Die große Quantenautobahn

Silicon Valley war gestern. Wenn Europa in Sachen Quantentechnologie Erfolg haben will, muss es mit China einen viel schwierigeren Konkurrenten schlagen.

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Die große Quantenautobahn
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Giles

Am 29. September 2017 ermöglichte ein chinesischer Satellit namens Micius zum ersten Mal eine absolut abhörsicher verschlüsselte Videokonferenz zwischen Wien und Peking. Die Videoverschlüsselung selbst war zwar konventionell, aber zum Austausch der digitalen Schlüssel wurde erstmals Quantentechnologie verwendet.

Während Micius mit 29.000 Kilometern pro Stunde über den Nachthimmel flog, schickte der Satellit ein kleines Datenpaket zu einer Bodenstation in Xinglong, ein paar Stunden nordöstlich von Peking. Weniger als eine Stunde später passierte der Satellit Österreich und schickte ein weiteres Datenpaket an einen Empfänger in der Nähe von Graz. Die Pakete enthielten digitale Schlüssel zur Sicherung der Datenübertragung, codiert in einem empfindlichen Quantenzustand miteinander verschränkter Photonen. Jeder Versuch, diese Lichtteilchen abzufangen, hätte nicht nur diesen Zustand und damit auch den Quantenschlüssel zerstört, sondern auch unmissverständlich die Anwesenheit eines Hackers signalisiert.

Der Videoanruf über den Micius-Satelliten war das Ergebnis internationaler Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Anton Zeilinger, einem Quantenphysiker an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, und Jian-Wei Pan, Professor an der University of Science and Technology of China (USTC) – und ein wissenschaftlicher Star seines Landes. Zeilinger, in den 1990er-Jahren Pans Doktorvater, erkannte schon früh das Potenzial in dem damaligen Studenten. "Er konnte mehr, als sich mit theoretischer Physik zu beschäftigen. So schlug ich vor, zu Experimenten überzugehen", erinnert sich Zeilinger.