Bundesregierung: Polizei soll mit Staatstrojaner Einbrecher jagen können

Um Einbrüche effektiver aufklären zu können, will das Bundeskabinett die Befugnisse der Ermittler zur Telekommunikationsüberwachung erweitern.

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Die Bundesregierung hat am Mittwoch Eckpunkte für eine Reform des Strafverfahrens beschlossen. Ein Ziel der Novelle ist es, den Wohnungseinbruchsdiebstahl schärfer zu bekämpfen. Dazu sollen die Befugnisse der Ermittlungsbehörden für die Telekommunikationsüberwachung vor allem bei einem "serienmäßigen" Vorgehen erweitert werden. Eingeschlossen ist darin die Möglichkeit für die Polizei, auch per Staatstrojaner verschlüsselte Nachrichten mitzulesen, die etwa über Messenger wie WhatsApp, Signal oder Threema ausgetauscht werden.

Generell soll der bereits breit angelegte Straftatenkatalog aus Paragraf 100a Strafprozessordnung (StPO) um den Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung ergänzt werden. Dieser regelte ursprünglich das Abhören klassischer Telefonate oder den Zugriff auf E-Mails. Mit den Stimmen der großen Koalition verabschiedete der Bundestag vor zwei Jahren aber einen Gesetzentwurf, wonach Strafverfolger in zahlreichen Fällen auch verschlüsselte Internet-Telefonate und Chats offiziell ausspionieren dürfen.

Der Gesetzgeber hat damit unter anderem eine Rechtsgrundlage für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) geschaffen. Ermittler können mit dem umstrittenen Instrument die laufende Kommunikation "an der Quelle" abgreifen, bevor sie ver- oder nachdem sie entschlüsselt wurde. Diese Lizenz will das Bundeskabinett nun auf Einbrecher ausdehnen, obwohl gegen das Gesetz zum Einsatz von Staatstrojanern für die alltägliche Strafverfolgung vier Verfassungsbeschwerden anhängig sind.

In der Gesetzesbegründung für das Reformvorhaben soll klargestellt werden, dass die Anordnung einer TKÜ-Maßnahme in diesen Fällen voraussetzt, "dass die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre". Diese Voraussetzung könne "insbesondere bei serienmäßiger Begehung" einer solchen Straftat der Fall sein. Eine Einzeltat, bei der nichts Wertvolles gestohlen und die Privatsphäre der Geschädigten nicht intensiv beeinträchtigt wurde, soll demnach "eher nicht" unter die geplante Klausel fallen.

Bislang griff der Katalog nebst den damit verknüpften Kompetenzen nur, wenn der Verdacht bestand, dass eine Bande Einbrüche begangen hat. Vor allem CDU und CSU machten sich jedoch dafür stark, dass die Telekommunikation auch von Einzeltätern überwacht werden können soll, wenn es sich vermutlich zumindest um einen Serieneinbrecher handelt.

"Wohnungseinbrüche dringen tief in die Privatsphäre der Menschen ein", begründete Bundesjustizministerin Katarina Barley die Initiative. "Das Gefühl in der eigenen Wohnung nicht mehr sicher zu sein, bleibt lange." Die "erhebliche Strafschärfung, die wir 2017 eingeführt haben", zeige zwar Wirkung. Dennoch sei es wichtig, "die Aufklärungsquote weiter zu erhöhen, um die Täter rasch zur Rechenschaft zu ziehen". Die SPD-Politikerin betonte aber auch, dass die entsprechende StPO-Verschärfung zunächst auf fünf Jahre befristet sein und dann evaluiert werden soll.

Mit der skizzierten Strafrechtsreform will die Regierung etwa auch die DNA-Analyse erweitern. Um Anhaltspunkte für das Aussehen "eines unbekannten Spurenlegers" zu gewinnen, soll es über einen geänderten Paragraf 81e StPO ermöglicht werden, "dass auch an aufgefundenem, sichergestelltem und beschlagnahmtem Material molekulargenetische Untersuchungen vorgenommen werden können". Ziel ist es, die Haar-, Augen und Hautfarbe sowie das Alter des mutmaßlichen Täters mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bestimmen zu können.

"Strafverfolgung muss auf der Höhe der Zeit sein", erklärte Barlay dazu. "Zurzeit darf anhand einer DNA-Spur nur die Abstammung und das Geschlecht einer Person zu Strafverfolgungszwecken ermittelt werden." Künftig solle es einfacher werden, "Anhaltspunkte für das äußere Erscheinungsbild des Täters zu gewinnen".

Die Exekutive will es mit den Eckpunkten zudem erwachsenen Opfern von Sexualdelikten gestatten, eine Videoaufzeichnung der richterlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung zu verwenden. So sollen "überflüssige" Mehrfachverhöre entfallen. Um missbräuchlich gestellte Beweisanträge leichter ablehnen zu können, werden die Voraussetzungen für die Annahme einer Verschleppungsabsicht dem Plan nach zudem abgesenkt. Auch das "Verbot einer Gesichtsverhüllung von Verfahrensbeteiligten in Gerichtsverhandlungen" soll gesetzlich geregelt werden. (mho)