Interaktiver Film und DSGVO: Wie Netflix die Bandersnatch-Entscheidungen speichert

Netflix hat die DSGVO-Anfrage eines Forschers beantwortet – und verraten, was mit den Entscheidungs-Daten aus dem interaktiven Film "Bandersnatch" passiert.

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Wie Netflix die Bandersnatch-Entscheidungen speichert
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Im interaktiven Film "Bandersnatch" können Netflix-Nutzer mit eigenen Entscheidungen den Fortlauf der Geschichte beeinflussen. Viele User hatten Bandersnatch zum Release als "Datensammel-Experiment" abgetan, bei dem es Netflix in erster Linie darum gehe, die Entscheidungen der User zu protokollieren und auszuwerten. Der Datenschutz-Forscher Michael Veale vom University College London hat nun mit einer DSGVO-Anfrage in Erfahrung gebracht, wie Netflix diese Daten tatsächlich speichert.

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Die Ergebnisse sind erst einmal wenig überraschend: Netflix speichert jede einzelne Entscheidung, die ein Nutzer trifft, ab. Diese Daten werden laut Netflix ausschließlich dazu verwendet, zur richtigen Zeit die richtigen Folgeclips abzuspielen. Wählt der Nutzer also eine von zwei möglichen Müsli-Marken zum Verzehr, sieht er im nächsten Clip, wie die Figur diese Müsli-Marke isst. Das ist unausweichlich für das Konzept eines interaktiven Films.

Laut Netflix werden diese individuellen Entscheidungen nicht weiter ausgewertet, sie haben also zum Beispiel keinen Einfluss darüber, welche Werbung dem Nutzer künftig angezeigt und welche Filme und Serien in Zukunft empfohlen werden. Gegenüber Motherboard.com beklagt Veale aber, dass diese individuellen Daten offenbar länger personenbezogen gespeichert werden – immerhin haben sie ihre Schuldigkeit getan, sobald der Film vorbei ist. Wie lange Netflix die Daten speichert, ist nicht bekannt, Veale hatte in seiner DSGVO-Anfrage nicht explizit danach gefragt.

Die Bandersnatch-Entscheidungen werden zwar auf individueller Ebene nicht über den Filmverlauf hinausgehend ausgewertet, die aggregierten Entscheidungen aller Zuschauer werden allerdings sehr wohl analysiert, schreibt Netflix. Diese Auswertung soll zum Beispiel dabei helfen, "dieses Modell des Storytellings im Kontext einer Show oder eines Films zu verbessern." Das bedeutet auch, dass Netflix weiß, welches Müsli die meisten Nutzer bevorzugen.

Für die Beantwortung der DSGVO-Anfrage an sich hat Michael Veale Lob übrig: Die erhaltenen Dokumente seien vollständig und gut entschlüsselbar, seine Fragen habe man präzise beantwortet. Auch die Sicherheit der Daten sei beachtet worden: Er habe die Dokumente in einer verschlüsselten Mail bekommen, nachdem er seinen Personalausweis vorgezeigt hatte.

Die Ergebnisse der DSGVO-Auswertung sind im Rahmen des Erwartbaren. Verbesserungspotenzial sieht Veale dennoch: Die Daten müssten nicht unbedingt langfristig gespeichert werden, außerdem wünscht er sich einen Hinweis auf die Aufzeichnung der Entscheidungen, bevor man den interaktiven Film abspielt. Gegenüber Motherboard hofft Veale darauf, dass mehr Nutzer ihr DSGVO-Recht in Anspruch nehmen: "Wenn Unternehmen mehr und mehr Anfragen bekommen, werden sie den Prozess vereinfachen. Davon profitieren am Ende alle Nutzer."

(dahe)