Alles funkt im Internet der Dinge: The Things Conference 2019

Auf der Konferenz präsentierte sich den Besuchern eine Fülle von neuer Soft- und Hardware sowie Einsatzszenarien für IoT, LoRaWAN und das Things Network.

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Alles funkt: The Things Conference 2019

(Bild: metamorworks / shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Daniel Bachfeld
Inhaltsverzeichnis

68 Vorträge, 48 Workshop und zahlreiche Firmenausstellungen bekamen die 1500 Besucher auf der zweitägigen Things Conference 2019 im nördlichen Amsterdam geboten. Die mittlerweile jährlich statt findende Things Conference dreht sich um den IoT-Funkstandard LoRaWAN und das The Things Network (TTN), einem offenen Netz zum Weiterleiten der LoRa-Daten über Gateways ins Internet zu einer Zentrale. Einen Einstieg in das Thema finden Sie im Artikel "The Things Network: Daten mit LoRaWAN über große Entfernungen senden".

Gleich mehrere Highlights präsentierten die Veranstalter, Wienke Giezeman, CEO von The Things Industries (TTI), und Johan Stokking, Chefentwickler von TTI, am ersten Tag. So ist endlich Version 3 des TTN-Protokoll-Stacks (TTN V3) verfügbar, der unter anderem Peering unterstützt, also das Durchleiten von LoRaWAN-Paketen anderer Netzanbieter durch das eigene Netz und anders herum. Damit ist dann etwa Roaming möglich. Daneben unterstützt V3 Ende-zu-Ende-Sicherheit zwischen den Geräten.

Zwar sind LoRaWAN-Funkmodule vergleichsweise günstig, Dreh- und Angelpunkt sind jedoch die Gateways, die insbesondere in der wettergeschützten Outdoor-Ausführung ordentlich zu Buche schlagen. The Things Industries hat nun ein Outdoor-Gateway (mit 3G/4G-Unterstützung) für ca. 400 und ein Indoor-Gateway für knapp 70 Euro vorgestellt, letzteres wurde an die Konferenzteilnehmer (mit Full Price Ticket) sogar kostenlos verteilt. Der neue "The Generic Node" soll erste Versuche mit LoRaWAN erleichtern und bringt diverse Sensoren gleich mit. Er ist auf niedrigen Energieverbrauch getrimmt und lässt sich aus der Ferne per "Firmware Update Over The Air" (FOTA) aktualisieren.

The Things Conference 2019 (28 Bilder)

The Things Conference fand im Kromhouthal statt, einer ehemaligen Maschinenhalle.

Während hierzulande noch über die Sinnhaftigkeit der Vernetzung vom Milchkannen im Zuge der Einführung von 5G diskutiert wird, ist IoT laut Kinson Chan von RAKWireless ein zentrales Infrastrukturprojekt den chinesischen Regierung. Dort nimmt AliBaba eine treibende Rolle ein. Praktischerweise führt das aber auch zu einer massenhaften Produktion von LoRaWAN-Hardware -- und damit zu fallenden Preisen. Einen Anfang macht RAKwireless unter anderem mit einem Outdoor-Gateway und einem Aufsteckmodul für den Raspberry Pi, das vor Ort zu begutachen war.

Noch ferner als in China findet man LoRaWAN nur noch im All. Der Satelliten-Betreiber Lacuna zeigte seine Vision von einer weltweit flächendeckenden Abdeckung, die er mittels LoRaWAN-Gateways im All erreichen will. Auch wenn er dabei den Low Earth Orbit (LEO) nutzen will, sind doch größere Strecken als bislang zu überwinden. Dazu wird aktuell an einer leistungsfähigeren Version von LoRa gearbeitet, die eine neue Modulationsart nutzt. Nicolas Sornin von Semtech erklärte die Technik dahinter. Damit sind dann zwar Reichweiten von mehreren hundert Kilometern möglich, allerdings nur noch mit Datenraten von 200 bis 800 Bit/s. Für Sensordaten sollte das aber vollkommen ausreichen.

In weiteren Vorträgen stellten Firmen ihre Produkte, Projekte und Services vor, etwa Arduino seine eigene IoT Cloud sowie Amazon die AWS und Microsoft Azure. Die Deutsche Bahn und Lufthansa zeigten unter anderem, wie sie Sensor-Daten über LoRaWAN ins TTN funken, um es in eigene Anwendungen zu integrieren. Oliver Brandmüller von der Deutschen Bahn erklärte seinen Open-Source-Personenzähler Paxcounter auf Basis des Microcontrollers ESP32, der unter anderem per Wifi-Sniffing Smartphone-Pakete und deren MAC-Adresse liest. Damit lässt sich abschätzen, wieviel Passagiere in einem Zeitraum die Bahnhofswartehalle frequentieren.

Interessante technische Einblicke gab es in weiteren Tracks auf der "Things Stage". So führt der niederländische Telekommunikationsriese KPN Versuche zur Ermittlung der Geolocation mittels LoRaWAN durch. Dazu wird die Empfangszeit einzelner Pakete in verschiedenen Gateways (Multilateration) und deren Zeitstempeln genutzt, um auf mehrere Meter genau den Ort des Senders zu berechnen. In Städten sinkt die Genauigkeit jedoch erheblich. Immerhin gibt es schon erste Geschäftsmodelle: Eine Versicherung will Fahrräder orten und einen Rückholservice anbieten.

Ein niedriger Energieberauch scheint derzeit ein wichtigeres Thema bei LoRa zu sein als Reichweite, auch wenn sich diverse Vorträge um die Einflüsse der Umwelt auf Antennenabstrahlung und die Optimierung von PCB-Antennen drehte. Mit Energy Harvesting sollen künftig wartungsfreie Funksensoren möglich sein (deploy & forget), wie Simon von der Jaagt von Nowi ausführte. Allerdings scheint man mittelfristig trotzdem nicht auf kleine Energiespeicher verzichten zu können.

Um Energieeffizienz ging es im Vortrag von Neil Tan, dem Erfinder des Frameworks µTensor. Seine Software nutzt Tensorflow, das Machine Learning für Mikrocontroller leichter macht. µTensor übersetzt das auf einem PC trainierte Modell in C++-Code für Mikrocontroller. Damit lässt sich dann resourcenschonend Inferencing implementieren. Am speziell für Machine Learning entwickelten GAP-Board zeigte Alex Raimondi von Miromico, wie man dem Sensor beibringt, Daten selbst auszuwerten und damit seltener funken zu müssen -- das spart nämlich auch Energie.

Die Konferenz vermittelte ein umfassendes Bild aktueller und kommender Anwendungsgebiete des Internet of Things mit LoRaWAN und TTN. Die Möglichkeiten sind vielfältig, insbesondere in Deutschland ist leider die noch eher geringe Anzahl von öffentlichen TTN-Gateways ein Hemmschuh. Mal sehen, wie sich die Lage im nächsten Jahr darstellt.

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(dab)