Tinder wickelt Zahlungen selbst ab, um Google-Provision zu umgehen

Tinder wickelt Bezahlungen in der App künftig selbst ab, um hohe Google-Provisionen zu sparen. Das verstößt gegen die Nutzungsbedingungen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 84 Kommentare lesen
App Tinder
Lesezeit: 2 Min.

Die populäre Dating-App Tinder rebelliert gegen Google und wickelt ab sofort alle Zahlungen innerhalb der App selbst ab. Das ist durchaus verständlich, schließlich ist die Provision, die Google von App-Entwicklern einbehält, recht hoch: Wie auch bei Apple beträgt sie maximal 30 Prozent der Einnahmen. Allerdings verstößt Tinder mit seiner Änderung gegen die Nutzungsbedingungen von Google Play. Theoretisch könnte die Tinder-App deshalb sogar aus dem App-Store fliegen. Die App gehört zu den umsatzstärksten Angeboten.

Tinder-Nutzer, die etwa "Tinder Gold" abonnieren wollen, müssen nun ihre Kreditkartendaten direkt der App angeben und können nicht mehr die bei Google Pay hinterlegten Zahlungsinformationen verwenden. Ist das geschehen, entfernt Tinder die Möglichkeit, Google Play für künftige Zahlungen zu verwenden, berichtet Bloomberg und beruft sich dabei auf den Macquarie-Analysten Ben Schachter. Google entgehen so Millionen US-Dollar, zudem ist ein Dominoeffekt zu befürchten. Läuft das gewagte Experiment bei Tinder gut, könnten auch andere Apps ihre Zahlungsprozesse umstellen, um die hohen Provisionen einzusparen.

Hinter Tinder steckt die Firma Match Group Inc. Ob sie künftig auch den Apple App-Store umgehen will, ließ Match gegenüber Bloomberg unbeantwortet. In einem Statement erklärte eine Unternehmenssprecherin aber, dass die Match Group "stets neue Updates und Funktionen" testet. "Wir versuchen immer, Optionen anzubieten, die den Nutzern zugutekommen. Das Angebot von Zahlungsoptionen ist ein Beispiel dafür." Alles also nur ein Experiment? Wie Google darauf reagieren wird, ist unklar; bislang ist noch nichts passiert.

Auch andere Unternehmen begehren auf gegen die hohen Provisionen, die Google und Apple einstreichen. Spotify etwa hatte eine Kartellbeschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Der Vorwurf: Apple verschaffe sich "unfaire Vorteile", weil die Anbieter keinen anderen Zahlungsdienstleister als Apple verwenden dürfen. Netflix hat neulich die Möglichkeit gestrichen, via App-Store ein Abo abzuschließen. Epic Games hatte im Sommer 2018 erklärt, Fortnite nicht via Google Play verbreiten zu wollen. Tinder hingegen nutzt den Play Store weiterhin, um die App zu vertreiben. Andere Apps leiten die Nutzer zurück auf ihre Websites, um dort Zahlungen abzuwickeln. (dbe)