Fünf Mal tief durchatmen

Die App Pinterest will Druck von den Nutzern nehmen und bietet Entspannungsübungen an. Das ist ein bisschen paradox.

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Soziale Medien machen unglücklich, so lautet eine Annahme in aller Kürze, die immer wieder mal im Zusammenhang mit den Plattformen auftaucht. Dass man das differenzierter betrachten muss, darauf hat nicht zuletzt Facebook selbst hingewiesen. Das Netzwerk betont in einem Beitrag auf seiner Unternehmensseite, dass sich Nutzer, die Facebook passiv verwenden, also lediglich durch die Timeline scrollen, danach tendenziell schlechter fühlen, als solche Nutzer, die sich aktiv im Netzwerk beteiligen, selbst posten und kommentieren. Das ist natürlich ein Ergebnis, das Facebook in die Hände spielt.

Aber auch Forscher von den Universitäten Oxford und Hohenheim mahnen, dass man die Wirkung von sozialen Medien auf das Wohlbefinden nicht pauschal als negativ bezeichnen kann. Sie stellten in ihrer Langzeitstudie mit Jugendlichen zwischen 10 und 15 Jahren nur geringe Wechselwirkungen zwischen der Nutzung von sozialen Medien und der Lebenszufriedenheit fest.

Nichtsdestotrotz geht der Bilderdienst Pinterest nun einen (weiteren) Schritt auf die mentale Gesundheit seiner Nutzer zu. So berichteten die Kollegen von heise online in der vergangenen Woche, dass Pinterest eine Reihe von Entspannungsübungen einführt, die das emotionale Befinden verbessern sollen – zunächst in den USA. Das neue Feature erscheint, wenn die Nutzer bestimmte Suchbegriffe in der App eingeben, etwa "Stress-Zitate" oder "Arbeitsangst". Zwischen den Suchergebnissen wird dann ein Pop-Up-Fenster erscheinen, das verschiedene Übungen mit unterschiedlichem Zeitaufwand vorschlägt. Zum Beispiel: "Leg dein Telefon zur Seite und atme fünfmal tief durch." Ein professionelle Hilfe solle das jedoch nicht ersetzen, betont Pinterest in einem Unternehmensbeitrag.

Zu begrüßen ist es allemal, dass Nutzer mit ersten Stress- und/oder Überforderungsanzeichen schnelle und einfache Tipps vorfinden. Vor allem in der niedrigen Einstiegshürde zur Hilfesuche liegt ein Vorteil im Angebot der App. Paradox ist aber, von wem das Angebot kommt. Schließlich üben die sozialen Medien, wozu ich auch den Bilderdienst Pinterest zähle, einen Teil des Drucks aus und sind damit auch ein Teil des Problems. Und selbst wenn eine Entspannungsübung empfiehlt, das Handy mal für eine Minute wegzulegen, so ist der Nutzer durch die Anweisung immer noch auf die App angewiesen, etwa um den nächsten Schritt der Übung zu erfahren. Es besteht also noch Verbesserungspotenzial.

(jle)