Themenmolekül: Ohio ist ein Klavier

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie: Diesmal unter anderem mit digital gefährdeten Arten, Neuem aus der Fake-News-Forschung und Karten mit Musike.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Glaser

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

Wer hat sich nicht schon über die Lebenserwartung verschiedener Formen digitaler Medien Gedanken gemacht? Die Digital Preservation Coalition (DPC) erstellt eine Liste digital gefährdeter Arten, die jährlich überprüft und auf der Website veröffentlicht wird. Die Bitlist-Jury, die sich aus einem angesehenen internationalen Gremium aus Experten für digitale Erhaltung zusammensetzt, bewertet digitale Materialien und Formate und stellt ihre Ergebnisse in verschiedenen Kategorien bereit. Die letzte Überarbeitung wurde im November 2018 abgeschlossen. Der vollständige Bitlistenbericht ist als PDF auf der Seite Endangered Species verfügbar.

Wer Zusammenfassungen bevorzugt, sollte sich die auf der Website aufgeführten Kategorien konsultieren. Risikoklassifizierungen werden in geringere Risiken (derzeit ohne digitales Material), anfällig (Beiträge auf webbasierter Social-Media-Plattform), gefährdet (digitale Fotos und Videos, die in soziale Medien oder Cloud-Dienste hochgeladen werden), kritisch gefährdet (digitale Bilder) auf externen oder tragbaren Speichermedien gespeicherte Materialien) und praktisch ausgestorben (Pre-WWW-Daten- und Bulletin-Board-Dienste). Es gibt auch eine Kategorie für digitale Materialien, die von der Bitlist-Jury künftig geprüft werden. Jede Kategorie an Risikoklassifizierungen hält Beispiele für die betroffenen digitalen Medien und die Gründe dafür vor. Um detailliertere Informationen zu jeder dieser Risikoklassifizierungen zu erhalten, liest man am besten den detaillierten Bitlisten-Bericht.

Die Verbreitung von Desinformation und Fake News im Internet sind ein Problem, das in den letzten Jahren auf besorgniserregende Weise zugenommen hat. Forscher an der Indiana University haben kürzlich quantitativ 14 Millionen Messages analysiert, die in einem Zeitraum von zehn Monaten zwischen 2016 und 2017 rund 400.000 Artikel auf Twitter verbreitet haben. Sie fanden Belege dafür, dass Social Bots eine überproportionale Rolle bei der Verbreitung von Artikeln aus Quellen mit geringer Glaubwürdigkeit spielten. In einem Artikel, der im November 2018 in der Open-Access-Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde, erläuterten die Forscher, wie sie das mit Hilfe der Open-Source-Tools Hoaxy und Botometer ermittelten. In einer Zufallsstichprobe wurden nur sechs Prozent der Twitter-Konten als Bots identifiziert, die allerdings für die Verteilung von 30 Prozent des Glaubwürdigkeitsgehalts verantwortlich waren. Die Forscher stellen auch fest, dass Bot-Konten möglicherweise auf einflussreiche Personen mit einer großen Anzahl von Followern abzielen, in der Hoffnung, dass diese Personen den Inhalt der Bots teilen, wodurch sie einen Anschein von Attraktivität Glaubwürdigkeit erhalten. Die ausführliche Abhanslung enthält informative Grafiken sowie Links zu dem für die Analyse verwendeten Code und zu ergänzendem Material.

Ohio ist ein Klavier: Wer sich für kuriose Formen von Kartographie interessiert, wird an dieser ungewöhnlichen interaktiven Karte des US-Bundesstaats Ohio, die der Kartograph Andy Woodruff erstellt hat, Vergnügen finden. Während das Erscheinungsbild der Karte recht konventionell ist, hat Woodruff sie nach einer interessanten Erkenntnis gezeichnet, nämlich dass Ohio, entsprechend den 88 Tasten eines Klaviers, über 88 Counties verfügt, die er basierend auf Volkszählungsdaten entsprechend musikalisch zuordnet. Man kann dadurch auf Ohio wie auf einem kartographischen Musikinstrument spielen. So lassen sich beispielsweise Routen zwischen zwei Städten oder alle Counties auf einer chromatischen Skala oder als das Lied "The Entertainer" abspielen. Kleine Einschränkung: die Karte funktioniert nur auf Desktop-Rechnern, nicht auf mobilen Geräten.

(bsc)