Künstliches Genom in einem Bakterium

Forscher an der University of Cambridge haben E. coli neues Erbgut verpasst – um neue Substanzen herzustellen.

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Künstliches Genom in einem Bakterium

(Bild: NIAID)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Antonio Regalado

Einem Team an der University of Cambridge ist es gelungen, alle Gene eines Bakteriums durch eine vollständige Kopie eines im Labor synthetisierten Genoms zu ersetzen. Dabei handelte es sich um den bekannten Darmorganismus E. coli. Die Forscher hoffen, damit eines Tages Bakterien schaffen zu können, die genetisch so maßgeschneidert sind, dass sie spezielle Materialien herstellen – etwa Kevlar oder ein anderes Polymer.

Das Verfahren erfolgte dabei schrittweise, wie es in dem Paper heißt. So wurde nach und nach das komplette Erbgut mit seinen 4 Millionen DNA-Buchstaben ausgetauscht.

"Es dauerte zwei Jahre, aber wir wollen die Technik an den Punkt bringen, wo wir neue synthetische Genome in weniger als einem Monat schaffen können", sagt Jason Chin, ein Biologe beim UK Medical Research Council, der das Team leitete. "Das würde das Forschungsfeld massiv beschleunigen, die Anzahl der Dinge, die wir herstellen und testen können."

Die ersten synthetischen Bakteriengenome wurden 2008 und 2010 am J. Craig Venter Institute geschaffen. Doch das E. coli-Genom, das vier Mal so groß ist, wäre ein neuer Rekord. Ein weiteres Konsortium versucht, Backhefe mit künstlichen Genen zu schaffen, doch das Projekt ist noch nicht fertiggestellt.

Durch den Ersatz des Genoms des Bakteriums vereinfachten die Forscher es auch. Einige der aus drei Buchstaben bestehenden DNA-Instruktionen, Codon genannt, wurden dazu ersetzt. Sie werden von Zellen verwendet, um zu bestimmen, welche der 20 Aminosäuren sie einem Protein zuschlagen sollen.

Am Ende enthielt das E. coli nur 61 statt der üblichen 64 Codons. Das bedeutet, dass die neue Spezies des Bakteriums, Syn61 genannt, nicht nur vom Menschen hergestellte Gene aufweiset, sondern auch zeigt, dass ein Organismus mit etwas Leben kann, dass die Forscher einen "komprimierten genetischen Code" nennen. "Das eine ist eine technische Leistung, das andere zeigt uns etwas grundlegendes über die Biologie und wie formbar der genetische Code wirklich ist", sagt Chin.

Die Vereinfachung des E. coli-Genoms bedeutet auch, dass nicht mehr verwendete Teile des Codes für andere Dinge verwendet werden können. Beispielsweise könnte man diese verwenden, um das Bakterium zur Herstellung von Proteinen zu verwenden, Proteine herzustellen, die einige der mehreren Hundert Aminosäuren nutzen, die normalerweise vom Leben nicht verwendet werden. Damit könnte man in Bakterien beispielsweise ungewöhnliche Polymere züchten, etwa das Material, was in schusssicheren Westen steckt.

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Es gibt aber auch noch eine wissenschaftliche Frage zu beantworten, sagt Chin. Seit den 60er Jahren, als Forscher erstmals den DNA-Code entschlüsselten, fragt man sich, warum er so arbeitet und nicht anders – obwohl es noch gänzlich andere Möglichkeiten geben würde.

1968 schrieb Francis Crick, der Co-Entdecker der chemischen Struktur der DNA, es handele sich um einen "eingefrorenen Unfall". Nachdem einfache Lebensformen entstanden waren, wurde der Drillingscode festgezurrt, weil jede Abweichung von dem universellen Programm ein großer Nachteil gewesen wäre. "Durch die Entfernung von Codons brechen wir mit dieser gemeinsamen Sprache. Wir tauen den Code auf", sagt Chin.

(bsc)