Prozessorfahrpläne von AMD und Intel

AMD treibt das Kern-Wettrüsten gegen Intel mit dem Ryzen 3000 munter weiter. Intel wiederum bringt mehrere Mobilprozessoren in Stellung. Wie es dann 2020 weitergeht, ist weniger gewiss.

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Prozessorfahrpläne
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Inhaltsverzeichnis

Die nächste Generation der Ryzen-Prozessoren von AMD wirft ihre Schatten voraus: Auf der Computex Ende Mai in Taipei werden Mainboards mit dem neuen Chipsatz X570 zu sehen sein. Ryzen-3000-Prozessoren mit vermutlich bis zu 16 starken Kernen sollen aber auch auf vielen älteren Mainboards laufen. Intel dürfte mit dem Zehnkerner „Comet Lake“ kontern – vielleicht aber erst später im Jahr. Und während AMD mit dem Ryzen 3000 schon PCI Express 4.0 einführen will, steht das bei Intel frühestens 2020 an. Wir fassen den Stand der Dinge bei Prozessoren zusammen und spekulieren über kommende Chips für Desktop-PCs, Notebooks und Server.

Die nächsten großen Schritte will AMD machen, und zwar mit dem Ryzen 3000 (Matisse) für Desktop-PCs und mit der zweiten Generation von Epyc-Prozessoren (Rome) für Server. Diese Neulinge sollen auch auf bereits vorhandenen Mainboards laufen, passen also in die bisherigen Fassungen. Daraus folgt, dass die Anzahl der Speicherkanäle und der PCIe-Lanes jeweils gleich bleiben muss und auch die Leistungsaufnahme nicht deutlich anwachsen kann. Trotzdem baut AMD doppelt so viele CPU-Kerne mit der neuen Mikroarchitektur Zen 2 ein, die jedem Kern doppelt so viele Gleitkomma- beziehungsweise AVX-Einheiten beschert. Potenziell vervierfacht AMD damit die Gleitkomma-Rechenleistung pro Prozessor. Das soll dank der 7-Nanometer-Fertigungstechnik von TSMC gelingen. Die bisherigen Zen-Prozessoren produziert Globalfoundries mit 14- und 12-nm-Strukturen.

Neu bei den Zen-2-Prozessoren ist auch die Chiplet-Technik, mit der AMD mehrere Chips mit unterschiedlichen Funktionen und unterschiedlicher Fertigungstechnik in einem gemeinsamen CPU-Gehäuse kombiniert. Das zentrale I/O-Chiplet – mit 14-nm-Technik von Globalfoundries – koppelt eines oder mehrere 7-nm-CPU-Chiplets an. Das soll vor allem beim Epyc große Vorteile bringen, nämlich bis zu 64 Kerne in acht Chiplets sowie 128 superschnelle PCIe-4.0-Lanes, die sich zudem in den Betriebsmodus Inifinity Fabric umschalten lassen. Damit kann ein Zen-2-Epyc bis zu vier der ebenfalls neuen Radeon-Instinct-Beschleuniger Cache-kohärent ankoppeln, was enorme Rechenleistungen verspricht.

Auch der Ryzen 3000 besteht aus Chiplets und bekommt wahrscheinlich bis zu 16 Kerne – da kann Intel in der Mittelklasse-Plattform LGA1151v2 nicht mithalten, ganz zu schweigen von PCIe 4.0. Letzteres verdoppelt die Transferrate im Vergleich zu PCIe 3.0 auf rund 1,9 GByte/s pro Lane. Damit lassen sich kommende PCIe-4.0-SSDs und -Grafikkarten schneller anbinden. Ob das nur auf neuen Mainboards mit dem Chipsatz X570 klappt oder auch auf älteren, ist noch offen. Als Starttermin für den ersten 7-nm-Prozessor von AMD wird der 7. 7. 2019 gehandelt. Vielleicht gibt es auf der Computex neue Hinweise dazu – und auch zum Ryzen Threadripper 3000, der kürzlich von der Roadmap verschwunden schien.

