San Francisco: Fast die Hälfte der Einwohner will weg

Die Bay Area rund um San Francisco verzeichnete hinsichtlich der Einwohnerzahl in den vergangenen 12 Monaten die geringste Wachstumsrate seit 15 Jahren.

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Fahrt auf der Bay Bridge Richtung San Francisco in einem Lyft/Uber-Fahrzeug

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Jurran

"Arbeiten, wo andere Urlaub machen" ist ein beliebter Satz deutscher Auswanderer, die in Doku-Soaps vor laufender Fernsehkamera nach Kalifornien ziehen. Die Realität ist oft weitaus weniger romantisch – und so kehren nach einem Bericht der Mercury News tatsächlich immer mehr Menschen dem US-Bundesstaat den Rücken. Neue Einwohner kommen immer seltener hinzu. Die Einwohnerzahl Kaliforniens wuchs zwischen Juli 2018 und Juli 2019 nach Angaben des Finanzministeriums daher nur noch um 0,35 Prozent – der schlechteste Wert seit 1900.

Die San Francisco Bay Area mit dem Silicon Valley ist da keine Ausnahme: Aus dem Gebiet zogen in dem erwähnten Zeitraum 3106 mehr Menschen weg als sich neue ansiedelten. Dass die Bay Area dennoch ein Wachstum von 0,42 Prozent vorweisen könne, sei laut Mercury News den Geburten in dieser Zeit geschuldet.

Dennoch sei der Exodus kaum aufzuhalten: Bei einer im Frühjahr 2019 durchgeführten Umfrage gaben zwei Drittel der Bay-Area-Einwohner an, dass sich die Lebensqualität in der Region ihrer Meinung nach in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert habe. 44 Prozent der Befragten gehen daher davon aus, dass sie in den nächsten Jahren die Bay Area verlassen werden. Sechs Prozent hatten sogar bereits konkrete Pläne, in diesem Jahr wegzuziehen.

Der Druck auf die Familien mit kleinen Kindern dürfte in den kommenden Jahren wachsen – wenn der Nachwuchs älter wird und mehr Wohnraum beansprucht. Denn der ist in der Bay Area enorm teuer: Seit 2012 sei der Durchschnittspreis für ein Haus in Kalifornien um fast 75 Prozent auf gut 550.000 US-Dollar gestiegen, schreibt die LA Times, die Miete für ein Apartment liege durchschnittlich bei fast 2300 US-Dollar.

Laut Russell Hancock, Präsident und CEO des Joint Venture Silicon Valley, bekommt man im Silicon Valley nicht einmal mehr eine Garage billig. Dies sei laut Hancock auch ein Grund, weshalb Startups mittlerweile in anderen Gebieten der USA gegründet werden.

Nach US-Konzernen wie Facebook, Microsoft und Google hatte zuletzt Apple den Geldhahn geöffnet, um Wohnungsnot und Obdachlosigkeit an der US-Westküste zu bekämpfen. In Zusammenarbeit mit dem US-Bundesstaat Kalifornien will Apple mit einer Milliarde US-Dollar die Errichtung neuen Wohnraums für Geringverdiener und mittlere Einkommensschichten finanzieren. Eine weitere Milliarde Dollar soll dem Bundesstaat dabei helfen, mehr Hauskäufer bei der Finanzierung und Abbezahlung zu unterstützen. (nij)