Facebook: Auch Moderatoren anfällig für Verschwörungstheorien

Die Arbeitsbedingungen bei Facebook-Moderatoren stehen wegen einem neuen Bericht wieder einmal im Fokus. Der zeigt aber auch weitere Schwierigkeiten auf.

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(Bild: dpa, Christophe Gateau)

Lesezeit: 3 Min.

Facebook-Moderatoren, die auf der Plattform aufräumen und Einträge löschen sollen, die gegen die Community-Regeln verstoßen, treffen bei ihrer Arbeit auch immer wieder auf Verschwörungstheorien – und einige fangen an, diese selbst zu glauben. Das ist ein Detail in einem Artikel über die Arbeitsbedingungen der Moderatoren in den USA.

Wie schon andere vor ihm, beleuchtet Casey Newton von The Verge darin die teilweise unerträglichen Zustände, diesmal aber in den USA selbst. Bislang waren vor allem Moderatoren in Ländern wie den Philippinen Objekt der Berichterstattung. Facebook hat darauf verwiesen, dass man bereits viel getan habe, aber noch einige Arbeit nötig sei.

Newton hat mit ehemaligen Moderatoren gesprochen, die in den USA selbst für den Dienstleister Cognizant im Auftrag von Facebook gearbeitet haben. Trotz aller Automatisierungsversprechen müssten noch immer 15.000 Menschen in aller Welt Inhalte prüfen, die von Nutzern gemeldet wurden. Für ihre Arbeit müssen sie etwa Videos von Morden sichten und über eine Löschung entscheiden. Das beginne bereits vor der Anstellung im Training. Werden Bewerber nicht übernommen, würden sie mit den Erfahrungen allein gelassen. Auch für Angestellte gebe es die angebotene Beratung nur bis zum Ende der zumeist nicht langen Anstellung.

Insgesamt bestätigt der Artikel das Bild der Mitarbeiter zweiter Klasse, die auch nur rund ein Zehntel des durchschnittlichen Gehalts bei Facebook selbst bekommen. In den Großraumbüros – im beschriebenen Fall in Phoenix, Arizona – gibt es demnach festgelegte Pausenzeiten, in denen die Toiletten nicht für alle Mitarbeiter ausreichten. Angesichts der traumatisierenden Inhalte, die im Stakkato zu kontrollieren sind, machen die Mitarbeiter immer wieder Witze über ihr schlechtes seelisches Empfinden, hat Newton erfahren. Gleichzeitig würden von Facebook sehr wenige Fehler toleriert, während es bei aktuellen Ereignissen es oft widersprüchliche Vorgaben gebe.

Darüber hinaus sorgten die zu prüfenden Inhalte auch dafür, dass abwegige Überzeugungen unter den Kontrolleuren Verbreitung finden. Ein ehemaliger Moderator etwa zweifle " an bestimmten Aspekten des Holocaust", ein anderer halte den Anschlag vom 11. September 2001 nicht mehr für eine Terrorattacke. Auf den Fluren des Unternehmens sei außerdem ein Prüfer unterwegs, der für die irrige Vorstellung werbe, dass die Erde flach ist. Nach dem Schulmassaker von Parkland seien die Moderatoren zuerst schockiert gewesen, aber angesichts von Verschwörungstheorien auf Facebook und Instagram hätten einige Zweifel an Geschehnissen geäußert.

Wie das Nieman Lab erläutert, ist ein solcher Ablauf keineswegs ungewöhnlich. So hatte die Professorin Kate Starbird von der University of Washington vergangenes Jahr über ihre Arbeit zur Erforschung von Verschwörungstheorien berichtet. Wer das mache, der solle "ein Seil um seine Fußknöchel binden und jemanden haben, der daran zieht", denn das sei wirklich ein desorientierender Teil des Internets. Auch in ihrem Team hätten einige begonnen jene Verschwörungstheorien zu glauben, die sie eigentlich untersuchen sollten. (mho)