Die 2020 erwarteten Ryzen- und Epyc-Prozessoren mit Zen-3-Kernen sollen ebenfalls weiter auf AM4- beziehungsweise SP3-Mainboards passen. Erst 2021 will AMD die Plattform wechseln – ob dann auch DDR5-SDRAM kommt, lässt sich noch nicht einschätzen.

Bei den Accelerated Processing Units (APUs) mit eingebauter Grafik für Notebooks und Desktop-PCs ticken die Uhren langsamer: Hier steckt in den Typen Ryzen 3000G und 3000H noch die nur leicht optimierte Technik Zen+ aus der 12-nm-Fertigung. Erst 2020 dürfte der Umstieg auf Zen 2 kommen, vermutlich dann mit Navi- statt Vega-Grafik.

AMD-Chefin Lisa Su zeigt den Epyc „Rome“ für Server mit 7-Nanometer- Chiplets.

Intel liefert bisher fast ausschließlich 14-nm-Prozessoren, will aber nach jahrelanger Verspätung rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft endlich 10-nm-Chips verkaufen. Das werden „Ice Lake-U“-Prozessoren mit 15 Watt TDP für flache Notebooks sein und wohl auch sparsamere „Ice Lake-Y“-Typen für lüfterlose Tablets. Deren CPU-Kerne nutzen die neue Mikroarchitektur „Sunny Cove“ und sie kooperieren mit einer GPU der 11. Generation (Gen11), die sehr viel mehr 3D-Performance liefern soll als Intels bisherige integrierte Grafikprozessoren. Via DisplayPort 1.4 und HDMI 2.0 steuern sie sogar 8K-Monitore an, und Intel baut auch Thunderbolt 3 ein. Vermutlich wird Ice Lake-Y vier Kerne haben, in der Y-Klasse (siehe Kasten auf S. 107) gab es bisher nur zwei. Dadurch ist der Abstand zu den sparsamen Quad-Core-Billigheimern Celeron N und Pentium Silver alias Gemini Lake nicht mehr groß. Denn einerseits hat Intel die CPU-Kerne dieser sogenannten Atom-Celerons von Generation zu Generation verbessert, andererseits takten die Y-Versionen des potenziell stärkeren Core i nicht sehr hoch.

Auch Intel will 2019 einen Prozessor mit hybrider Fertigungstechnik namens Foveros bringen: Lakefield. Darin kombiniert Intel einen starken „Sunny Cove“-Kern mit vier sparsamen „Tremont“-Kernen sowie einer Gen11-GPU. Lakeview steuert Smartphone-Speicherchips an: LPDDR4-SDRAM und UFS-3.0-Flash. Das erinnert nicht zufällig an Systems-on-Chip mit ARM-Kernen: Lakeview soll Qualcomms Snapdragon-Chips von lüfterlosen Windows-10-Tablets fernhalten.

Während in Ice Lake-U/Y und Lakeview 10-nm-Technik steckt, will Intel auch noch weitere neue 14-nm-Prozessoren für Notebooks bringen: Comet Lake-H mit bis zu 10 Kernen für Gaming-Notebooks und mobile Workstations sowie den Sechskerner Comet Lake-U für Flachmänner. Sie haben im Vergleich zu Ice Lake jeweils mehr CPU-Kerne, aber eine schwächere Grafik.

Für 2020 hat Intel Prozessoren mit der verbesserten Fertigungstechnik „10nm+“ und überarbeiteter Mikroarchitektur Willow Cove angekündigt. Tiger Lake-U dürfte leichten Notebooks sechs CPU-Kerne bringen sowie einen Grafikkern mit der für 2020 versprochenen Grafikarchitektur Xe.

Derzeit wird erwartet, dass Intel sogar noch 2020 neue 14-nm-Prozessoren bringen will: Rocket Lake. Weshalb das nötig sein soll und wie viele Kerne sie haben werden, ist unklar. Vielleicht bringen sie PCIe 4.0 und USB 4.0 alias Thunderbolt 3, direkt eingebaut in neue Serie-400-Chipsätze.

