Intel verdaut den Epyc-Hieb, Alibaba setzt auf RISC-V

Jetzt muss AMD nur noch liefern: Der Epyc 7002 hält, was versprochen war – und Intel versucht, den Schaden zu begrenzen. Der chinesische Cloud-Gigant Alibaba wendet sich von AMD, Intel und ARM ab.

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Intel verdaut den Epyc-Hieb, Alibaba setzt auf RISC-V
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Nun ist er da und glänzt mit enormer Leistung: AMD hat den Epyc7002 herausgebracht. Eine Fülle neuer Epyc-„Rome“-Server macht Intels Xeons nun das Leben schwerer, auch Google greift zu. Als Rome-Konter aus dem Handgelenk kündigte Intel-Managerin Lisa Spelman für das erste Halbjahr 2020 einen 56-Kern-Xeon der neuen 14-nm-Generation Cooper Lake an. Der soll dann nicht mehr – wie der bisherige 56-Kerner Xeon Platinum 9200 – nur als fertiges Modul erhältlich sein, sondern in Wechselfassungen passen und auch weniger als 400 Watt verheizen.

Doch Intel schneidet auch Zöpfe ab: Die hauseigene Omni-Path-Architecture (OPA), letztlich eine Abwandlung von Infiniband, kommt weg. Das trifft die angekündigte Version OPA 200, die eigentlich gegen Infiniband HDR mit 200 GBit/s vor allem in Supercomputern antreten sollte. Intel wollte OPA 200 in teure „F“-Xeons (F für Fabric) einbauen – aber PCIe-Karten sind flexibler. Nun dominiert die von Nvidia gekaufte Firma Mellanox den Infiniband-Markt, die längst schon PCIe-4.0-Karten für Infiniband und 100-Gbit/s-Ethernet liefert, die wiederum gut zu den neuen Epyc-Servern mit PCIe 4.0 passen – während die Xeons bei PCIe 3.0 festkleben.

IBM und die Partner in der Openpower Foundation entwickeln derweil ihre OpenCAPI-Schnittstelle weiter: Microsemi stellt einen Speicher-Adapterchip für das Open Memory Interface (OMI) vor, der RAM über einen x8-Link mit rund 25 GByte/s anbindet. Ein solcher Speicherriegel heißt abgekürzt OMI-DDIMM, letzteres steht für Differential Dual Inline Memory Module. Damit lässt sich der Arbeitsspeicher kommender Power9-Server enorm erweitern.

Noch weit entfernt von solchen High-End-Geschwindigkeiten, aber trotzdem viel diskutiert ist die RISC-V-Technik. Der chinesische Handelsgigant Alibaba, der Amazons Vorbild auch mit einer riesigen Cloud-Dienstleistungssparte folgt, kündigt einen hauseigenen RISC-V-Prozessor mit 16 Kernen an. Alibaba hatte sich 2018 den Chipentwickler C-Sky aus Hangzhou einverleibt und daraus die Tochterfirma Pingtou Ge geschmiedet, zu deutsch Honigdachs. Die hat das bisher angeblich schnellste RISC-V-Design entwickelt: Die 16 Kerne des Black Iron 910 (Xuan Tie 910) sollen bis zu 2,5 GHz schaffen und mit einem ARM Cortex-A72 vergleichbar sein – letzteren kennt man beispielsweise aus dem Raspberry Pi 4.

Beim Black Iron 910 handelt es sich allerdings nicht um einen kompletten Prozessor, sondern um einen sogenannten IP-Kern, der zur Integration in Systems-on-Chip gedacht ist. Ob solche dann dereinst auch außerhalb von Alibaba-Rechenzentren zu finden sein sollen, ist unklar. Auch Huawei ist Mitglied der RISC-V Foundation und entwickelt eigene Server-Chips, bisher aber noch mit ARM-Kernen.

Andere Experten tüfteln derweil an einer Erweiterung der RISC-V-Befehlssatzarchitektur (ISA) für 3D-Grafik. Die Projektgruppe hat noch keinen Namen, aber die chinesische Firma Gowin und die US-amerikanische Pixilica haben erste Ideen auf der SIGGRAPH 2019 vorgestellt, und zwar im Rahmen der CHIPS Alliance. Letztere wiederum arbeitet unter dem Dach der Linux Foundation an RISC-V.

Neu bei AMD ist nicht nur der Epyc 7002, sondern auch Ex-ATI-Mann Rick Bergmann als Chef der Sparte „Computing and Graphics“. Er ist der dritte auf diesem Posten in nur zwei Jahren: Er folgt auf Sandeep Chennakeshu, der nur wenige Monate durchhielt; davor war Saeid Moshkelani am Ruder, der es wiederum erst im August 2018 von Jim Anderson übernommen hatte. Die Webseite Wccftech spekulierte bereits, Lisa Su wolle Rick Bergman als Thronfolger aufbauen, um ihren eigenen Wechsel zu IBM einzuleiten, doch Lisa Su dementierte innerhalb kürzester Zeit: „Ich liebe AMD und das beste kommt noch“, ließ sie per Twitter wissen.

Intel ist unter anderem mit der neuen Spectre-Sicherheitslücke „Swapgs“ beschäftigt, die sich nur unter Windows ausnutzen lässt, aber dort sämtliche bisherigen Patches umgeht. Das berichten Experten von Bitdefender auf der Black Hat USA 2019. Microsoft liefert neue Patches bereits aus, diesmal sind keine Microcode-Updates nötig.

Einige Xeon-SP liefert Intel auch als „F“-Version mit eingebautem OPA-Fabric (Anschluss unten), das nun aussterben wird.

Ansonsten stehen bei Intel erst einmal Notebooks im Fokus, zur IFA dürfte man die ersten mit Ice-Lake-U-Prozessoren sehen. Außerdem sind 15-Watt-Sechskerner alias Comet Lake-U zu erwarten. Der Comet Lake-S mit 10 Kernen für Desktop-PCs scheint eher ins nächste Jahr zu driften – bisher sind noch keine der üblichen „Leaks“ wie zufällig entschlüpfte Geekbench-Ergebnisse und versehentliche Online-Angebote zu finden, die neuen Prozessoren für gewöhnlich vorauseilen. Auch der zur Computex als lascher Ryzen-3000-Konter avisierte Core i9-9900KS mit 5 GHz Turbo auf allen Kernen materialisierte sich bisher nicht. Nur zu neuen Billigheimern tauchen Hinweise auf: Eine zweite „Refresh“-Generation der Gemini Lakes soll etwa als Celeron N4120 oder auch Pentium J5040 kommen.


Dieser Beitrag stammt aus c't 18/2019 (ciw)