Neue Zeitzonen für Europa gemäß der Chronobiologie

Schlafforscher Till Roenneberg hält die Sommerzeit für eine Katastrophe und schlägt eine Neuordnung der europäischen Zeitzonen vor.

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Neue Zeitzonen für Europa gemäß der Chronobiologie
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Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Am Wochenende stellen alle EU-Bürger ihre Uhr wieder eine Stunde vor. Bei vielen dürfte ein Jetlag folgen, der sich noch Tage nach der Zeitumstellung bemerkbar macht. Für Schlafforscher Till Roenneberg von der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität ist die Sommerzeit daher ein Unding.

Prof. Dr. Till Roenneberg, Institut für Medizinische Psychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

(Bild: 

LMU / C. Olesinski)

Den Plan der EU-Kommission, die Sommerzeit ab 2021 das ganze Jahr über gelten zu lassen, hält er für "eine Katastrophe", sagt der Schlafforscher gegenüber Technology Review im neuen April-Heft. Wenn überhaupt, sei das Gegenteil sinnvoll, nämlich die ganzjährige Winterzeit.

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Für noch besser hält er allerdings eine Neuordnung der europäischen Zeitzonen. Derzeit müssen sich etwa Spanien und Frankreich nach dem Sonnenstand von Deutschland richten, obwohl sie im selben Längengrad-Bereich wie Großbritannien liegen. Zur Sommerzeit verschärft sich Roenneberg zufolge das Problem sogar noch um eine Stunde. Als Lösung schlägt er vor, die Zeitzonen gemäß der Chronobiologie zu ordnen (siehe Grafik). Auf diese Weise wäre die Abweichung der sozialen Zeit zum Sonnenstand nirgendwo mehr als eine halbe Stunde. Das würde nicht nur den Schlaf verbessern, sondern auch Gesundheitsprobleme lösen.

Die europäischen Zeitzonen (blasse Hintergrundfarben) basieren auf dem jeweiligen Sonnenstand. Die soziale Zeit vieler Länder (kräftige Farben) passt allerdings schon in der Winterzeit (links) nicht dazu. In der Sommerzeit (Mitte) ist die Diskrepanz noch stärker. Die Karte rechts zeigt den Vorschlag von Schlafforscher Till Roenneberg: Die chronobiologisch passende Einteilung in Zeitzonen wäre durch die Ländergrenzen recht genau vorgegeben.

(Bild: Till Roenneberg)

Auch die Weltgesundheitsorganisation sieht Schlafmangel mittlerweile als gefährlich genug an, um ihn zur Epidemie zu erklären. Das moderne Leben mit seinem elektrischen Licht, der Schichtarbeit, dauernden Erreichbarkeit und den Möglichkeiten nächtlicher Unterhaltung haben uns aus dem Takt gebracht. Wir gehen bis zu zwei Stunden später ins Bett als unsere Vorfahren vor hundert Jahren. Für Schlafforscher Matthew Walker von der University of California Berkeley sind die Folgen spürbar: Wer nicht genug und erholsam schläft, mache sich auf Dauer krank, steigere sein Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer, Depression und Krebs und verkürze damit seine Lebenszeit. Schlafen wir zu wenig, nehmen wir auch leichter zu.

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(jle)