E-Privacy: EU-Staaten lassen Verordnung scheitern, Kommission will Neustart

Nach knapp drei Jahren sind die Verhandlungen zur E-Privacy-Verordnung im Ministerrat in einer Sackgasse gelandet. Die Kommission will neu beginnen.

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E-Privacy: EU-Staaten lassen Verordnung scheitern, Kommission kündigt Neustart an

(Bild: Tero Vesalainen/Shutterstock.com)

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Die lange umstrittene E-Privacy-Verordnung für Datenschutz in der elektronischen Kommunikation ist tot, doch die EU-Kommission versucht sie unter neuen Vorzeichen noch einmal zum Leben zu erwecken. Bereits am 22. November hatte der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper) den Kompromissvorschlag der finnischen Ratspräsidentschaft zurückgewiesen. Eine Aussprache der zuständigen Justizminister dazu bei ihrem Treffen am Dienstag in Brüssel zeigte nun, dass die Differenzen zwischen den EU-Staaten kaum überwindbar sind.

Mehrere Regierungsvertreter stellten infrage, ob eine eigene E-Privacy-Verordnung überhaupt nötig sei, berichtet Netzpolitik.org. Ursprünglich sollte das Gesetz nach dem Willen der EU-Kommission bereits im Mai 2018 parallel mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft treten. Doch das Dossier mit Knackpunkten wie Regeln für Nutzer-Tracking etwa für zielgerichtete Werbung, das Setzen von Cookies und dem Umgang mit Metadaten wie Verbindungs- oder Standortinformationen war schon damals unter den Mitgliedsstaaten zu sehr umkämpft.

Finnland hatte mit dem jüngsten Anlauf versucht, möglichst viele Bedenken zu berücksichtigen und den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden. Eine Vorratsdatenspeicherung oder Tracking durch Nachrichtenseiten ohne Zustimmung gehörten zu den Optionen, die die Ratsspitze offen halten wollte. Trotzdem mahnten mehrere Staaten wie Deutschland oder Polen bei der Debatte, dass der finnische Ansatz Innovationen in der datengetriebenen Wirtschaft behindern könnte. Auch Österreich erachtete die "Zukunftstauglichkeit" der Initiative als fraglich.

Redner aus Dänemark, Spanien und Slowenien stellten sich hinter den "ausgeglichenen" Text aus Finnland und bedauerten, dass im Rat keine Einigung möglich war. Luxemburg beklagte, dass die Politik damit drei Jahre Zeit verschwendet habe und außer reinen Lippenbekenntnissen zum Schutz der Privatsphäre im Internet nichts herausgekommen sei.

Der frischgebackene EU-Kommissar für Binnenmarkt und Industrie, Thierry Breton, kündigte an, einen ganz neuen Gesetzesentwurf vorlegen zu wollen. Unter dem früheren Geschäftsführer des französischen Technologie-Konzerns Atos dürfte das Dossier wirtschaftsfreundlicher ausfallen.Die Kommission hatte den ersten Aufschlag Anfang 2017 gemacht und damit rasch eine heftige Lobbyschlacht ausgelöst, in die sich neben großen US-Plattformen etwa auch hiesige Verlage einbrachten. Das EU-Parlament wollte die Initiative vor zwei Jahren verschärfen und sprach sich für Tracking nur mit explizitem Opt-in der Nutzer aus.

Mit einem neuen Kommissionspapier ist frühestens 2020 zu rechnen, das Gesetzgebungsverfahren dürfte dann wieder jahrelang dauern. Bis dahin sind vor allem die Vorgaben aus der DSGVO entscheidend, die im Bereich der elektronischen Kommunikation aber lückenhaft sind. (axk)