Hetzefrei: Bündnis fordert mehr Solidarität mit Betroffenen von Hassrede

"Wer Eine*n von uns angreift, greift alle an", erklärt die Bewegung "No Hate Speech" am Internationalen Aktionstag für Leidtragende von Hass im Netz.

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Hetzefrei: Bündnis fordert mehr Solidarität mit Betroffenen von Hassrede

(Bild: silvabom/Shutterstock.com)

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Eine konsequente Strafverfolgung sei wichtig, wenn Hass in Straftaten umschlägt, meint die Allianz "No Hate Speech". Sie kritisiert aber zugleich den bisherigen Fokus der Bemühungen gegen Online-Hetze: "Wenn es um Hass im Netz geht, stehen allzu oft die Täter*innen im Vordergrund", heißt es in einer Erklärung der Bewegung zum internationalen Aktionstag gegen "Hate Speech" am heutigen Montag. "Die betroffenen Menschen bleiben hingegen im Schatten und sind häufig auf sich allein gestellt."

Das Bündnis fordert daher, Opfern mit "digitaler Zivilcourage" Solidarität zu zeigen. So sollten Nutzer etwa in Kommentarspalten sozialer Medien einschlägigen Äußerungen widersprechen. Nötig seien zudem weitere "Beratungs- und Informationsangebote, Gesetze und deren Durchsetzung". Die Bewegung verweist in diesem Zusammenhang auch auf ein "Online-Helpdesk" des Vereins Neue deutsche Medienmacher, der die Initiative koordiniert. Der "Erste-Hilfe-Koffer" gegen Hasskommentare im Internet zeigt, an welche Stellen sich Betroffene schnell und praktisch wenden können.

Nur "eine kleine Minderheit" wünscht sich nach Angaben der Allianz, "dass wir alle in Schock verharren oder uns sogar aus den sozialen Netzwerken vertreiben lassen, während im Internet menschenverachtender Hass und demokratiefeindliche Hetze verbreitet wird". Tatsächlich "ist und bleibt" der Ton im Netz menschenfeindlich angesichts von Beleidigungen über Gewaltandrohungen und Vergewaltigungsfantasien bis hin zu erfundenen Todesanzeigen. Das Bündnis hält dagegen: "Wir machen das nicht mit."

Zu den Unterzeichnern der Erklärung, die am Montagabend in Berlin im Zentrum einer Podiumsdiskussion mit Medienschaffenden unter dem Motto "#hetzefrei" stehen soll, gehören etwa die Amadeu-Antonio-Stiftung, der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), die Autorin und Aktivistin Anne Wizorek, die Bundesministerien für Familie sowie für Justiz, die Bundeszentrale für politische Bildung, der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM) sowie Bundestagsabgeordnete der SPD, der Linken und der Grünen wie Petra Pau, Renate Künast oder Konstantin von Notz. Die Bewegung "No Hate Speech" an sich geht auf den Europarat zurück. Zu den aktuellen Förderern hierzulande zählen neben dem Familienressort die Zeit-Stiftung, Twitter Europa und Facebook Deutschland.

"Wir dürfen bei der Bekämpfung von Hass im Netz nicht lockerlassen", unterstrich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht angesichts des Aktionstags. Aufrufe zum Mord, Volksverhetzung, Drohungen und Beleidigungen sind laut der SPD-Politikerin "kein Ausdruck der Meinungsfreiheit". Es handle sich dabei um "strafbare Handlungen, die verletzen, ausgrenzen und aufstacheln sollen".

Die Betreiber sozialer Netzwerke seien dazu verpflichtet, ihre Nutzer vor Angriffen zu schützen und strafbare Kommentare zu entfernen, stellte die Ministerin klar. Es gelte, ein deutliches Zeichen zu setzen, dass sich immer mehr Menschen aktiv für Vielfalt und friedlichen Austausch im Internet stark machen wollen: "Wir alle sind aufgerufen, uns dem Hass im Netz entgegenzustellen und den Betroffenen zur Seite zur stehen. Wir können die Vielfalt im Netz nur bewahren, wenn wir diejenigen schützen, die sich täglich für Meinungsfreiheit, Rechtsstaat und Demokratie einsetzen.‎"

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, kündigte parallel an, Projekte gegen Extremismus mit rund 6,5 Millionen Euro unterstützen zu wollen. Der Schwerpunkt liege auf Initiativen, in denen junge Menschen ihre Medienkompetenz ausbauen könnten und die sich der kulturellen Integration widmeten. Zu den geförderten Projekten gehören Rise, das "jugendkulturelle Antworten auf islamistischen Extremismus" liefern soll, sowie die bis 2021 laufende Initiative "gemeinsame Vergangenheit – gemeinsame Zukunft“ des Museums für Islamische Kunst der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für "reflektierte Selbst- und Fremdbilder". (mho)