Editorial: The Good, the Bad and the Ugly

Die Europäer überlegen, ob sie Huawei tatsächlich weiter als Telekom-Ausrüster zulassen wollen. Der chinesische Netzwerkzulieferer könnte den Datenverkehr der Mobilfunknetze mitlesen.

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Editorial: The Good, the Bad and the Ugly
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Die US-Geheimdienste haben es geschafft: Nach Jahren vergeblicher Warnungen überlegen nun auch die Europäer, ob sie Huawei tatsächlich weiter als Telekom-Ausrüster zulassen wollen. Der Vorwurf lautet schlicht: Der chinesische Netzwerkzulieferer könnte durch eingebaute Hintertüren in seinen Produkten den Datenverkehr der Mobilfunknetze mitlesen.

Auch wenn harte Belege fehlen, haltlos sind die Vorwürfe nicht: An den Skandal um den 2009 pleitegegangenen Weltkonzern Nortel erinnert man sich heute kaum noch. Der damals noch kleine Bruder Huawei hatte offenbar die Passwörter der gesamten Führungsriege Nortels ausgekundschaftet. Jahrelang ahnten die Kanadier nicht, dass Know-how von West nach Ost abfloss, bis der Erfinder der LTE-Technik weder mit Ericsson noch mit Nokia mithalten konnte - und schon gar nicht mehr mit Huawei.

Nun soll ein Sicherheitskatalog her, der Huawei einhegt. Doch das genügt nicht. Anscheinend lässt die Furcht vor Backdoors vergessen, dass es 100-prozentige Sicherheit in komplexen und noch dazu vernetzten IT-Infrastrukturen nicht geben kann. Beispielsweise kann bis heute kein Hersteller garantieren, dass seine Chips sämtliche Berechnungen korrekt ausführen. Intels FDIV-Bug im Pentium-Prozessor ist nur ein gravierendes Beispiel (massive Fehler bei manchen Gleitkommaberechnungen).

Dabei hat die Komplexität von Chips seit der Pentium-Ära stark zugenommen. Manche 5G-Bausteine müssen derart leistungsfähig gemacht werden, dass es im besten Universum, das wir kennen, gar keine Chance gibt, gegen Sicherheitslücken anzuentwickeln und zugleich den Chip in endlicher Zeit fertigzustellen - Spectre lässt grüßen. Ganz zu schweigen davon, dass in Firmware und Betriebssystemen noch mehr Hasen im Pfeffer liegen. Wer will da zwischen beabsichtigten und unbeabsichtigten Lücken unterscheiden?

Solange ein Gerät vernetzt ist, ist es aus dem Netz auch angreifbar. Genügend Manpower und Know-how vorausgesetzt, kann jede organisierte Angreifergruppe jedem Internet-Nutzer in die Unterhosen gucken. Deshalb hat die Politik keine echte Wahl, ob sie Huawei nur angeleint in die Netze lassen will oder ausschließlich deren Mitbewerber. Sie kann lediglich entscheiden, den anscheinend bösen oder vermeintlich guten Drachen zu füttern, hässlich sind sie beide.

(dz)