mit Online-Service erleichtern

Die EU geht auf ihre Bürger zu und will mehr Bürgerbeteiligung über Europäische Bürgerinitiativen erreichen. Initiatoren sollen mehr Unterstützung erhalten.

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Europäische Kommission

Blick auf das Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der EU-Kommission, in der belgischen Hauptstadt Brüssel.

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Die EU will die Organisation Europäischer Bürgerinitiativen erleichtern. Nach einer am Mittwochabend erzielten Einigung von Vertretern der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments soll künftig ein kostenfreier Service zur Sammlung von Online-Unterschriften angeboten werden. Zudem ist unter anderem geplant, die Anmeldung von Bürgerinitiativen zu vereinfachen.

"Die heutige Vereinbarung ist ein entscheidender Schritt vorwärts (...), weil wir es den EU-Bürgern leichter machen, sich Gehör zu verschaffen", kommentierte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans. Bedauernswert sei nur, dass man sich nicht habe einigen können, das Mindestalter für die Teilnahme an Bürgerinitiativen EU-weit von 18 auf 16 Jahre zu senken.

Die Vereinbarung sieht im Einzelnen vor, in den einzelnen Mitgliedsstaaten Kontaktstellen einzurichten und eine Online-Plattform zu schaffen. Dadurch sollen Gründer einer Initiative vorab Hilfestellung erhalten, Unterstützer aus ganz Europa zu finden und Kontakte zu knüpfen, um Initiativen gemeinsam vorzubereiten. Zur Vermeidung, dass gesammelte Unterschriften zu Initiativen abgelehnt werden, weil sie nicht in das Zuständigkeitsgebiet der EU fallen, soll ein bürgerfreundliches Verfahren vorgeschaltet sein. Das Verfahren soll es den Organisatoren ermöglichen, ihre vorgeschlagene Initiative zu überarbeiten, bevor sie in den Registrierungsprozess geht.

Die Kommission will außerdem einen kostenfreien Online-Service bereitstellen, um darüber zeitlich flexibel Kampagnen zu starten und Unterschriften einzusammeln. Teilnehmen können daran dann alle EU-Bürger, unabhängig von ihrem Wohnort. Um an einer Kampagne teilzunehmen, sollen dem Willen der Kommission nach möglichst wenig persönliche Daten abgefragt werden.

Das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative ermöglicht es Menschen in der EU, in Bereichen wie Umwelt, Landwirtschaft, Energie, Verkehr und Handel Änderungen an EU-Rechtsvorschriften vorzuschlagen. Wenn mindestens eine Million Bürger sie unterstützen, muss die EU-Kommission eine offizielle Prüfung einleiten. Um eine Initiative zu starten, braucht es sieben Bürger, die in mindestens sieben unterschiedlichen Mitgliedsländern leben und das Wahlalter erreicht haben. Sind genügend Unterstützer zusammengekommen, erfolgt eine Prüfungsphase durch die Kommission. Diese werde nun von drei auf sechs Monate verlängert, um mehr Zeit und Raum für einen Meinungsbildungsprozess und Debatten zu haben, bevor die Kommission rechtliche und politische Schlussfolgerungen zieht.

Die geschlossenen Vereinbarungen müssen noch vom EU-Parlament und dem Europäischen Rat genehmigt werden. Erst danach wird die Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative wirksam. Als Datum ist der 01. Januar 2020 angepeilt.

Kritiker des Systems bemängeln, dass die EU-Kommission und die EU-Staaten nicht gezwungen sind, auf erfolgreiche Europäische Bürgerinitiativen mit Änderungen ihrer Politik zu reagieren. So ist zum Beispiel der Unkrautvernichter Glyphosat weiter in der EU zugelassen, obwohl mehr als eine Million EU-Bürger eine Bürgerinitiative für ein Verbot unterstützt hatten. (olb)