Arbeitsgericht: Crowdworker ist nicht fest angestellt

Das Landesarbeitsgericht München hat im Fall eines Crowdworkers entschieden, dass er selbstständig und nicht bei seinem Online-Auftraggeber angestellt ist.

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Arbeitsgericht: Crowdworker ist nicht fest angestellt

(Bild: Prostock-studio/Shutterstock.com)

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Von
  • Simon Koenigsdorff

Das Landesarbeitsgericht München hat in zweiter Instanz entschieden, dass ein Crowdworker nicht als Angestellter der Internetplattform gilt, die ihm Arbeitsaufträge vermittelt hat. Damit lehnte das Gericht die Klage eines Crowdworkers ab, die als bedeutend für den rechtlichen Status von sogenannter Plattformarbeit gilt.

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Die Richter waren laut einer Pressemitteilung des Gerichts der Ansicht, die Rahmenvereinbarung des Crowdworkers erfülle nicht die Anforderungen an einen vollen Arbeitsvertrag, "weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthält." Ein Arbeitsvertrag liege nur dann vor, wenn er eine "Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit" enthalte und der Arbeitgeber zu "Zeit, Ort und Inhalt" der Arbeit Anweisungen gebe und den Angestellten in seine Arbeitsorganisation einbinde.

Der Crowdworker hatte gegen die Internetplattform geklagt, nachdem diese die Zusammenarbeit mit ihm beendet hatte. Er hatte sich aber als unbefristeter Angestellter gesehen und die Entscheidung des Plattformbetreibers angefochten. Über eine App hatte er von der Plattform Aufträge vermittelt bekommen, bei denen er innerhalb einer festgesetzten Frist Fotos der Warenpräsentation in Tankstellen und anderen Geschäften schießen und zur Überprüfung einreichen musste. In rund 20 Wochenstunden kamen so offenbar etwa 1800 Euro im Monat zusammen, was nach Angaben des Gerichts einen "erheblichen Teil" seines Lebensunterhalts dargestellt hatte.

Der Betreiber der Internetplattform hatte argumentiert, der Crowdworker sei selbstständig und habe die Aufträge nach eigenem Ermessen übernommen. Dieser Ansicht schloss sich nun auch das Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz an, ließ aber wegen grundsätzlicher Bedeutung eine Berufung zum Bundesarbeitsgericht zu. Nach Ansicht des Landesarbeitsgericht reiche die Tatsache, dass der Kläger sich unter Druck gefühlt habe, kontinuierlich Aufträge anzunehmen, nicht für ein volles Arbeitsverhältnis aus, das einen Arbeitnehmer stärker geschützt hätte. Die Richter betonten jedoch auch, dass die Frage, ob durch das Anklicken eines Auftrags in der App jeweils ein befristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, weiterhin offen sei.

Die IG Metall zeigte sich enttäuscht. "Aus unserer Sicht gibt es klare Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger, den wir in dieser Auseinandersetzung unterstützen, als Arbeitnehmer einzustufen ist", sagte die Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Christiane Benner. Dazu zählten als Kriterien, inwieweit der Crowdworker vom Auftraggeber persönlich wirtschaftlich abhängig sei, ob er in den Betriebsablauf eingebunden sei und weisungsgebunden arbeite. Die IG Metall wolle die Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob sie vor das Bundesarbeitsgericht gehe.

Laut dem "Crowdworking Monitor" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) aus dem Jahr 2018 arbeiten rund 4,8 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung in Deutschland als Crowdworker. "Und es ist zu erwarten, dass diese Zahl deutlich ansteigen wird", schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einem aktuellen Positionspapier zum Thema. Der DGB befürchtet seit langem prekäre Arbeitsverhältnisse von Crowdworkern und fordert faire Regeln.

In einem Gutachten für das Bundesarbeitsministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) – ebenfalls aus dem Jahr 2018 – wird die "rechtliche Kategorisierung" des "Crowdworkings" als "außerordentlich schwer" beschrieben. Der Grund sei ein "Dreiecksverhältnis zwischen Crowdsourcer, Plattform und Crowdworker". (Mit Material der dpa) / (siko)