Europäischer Polizeikongress: Fingerabdrücke und erweiterte Befugnisse für Sicherheitsbehörden

Beim europäischen Polizeikongress in Berlin forderten BKA und das Bundesamt für Verfassungsschutz mehr Befugnisse für ihre Arbeit.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Europäischer Polizeikongress: Fingerabdrücke und erweiterte Befugnisse für Sicherheitsbehörden

BKA-Chef Holger Münch

(Bild: Detlef Borchers/heise online)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Der zweite Tag des europäischen Polizeikongresses begann mit einer Art Rechenschaftsbericht von Holger Münch, dem Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA). Münch schilderte vor allem Erfolge seiner Behörde, hatte aber auch Forderungen an die Politik. Die Erfolgserzählung unterstützte nachdrücklich die EU-Initiative nach verpflichtender Speicherung der Fingerabdrücke in Personalausweisen. Denn Münch erzählte, wie die erstmals mögliche Suche nach biometrischen Daten im Schengener Informationssystem (SIS II) im Jahre 2018 2400 Treffer nur aufgrund von biometrischen Daten erzielte, wovon 83 zu direkten Festnahmen führten. Dabei spielten Fingerabdrücke die wichtigste Rolle.

Weiterhin forderte er eine neue Ermächtigungsgrundlage für seine Behörde, um aufgeflogene Botnetze mit einem "Stoppbefehl" abzuschalten. Derzeit muss das BKA alle Bundesländer fragen, ehe eine solche Aktion durchgeführt werden kann. Mit einer direkten "Bot-Zuständigkeit" auf Seiten des Bundes könne sofort effektiv gehandelt werden, erklärte Münch den Zuhörern. Dieses Jahr wurde der Polizeikongress von 1980 Personen besucht.

Auch Thomas Haldenwang, der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, kam mit Forderungen nach Berlin. Er wünschte sich "im Einzelfall eine Ausweitung der Befugnisse für die Sicherheitsbehörden in Deutschland", um die ungebremste Propaganda des islamistischen Terrorismus im Cyberraum abschalten zu können.

Im Unterschied zu seinem Vorgänger Hans-Georg Maaßen, der als privater Teilnehmer de Polizeikongress besuchte, fand Haldenwang deutlichere Worte für den rechtsextremistischen "Wirkungsschlag" in Chemnitz: dank der geschickten Lancierung von Fake News im Internet sei es in Chemnitz gelungen, dass "Wutbürger und Extremisten gemeinsam real auf der Straße" marschierten. Als Erfolg setzte Haldenwang dagegen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz mit seinen Hinweisen half, die Gruppen "Revolution Chemnitz", "Freital" und "Old School Society" stoppen zu können.

Ein neuer Gast auf dem Polizeikongress war die Bundesbehörde für Trojanerbau namens Zitis, die einen Stand auf der Begleitmesse hatte ("wir suchen Q, nicht 007") und mit mehreren Sprechern in den Workshops erklärte, dass man nur die "verlängerte Werkbank" von BKA und Verfassungsschutz sei. Zitis-Chef Wilfried Karl nahm an einer Diskussion über Journalismus und Geheimhaltung teil, bei der der Journalist Georg Mascolo, Leiter eines Rechercheverbundes, das Problem so skizzierte: "Wenn die Behörde von Herrn Karl eine geheime Liste hat, wo Trojaner aufgespielt wurden, so sollte dies geheim bleiben, weil sonst laufende Ermittlungen gefährdet werden. Aber wenn Zitis auf dem Markt von Sicherheitslücken einkauft, dann gehört das in die Öffentlichkeit."

Mehr Infos
Eigentlich war Migration das eigentliche Hauptthema des europäischen Polizeikongresses. Zur Eröffnung aber forderte Günter Krings, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, ein einschneidendes Verbot von Tor:

Eine etwas andere Position bezog Julian Reichelt, Chefredakteur des Boulevard-Blatts "Bild". Für ihn war die Berichterstattung in der NSA-Affäre "in weiten Teilen gründlich schief gegangen". Als Beispiel für unzulässige Grenzüberschreitungen nannte Reichelt die Berichte über Abhöranlagen auf dem Dach der US-Botschaft. Der parlamentarische Innen-Staatssekretär Stephan Mayer, der als CDU-Politiker im NSA-Untersuchungsausschuss häufig von Journalisten kontaktiert wurde, beklagte diese Unart. Man werde so geradezu ermuntert, Geheimnisse zu verraten.

In den zahlreichen Workshops des Polizeikongresses wurden IT-Themen behandelt. Die Spannbreite reichte von Diskussionen über den Stand des IT-Programmes Polizei2020 bis hin zum künftigen Einsatz von "Künstlicher Intelligenz" in der Polizeiarbeit. Sie soll die Ermittler beim Betrachten bedrückender Bilder entlasten und die Bildanalyse übernehmen oder in der Prognostik eingesetzt werden. Auch der Einsatz KI-gesteuerter Chatbots in sozialen Medien biete sich an.

(axk)