Leak: Wie TikTok-Moderatoren Inhalte zensieren

Ein geleaktes Dokument zeigt, welche Inhalte Moderatoren der chinesischen App TikTok löschen sollen. Auf der Liste stehen auch 20 Namen.

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Leak: Wie TikTok-Moderatoren Inhalte zensieren

(Bild: John YE/Shutterstock.com)

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Die chinesische App TikTok lässt kontroverse Inhalte nicht zu – was konkret alles zensiert wird, zeigt ein Dokument mit Regeln für die Moderatoren, das jetzt bekannt wurde. Der Vorwurf der Zensur steht spätestens seit den Protesten in Hongkong im Raum. Betroffen sind aber auch weitere Themen aus dem Bereich Politik und Religion. Selbst manche Namen gehören bei TikTok verbannt.

Das geleakte Dokument konnten Journalisten des britischen Guardian einsehen. Die Moderatoren der App werden darin aufgefordert, alles zu zensieren, was etwa mit dem Tiananmen-Platz zu tun hat, auf dem 1989 Proteste blutig niedergeschlagen wurden. Auch darf weder eine mögliche Unabhängigkeit Tibets in der App kommuniziert, noch die religiöse Gruppe Falun Gong angesprochen werden. Wobei die Moderatoren nicht alle Inhalte automatisch löschen müssen, Grenzfälle stellen sie auch auf "visible to self" – damit können sie die Verbreitung unterbinden.

Die Kategorien der zu verbannenden Inhalte sind so gestaltet, dass sie zunächst sehr generell und weitläufig klingen. Als Beispiel führen die Journalisten an, falle Kritik am chinesischen Sozialismus unter "Attacken gegen politische und soziale Richtlinien in allen Ländern; etwa konstitutionelle Monarchie, Monarchie, parlamentarische Systeme, Gewaltenteilung, Sozialismus etc.". Eine weitere Regel besagt, kontrovers diskutierte Themen gehörten nicht auf die Plattform. Dazu zählten "Seperatismus, Religionskonflikte, Konflikte zwischen ethnischen Gruppen, etwa islamischen Glaubensrichtungen, die Abspaltung Nordirlands, die autonome Republik Tschetschenien, Tibet und Taiwan sowie mögliche Konflikte zwischen hellen und dunkelhäutigen Menschen".

Während jedoch ein Großteil der Fälle mit der Markierung "eingeschränkte Sichtbarkeit" nicht mehr weiter verbreitet wird, ist alles, was etwa Falun Gong betrifft zu löschen, weil diese Inhalte als "Gewalt" eingestuft werden. Löschenswert sind auch Videos und Kommentare zu 20 konkreten Personen; von Kim Jong-il über Putin, Trump und Obama bis Mahatma Ghandi.

Auf Nachfrage des Guardian erklärte ByteDance, das in Peking ansässige Unternehmen, zu dem TikTok gehört, die Regeln aus dem Dokument seien veraltet und im Mai abgelöst worden, also vor den Protesten in Hongkong und den damit aufgekommenen Zensur-Vorwürfen gegen TikTok, dass Hongkong-Proteste unterrepräsentiert seien. Konflikte sollten in der App minimiert werden, unabhängig von Land und Thema. Mit der globalen Nutzung von TikTok habe man erkannt, dass der Ansatz nicht richtig gewesen sei und deshalb auf lokale Teams gesetzt, die die Verantwortung tragen. Den Hongkong-Zensur-Vorwürfen entgegnete ByteDance bereits mit dem Argument, TikTok sei ein Ort der Unterhaltung, nicht für politische Inhalte.

Googles Tochterfirma Youtube hat 210 Kanäle gelöscht, die im Zusammenhang mit Protesten in Hongkong stehen – und verwies indirekt auf China als Urheber der Inhalte. Auch Twitter und Facebook berichteten von einer chinesischen Kampagne, mit der Demonstranten diskreditiert werden sollten. Bei Twitter wurden 936 Accounts entdeckt, über die koordiniert politischer Streit in Hongkong gesät werden sollte. Die Proteste in Hongkong richten sich gegen die chinesische Regierung. Auslöser war eine geplante Novelle des Gesetzes über flüchtige Straftäter und Rechtshilfe in Strafsachen. Die Gegner vermuten, damit werde das von China weitgehend unabhängige Rechtssystem der Sonderverwaltungszone Hongkong ausgehöhlt. (emw)