Unklar ist, ob es Ice Lake auch für Desktop-PCs geben wird, also Ice Lake-S. Manches deutet darauf hin, dass Intel hier mit Tiger Lake-S startet, also eher spät im Jahr 2020. Für 2021 sind bei Intel sonst nur einige Codenamen ohne weitere Details bekannt, etwa die „Golden Cove“-Mikroarchitektur.

Ob die Xe-Grafikkarten für Gaming-PCs auch PCIe 4.0 beherrschen werden, weiß man bisher nicht. 2021 will Intel mit Xe-Rechenbeschleunigern für Server jedenfalls in die 7-nm-Fertigung einsteigen. Die dürfte sich grob mit dann aktuellen 5-nm-Chips von TSMC und Samsung vergleichen lassen. Denn die aktuellen 7-nm-Verfahren dieser Auftragsfertiger ermöglichen ähnliche Transistorstrukturen wie Intels 10-nm-Technik.

Einerseits ist es beeindruckend, dass AMD wohl bald schon bezahlbare 16-Kerner für PCs liefern wird. Andererseits gibt es nur wenig Software, die deutlich mehr als sechs oder acht Kerne voll ausreizt. Für viele Apps bleibt die Rechenleistung pro Kern, die Singlethreading-Performance, sehr wichtig.

AMD verspricht, mit Zen 2 auch letztere zu steigern. Damit rückt der Ryzen 3000 noch dichter an Intels Core i heran und wird ihn dank seiner vielen Kerne in vielen Anwendungen ausstechen. Es ist unwahrscheinlich, dass Intel darauf nicht reagiert – aber ob ein Zehnkerner dazu genügt, ist fraglich. Vermutlich wird Intel die Turbo-Frequenzen nicht weit über 5 GHz hinaus treiben können. Einfacher könnte es sein, auch in Desktop-PC-Prozessoren die bisher vor allem in Xeons nutzbaren AVX-512-Einheiten einzubauen. Mit zwei davon pro Kern wäre ein Core i-10000 dem Ryzen 3000 überlegen, allerdings nur bei sehr wenigen Programmen, die AVX-512 schon nutzen. Interessant, dass Maxon erst kürzlich die Version R20 des Cinebench vorgestellt hat, die AVX nutzen kann – auch in AMD-Chips.

Besonders wichtig für AMD ist die nächste Epyc-Generation mit 64 Zen-2-Kernen: Damit soll der Marktanteil bei den lukrativen Serverprozessoren wieder deutlich steigen. AMD heimste schon einige herausragende Supercomputer-Projekte ein.

Wegen der um Jahre verspäteten 10-nm-Technik hängt Intel hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Daher konnte man zwei Jahre nach dem Start des Xeon-SP kürzlich nur eine zweite 14-nm-Generation nachlegen. 2020 will Intel endlich den Ice Lake-SP mit mehr Kernen, mehr Speicherkanälen und PCIe 4.0 bringen. Deutlich mehr Performance pro CPU stellen AMD und Intel für 2021 in Aussicht: Dann gehen die Exaflops-Supercomputer Frontier (AMD) und Aurora (Intel) an den Start, beide von Cray gebaut. Beide Firmen wollen dabei ihre Allzweckprozessoren (Epyc/Xeon) über Cache-kohärente Interconnects eng an Rechenbeschleuniger koppeln: AMD nimmt Infinity Fabric für die Radeon Instinct, Intel den Compute Express Link (CXL) und Xe.

PCIe 4.0 verspricht höhere Zukunftssicherheit für künftige Erweiterungen. Auf der Computex könnten erste PCIe-4.0-SSDs für PCs und Notebooks auftauchen, einen passenden Controller namens PS5016-E16 hat beispielsweise Phison schon auf der CES im Januar demonstriert. Der erreicht seine maximale Performance von mehr als 4 GByte/s aber erst, wenn er acht NAND-Flash-Chips ansteuern kann – und das müssen auch schnelle, aktuelle Bauelemente sein. Somit kann PCIe 4.0 zunächst nur bei teuren SSDs mit hoher Kapazität für mehr Transferrate sorgen.

