Leistungsschutzrecht: Verleger wollen maximal drei Wörter lizenzfrei zulassen

Im Streit über ein neues Leistungsschutzrecht prallen Verlegerbände sowie Google und Facebook frontal aufeinander. Schon bei Überschriften gibt es Knatsch.

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Leistungsschutzrecht: Verleger wollen maximal drei Wörter lizenzfrei zulassen

(Bild: Blackboard/Shutterstock.com)

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Der Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums für einen ersten Korb zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie lässt alte Grabenkämpfe wieder aufbrechen. Bei dem im Kern der Initiative stehenden neuen Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet stößt den Begünstigten vor allem der Versuch des Ressorts übel auf, die europarechtlich vorgeschriebene Ausnahme von einer Lizenzpflicht durch Online-Dienste für "einzelne Wörter oder sehr kurze Auszüge" durch eine Beispielliste zu veranschaulichen.

Die EU-Vorgabe umfasse "ausschließlich ein absolutes Textminimum", betonen die Verbände von Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern BDZV, VDZ und VDL in einer gemeinsamen Eingabe an das Justizministerium. Aus dem Gesetzestext und der Begründung ergebe sich, dass "regelmäßig nicht mehr als drei Wörter" lizenzfrei bleiben dürften. Die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hatte in einer früheren Auseinandersetzung über das ursprüngliche hiesige Leistungsschutzrecht zwischen der VG Media und Google dagegen sieben Wörter ins Spiel gebracht, die Suchmaschinen oder News-Aggregatoren entgeltfrei einbinden dürften. Einem Berliner Richter war dieser Vorschlag sehr knapp vorgekommen.

Entgegen der Skizze des Ministeriums dürften zudem Überschriften nicht per se von einer Lizenzierungspflicht ausgenommen werden, schreiben die drei Verbände. Dabei handle es sich um eine qualitative Kategorie, die zudem typischerweise mehr als einzelne Wörter umfasse und daher auch kein sehr kurzer Ausschnitt sei. Auch die vorgesehene Ausnahme von kleinen Bildern und Videobildern mit maximal drei Sekunden Länge scheide aus, da allein Textauszüge infrage kämen.

Für den Leistungsschutz ist es den Verbänden zufolge zudem unerheblich, inwieweit Presseverleger ihr Online-Angebot "für Suchmaschinen aufbereiten". Damit sei keinesfalls eine Einwilligung von Verlegern verknüpft, ihre Presseveröffentlichungen einfach nutzen zu dürfen. Zulässige Ausnahmen dürften laut einem einschlägigen Erwägungsgrund nicht zugunsten von Suchmaschinen ausgelegt werden. Der Gesetzgeber sollte ferner in der Begründung klarstellen, dass es sich bei umsonst setzbaren Hyperlinks jeweils nur um "den reinen Verweis" in Form der URL handeln dürfe und darüber hinaus keine Auszüge etwa aus einem Artikel abgedeckt seien.

"Bilder fallen weder in die Kategorie 'Wörter', noch passt auf sie die Eigenschaft 'kurz'", unterstreicht auch der Vaunet-Verband privater Medien. Eine Ausnahme von Ton- und Bildfolgen sei ebenfalls nicht richtlinienkonform, zumal deren wirtschaftlicher Wert "unvergleichlich höher ist". Insbesondere im Nachrichtenbereich gebe es einen Markt für die Lizenzierung auch kleinster Ausschnitte. Ferner habe der Europäische Gerichtshof in seinem Sampling-Urteil jüngst allenfalls Voraussetzungen einer rechtsfreien Nutzung von zwei Sekunden eines Schutzgegenstands allein für künstlerische Zwecke gegeben gesehen.

Der Vaunet plädiert daher dafür, die zudem noch kumulative Beispielliste zu streichen. Andernfalls würden die durch das Gesetz adressierten Plattformen und Digitalunternehmen "möglicherweise in die Lage versetzen, ihre Geschäftsmodelle ohne Einholung der notwendigen Lizenzen bei den Inhabern des Leistungsschutzrechts für Presseverleger um- und durchzusetzen". Ohnehin wären darüber hinaus bestehenden Urheber- und weitergehende Leistungsschutzrechte etwa der Sendeunternehmen, Filmproduzenten oder Tonträgerhersteller zu beachten.

Google vermisst in dem Entwurf dagegen eine ausdrückliche Ausnahme für klassische Snippets. Diese dienten auf der Ergebnisseite einer Suchmaschine dazu, Nutzern anzuzeigen, ob die verlinkte Webseite ihr Informationsbedürfnis befriedige. Sie beruhten im Gegensatz zu Überschriften auf der sogenannten Keyword-in-Context-Methode. "Dabei werden der oder die konkreten Suchbegriffe des Nutzers in den Kontext des Inhalts der verlinkten Webseiten gestellt", erläutern die Kalifornier. Der Umfang des für die Relevanzprüfung nötigen Kontextes hänge jeweils von der konkreten Suchanfrage und deren Mehrdeutigkeit wie etwa beim Begriff "Golf" ab.

Lizenzfrei nutzbare Snippets dienen laut der Stellungnahme dazu, die "verfassungsrechtlich geschützte Funktionsfähigkeit der Internetkommunikation zu gewährleisten". Dafür hätten Dienste der Informationsgesellschaft wie Suchmaschinen eine überragende Bedeutung. Verlegern wiederum sei aus wirtschaftlichen Gründen ebenfalls daran gelegen, "prominent und mit aussagekräftigen Textausschnitten angezeigt und damit aufgefunden zu werden".