PCIe 4.0 kommt auch bei Grafikkarten, wird zunächst aber keine großen Leistungssprünge in PC-Spielen bringen. Denn selbst wenn man eine PCIe-3.0-x16-Karte in einem x8-Slot betreibt, wirkt sich die dadurch halbierte Transferrate in der Praxis kaum aus. Die ersten bezahlbaren PCIe-4.0-Grafikkarten dürften welche mit den 7-nm-„Navi“-GPUs sein, die AMD im dritten Quartal ins Rennen schicken will. Ob und wie Nvidia darauf reagiert, etwa mit „Ampere“, hängt von der Navi-Leistung ab: Bisher liegen die Radeons deutlich hinter den aktuellen GeForce 2000 RTX.

Bei USB ist in der nächsten Zeit kein großer Fortschritt der Transferraten zu erwarten – und wohl auch nicht nötig. Denn obwohl USB 3.1 mit SuperSpeedPlus und 10 GBit/s längst bereitsteht, wächst die Auswahl an USB-3.1-Geräten sehr langsam. Viele neue externe SSDs kommen etwa noch mit USB 3.0 (5 GBit/s) – das scheint den meisten Käufern zu reichen. Folglich dürfte USB 3.2 mit bis zu 20 GBit/s noch auf sich warten lassen. Die angekündigte Fusion von USB mit Thunderbolt 3 zu USB 4.0 bringt vor allem mehr Funktionen.

2021 könnten erste x86-Prozessoren mit Speicher-Controllern (auch) für DDR5-SDRAM kommen. Wie üblich, dürfte die erste DDR5-Generation nur geringe Vorteile bringen: Auch RAM reift allmählich über mehrere Chip-Generationen.

DDR5 schafft die Voraussetzungen, um die Datentransferrate pro Speichermodul um fast 80 Prozent im Vergleich zu DDR4 zu steigern, nämlich von 23,5 GByte/s bei DDR4-2933 auf mehr als 41 GByte/s bei DDR5-5200. Um Leistungsaufnahme und Abwärme im Griff zu halten, sinkt die Spannungsversorgung dabei von 1,2 auf 1,1 Volt leicht ab und mehrere Maßnahmen verbessern Signalübertragung und Fehlerkorrektur. Alle drei großen DRAM-Hersteller arbeiten bereits an DDR5-SDRAM, welches die aktuelle DDR4-Technik in einigen Jahren ablösen wird – aber ab wann, ist ungewiss.

Mehr Infos

CPU-Buchstabensuppe: S, H, U, Y, SP & Co.

Sowohl in Typenbezeichnungen wie Core i5-8265U als auch in Codenamen wie Whiskey Lake-U kennzeichnet Intel die Einsatzbereiche von Prozessoren. Sie entsprechen weitgehend den Abwärmeklassen, also den Stufen der Thermal Design Power (TDP), die mit der Bauform der jeweiligen Computer zusammenhängt. „S“ steht für Desktop-PC-Prozessoren mit 35 bis 95 Watt, „H“ für Mobilprozessoren mit 45 Watt für Gaming-Notebooks. „U“ kennzeichnet Chips mit 15 oder 28 Watt für flache Mobilrechner und „Y“ welche mit 3 bis 6 Watt für lüfterlose Tablets. „X“-Typen für LGA2066 schlucken über 160 Watt, „SP“ kennzeichnet den Xeon Scalable Performance.

In den Typenbezeichnungen der bereits auf den Markt gebrachten Prozessoren kommen weitere Buchstabenkennungen vor. Beim Core i für Desktop-PCs steht „K“ für leicht übertaktbare Versionen und „T“ für welche mit niedriger TDP – meistens 35 Watt –, die auch langsamer rechnen. „F“ zeigt an, dass der Grafikprozessor fehlt.

Dieser Artikel stammt aus c't 12/2019. (ciw)